Ihre
Suche

    11.08.2022

    Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit


    Geschäftsführeranstellungsverträge beinhalten häufig vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich einer festen Mindestlaufzeit. Während dieser Mindestlaufzeit kann der Vertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. In derartigen Fällen stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages wirksam ausgesprochen werden kann: bereits während der Mindestlaufzeit oder erst nach Ablauf dieses Zeitraums? Mit dieser Frage hatte sich jüngst das OLG Nürnberg zu beschäftigen.

     

    Hintergrund

     

    In dem zugrunde liegenden Fall war der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag hatten die Parteien zunächst eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren sollte der Vertrag mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende des darauffolgenden Kalenderjahres kündbar sein. Der Kläger und die Beklagte schlossen vor Ablauf der 5 Jahre eine Änderungsvereinbarung. Sie vereinbarten eine unbefristete Fortsetzung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende. Die Änderungsvereinbarung sollte direkt im Anschluss an die Mindestlaufzeit wirksam werden. Schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren kam es zu einem Zerwürfnis der Parteien. Die Beklagte berief den Kläger als Geschäftsführer ab und erklärte noch während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit die ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages. Zentraler Streitpunkt war, zu welchem Zeitpunkt der Geschäftsführeranstellungsvertrag endete.

     

    Das OLG Nürnberg entschied, dass die ordentliche Kündigung auch schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit wirksam erklärt werden könne. Allerdings beende eine solche Kündigung den Geschäftsführeranstellungsvertrag frühestens mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Wann in diesem Fall die Kündigungsfrist zu laufen beginne – bereits mit Zugang der Kündigung oder erst mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist – sei entscheidend und hinge in erster Linie von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Sofern keine diesbezügliche Abrede vorliegt, beginne die Kündigungsfrist bereits mit Zugang der Kündigungserklärung. Dies folge aus dem Zweck der Kündigungsfrist, dem Vertragsteil, dem gekündigt wird, genügend Zeit zu lassen, sich einen anderen Vertragspartner zu suchen. Weder aus dem Geschäftsführeranstellungs-vertrag noch aus der Änderungsvereinbarung ergeben sich hinreichenden Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen bzgl. des Beginns der Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist begann vorliegend daher mit Zugang der Kündigungserklärung zu laufen. Darüber hinaus reduziere sich die Kündigungsfrist mit Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren in Verbindung mit der Änderungsvereinbarung auf 6 Monate zum Monatsende.

     

    Anmerkungen und Praxistipp

     

    GmbH-Geschäftsführer können - sofern nichts anderes vereinbart ist – jederzeit als Geschäftsführer abberufen werden. Damit endet allerdings nur die Organstellung; das Dienstverhältnis, das insbesondere die Tätigkeitsvergütung betrifft, ist davon grundsätzlich unabhängig. Auch nach dem Ende der Organstellung bleibt das Dienstverhältnis als solches – und der sich daraus ergebende Vergütungsanspruch des Geschäftsführers – bestehen, bis es wirksam gekündigt wird. Insbesondere für die Fortzahlung der Vergütung ist es daher außerordentlich bedeutsam, ab welchem Zeitpunkt bei vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeiten eine ordentliche Kündigung wirksam erklärt werden kann und welche Kündigungsfrist in diesen Fällen greift.

     

    Um Rechtsstreitigkeiten und Zweifel bei der Vertragsauslegung zu vermeiden, sind ausdifferenzierte vertragliche Regelungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag mit fachlicher Unterstützung zu empfehlen. Wird – wie im vorliegenden Fall – eine Mindestlaufzeit vereinbart, sollte geregelt werden, ob bereits während dieser Mindestlaufzeit oder erst danach die ordentliche Kündigung erklärt werden kann. Weiter zu bedenken sind Regelungen über die Kündigungsfolgen, beispielweise eine nachlaufende Haftung, Wettbewerbs- und Abwerbeverbote.

     

    Christian Burmeister

    Lisa Werle

     

    Dieser Blogbeitrag ist bereits im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter erschienen. Sie finden den Beitrag hier.

     

    Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

     

    ADVANT Beiten Mandantin erzielt Erfolg vor dem OLG Köln im Maskenlieferstreit
    München, 10. Januar 2025 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten h…
    Weiterlesen
    China: Ab 1. November 2024 gelten neue Meldepflichten für wirtschaftlich Berechtigte
    Am 1. November 2024 sind in China neue Regeln zur Meldung wirtschaftlich Berecht…
    Weiterlesen
    Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln in Form einer Vesting-Regelung bei Start-ups
    In der Start-up-Finanzierung können Hinauskündigungsklauseln wirksam sein, die v…
    Weiterlesen
    Warum man das LkSG weiterhin ernst nehmen muss (auch die Geschäftsleitung) und was das (auch) mit der ausstehenden Umsetzung der CSRD zu tun hat
    Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz: LkSG) war schon von Beg…
    Weiterlesen
    Zwischen Nutzen und Risiko: Was bei Online-Recherchen im Bewerbungsprozess erlaubt ist
    Online-Recherchen zu Bewerbern können eine heikle Angelegenheit sein. Wann Arbei…
    Weiterlesen
    BGH begrenzt Zulässigkeit von Skonti auf verschreibungspflichtige Arzneimittel
    Beim Vertrieb von verschreibungspflichtigen Medikamenten an Apotheken dürfen kei…
    Weiterlesen
    Europäische Aktiengesellschaft: Diese Vorzüge und Gestaltungsoptionen machen sie so interessant
    Zum 20-jährigen Jubiläum der Societas Europaea (SE) beleuchtet Dr. Barbara Mayer…
    Weiterlesen
    ADVANT Beiten berät die Gesellschafter der HECHT Contactlinsen GmbH beim Verkauf ihrer Anteile an Novum Capital
    Freiburg, 21. November 2024 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beite…
    Weiterlesen
    ADVANT Beiten berät Mainova bei Kapitalerhöhung über EUR 400 Mio.
    Frankfurt, 19. November 2024 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beit…
    Weiterlesen