Bundesgerichtshof (BGH) vom 25. Juli 2019 - I ZR 29/18
Schaltet ein Wiederverkäufer wie Amazon bei Google eine Anzeige mit einer Marke (hier: Ortlieb) und geht der Kunde aufgrund der Gestaltung der Anzeige davon aus, nur Produkte des Markeninhabers präsentiert zu bekommen, werden ihm jedoch verlinkt zu der Anzeige Alternativangebote von Drittanbietern präsentiert, so liegt eine Markenverletzung vor.
Die Klägerin Ortlieb vertreibt wasserdichte Fahrradtaschen unter der Marke "Ortlieb". Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns.
Ortlieb ging dagegen vor, dass bei Eingabe der Suchbegriffe "Ortlieb Fahrradtasche", "Ortlieb Gepäcktasche" und "Ortlieb Outlet" bei Google Anzeigen unter der Verwendung der Marken "Ortlieb" erschienen, die wiederum mit Angebotslisten auf www.amazon.de verlinkt waren. Dort erschienen neben Ortlieb-Produkten, die aber nicht von der Klägerin selbst angeboten wurden, auch Produkte anderer Hersteller. Die Klägerin sah die Marke "Ortlieb" durch die Nutzung in der Anzeige bei gleichzeitiger Verlinkung mit gemischten Angebotslisten verletzt.
Amazon vertrat die Auffassung, dass - ähnlich wie bei der gerade zu ihren Gunsten ergangenen Entscheidung "Ortlieb I" - keine Markenverletzung vorliegt, weil generell auf einer Amazon-Seite auch Konkurrenzprodukte angezeigt werden dürfen, wenn Internetnutzer nach dem Produkt eines bestimmten Herstellers suchen. Die Situation sei vergleichbar mit einem Kaufhaus, in dem verschiedene Produkte nebeneinander angeboten würden.
Der BGH gab jetzt Ortlieb - ebenso wie die Vorinstanz - recht: Das OLG München war davon ausgegangen, dass die herkunftshinweisende Funktion der Marke "Ortlieb" durch die Präsentation von Produkten anderer Hersteller beeinträchtigt werde; der Kunde erwarte nach Anklicken der Anzeige nur Ortlieb-Taschen. Würden auch Taschen von Mitbewerbern angeboten, würde die "Lotsenfunktion" der Marke ausgenutzt.
Diese Auffassung hat der BGH nun bestätigt: Die Gestaltung der Anzeigen gebe dem Verkehr keinerlei Veranlassung anzunehmen, ihm werde eine Angebotsübersicht präsentiert, in der ohne gesonderte Kenntlichmachung neben Ortlieb-Produkten gleichrangig Angebote anderer Hersteller enthalten sind. Die verkürzten Adressen der Internetseiten unter dem Text der Anzeigen - z.B. www.amazon.de/ortlieb+fahrradtasche - suggeriere vielmehr, dass dieser Link zu einer Zusammenstellung von Angeboten auf der Webseite www.amazon.de führt, die die genannten Kriterien erfüllen, mithin (allein) zu Produkten der Marke Ortlieb. Wenn die Kunden dann aber zu Angebotslisten geführt werden, die auch Fremdprodukte enthalten, läge eine Irreführung vor. Einer solchen irreführenden Verwendung der Marke kann sich die Klägerin widersetzen.
Wiederverkäufer im Internet dürfen künftig also zwar Konkurrenzprodukte anzeigen, wenn Kunden nach den Produkten eines bestimmten Herstellers suchen. Sie dürfen aber die Marke des Herstellers nicht in einer Anzeige nutzen, ohne den Kunden irrezuführen.
Es bleibt abzuwarten, ob der BGH in seiner Urteilsbegründung darlegt, welche Anforderungen an den Ausschluss der Irreführung zu stellen sind.
In der Praxis ist Wiederverkäufern nur zu raten, bei der Nutzung von Marken Dritter in Anzeigen Vorsicht walten zu lassen.
Fragen dazu beantwortet Ihnen Dr. Christina Hackbarth gerne.