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    19.04.2021

    Nichtigkeit des Berliner Mietendeckels


    Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag seine Entscheidung verkündet, wonach das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“, allgemein auch bekannt als „Berliner Mietendeckel“, verfassungswidrig und nichtig ist (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25. März 2021, 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20). Es hat entschieden, dass dem Land Berlin bereits die Gesetzgebungskompetenz für dieses Gesetz fehlte.

     

    Dies kommt nicht unerwartet, wir hatten dieses Ergebnis z. B. bereits in unserem Newsletter Immobilienrecht Oktober 2019 so vorhergesagt, wurde aber nun vom Bundesverfassungsgericht auch ausführlich begründet:

     

    Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass – wenig überraschend – Regelungen der Miethöhe für nicht preisgebundenen Wohnraum letztlich die mietvertraglichen Rechtsverhältnisse zwischen Vermietern und Mietern betreffen. Sie sind somit als „bürgerliches Recht“ im Sinne von Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz (GG) anzusehen. Für das bürgerliche Recht hat der Bund die „konkurrierende Gesetzgebung“, was bedeutet, dass die Länder nur dann Gesetze erlassen dürfen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht (abschließend) Gebrauch gemacht hat. Das Bundesverfassungsgericht begründet in seiner Entscheidung deshalb ausführlich, dass und warum die Bundesregelungen zur Miethöhe und auch zur „bundesrechtlichen Mietpreisbremse“ als abschließend anzusehen sind und ein Tätigwerden der Bundesländer insoweit ausgeschlossen ist.

     

    Die im Ergebnis einstimmige und auch hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung von sieben der acht Mitglieder des zuständigen zweiten Senats des Gerichts vollständig gebilligte Entscheidung stellt auch klar, dass alternative Gestaltungen eines Mietendeckels auf Landesebene wenig an diesem Ergebnis ändern würden. Solange und soweit sich auf Bundesebene daher nichts an den gesetzlichen Grundlagen ändert, dürften „Heilungsversuche“ bzw. anderweitige gleichgerichtete Bestrebungen auf Landesebene nur wenig Aussicht auf Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht haben.

     

    Die praktischen Folgen der Entscheidung dürften erheblich sein: Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz für nichtig, d. h. als von Anfang an unwirksam erklärt. Es sah insbesondere auch keinen Grund dafür, das Gesetz für eine begrenzte Übergangszeit für weiterhin anwendbar zu erklären, wie es in manchen Fällen geschieht, um einen „gesetzlosen“ Zustand zu verhindern. Das bedeutet insbesondere, dass Vermieter auch rückwirkend die mit ihren Mietern eigentlich vertraglich vereinbarten (wegen des Mietendeckels aber abgesenkten) Mieten verlangen können. Diese Konsequenz hatte das Bundesverfassungsgericht auch selbst bereits in einem Beschluss aus dem letzten Jahr erwähnt, in dem es allerdings eine vorläufige Außerkraftsetzung des Berliner Mietendeckels bis zur nun getroffenen endgültigen Entscheidung ablehnte.

     

    Der Kreis der betroffenen Mietverhältnisse ist riesig, es sind nach Schätzungen mehrere hunderttausend. Und bei mehreren zehntausend Mietern wird befürchtet, dass sie nun in finanzielle Schwierigkeiten geraten, falls Vermieter die entsprechenden Mietzahlungen nachfordern. Ob allerdings tatsächlich alle Vermieter entsprechende Forderungen geltend machen, bleibt abzuwarten. Nach Berichten der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wollen die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen keine Mieten rückwirkend nachfordern. Und öffentlich zugänglichen Äußerungen einiger privater Wohnungsbauunternehmen zufolge wollen eventuell auch einige private Vermieter von ihrem eigentlich bestehenden Recht auf Nachzahlung keinen Gebrauch machen. Dies wäre aber regelmäßig ein „freiwilliger“ und kein rechtlich veranlasster Forderungsverzicht. Die Senatsverwaltung rät jedenfalls den betroffene Mietern, „stets eine rechtliche Beratung durch qualifizierte Rechtsbeistände in Anspruch“ zu nehmen, um die Folgen der Entscheidung zu überblicken.

     

    Verstöße gegen die Regelungen des Mietendeckels waren zudem auch bußgeldbewehrt. Sollten auf der Grundlage dieser Regelungen bereits Bußgeldbescheide erlassen worden sein, könnten diese aufgrund einer Sonderregelung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG), die nach der herrschenden Auffassung auch für Ordnungswidrigkeiten gilt (§ 79 Abs. 1 BVerfGG), sogar bei bereits rechtskräftigem Abschluss des Bußgeldverfahrens nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens aufgehoben werden. (Dem Vernehmen nach sind bisher aber nicht viele Bußgeldbescheide auf der Grundlage der Regelungen des Berliner Mietendeckels ergangen.)

     

    Dr. Daniel Fischer

     

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