Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke aus dem EU-Ausland ist in einer in allen EU-Mitgliedstaaten einheitlich geltenden EU-Zustellverordnung geregelt (Verordnung (EU) 2020/1784 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, kurz: EuZVO). Die EuZVO gibt zwingende Mindeststandards vor, die Gerichte und Behörden bei der Zustellung von Schriftstücken in andere EU-Mitgliedstaaten beachten müssen. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Zustellung wirksam ist und die Rechtsfolgen der Zustellung eintreten, wie z.B. der Beginn der Klageerwiderungsfrist.
Für die Zustellung von gerichtlichen Schriftstücken sieht die EuZVO verschiedene Möglichkeiten vor: Zum einen die Zustellung per Post gegen Zustellnachweis, meist durch Einschreiben international mit Rückschein, zum anderen die Zustellung über deutsche Gerichte, die dann als „Zustellbehörden“ für das ausländische Gericht tätig werden.
Ausländische Gerichte dürfen in Deutschland per Post zustellen und machen das in der Regel durch Einschreiben international mit Rückschein (vgl. Art. 14 EuZVO). Das ist die in der Praxis am häufigsten gewählte Art der Zustellung, da die Alternative der Zustellung über deutsche Gerichte, die dann als „Zustellbehörden“ für das ausländische Gericht tätig werden, meist länger dauert.
Außerdem kann die Zustellung durch die Übermittlung einer Übermittlungsstelle an eine deutsche Empfangsstelle erfolgen (vgl. Art. 4-11 EuZVO). In Deutschland ist die zuständige Empfangsstelle das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Zustellung erfolgen soll (vgl. § 1069 Abs. 2 ZPO). Das gerichtliche Schriftstück wird von der Übermittlungsstelle an die Empfangsstelle übermittelt (Art. 4 EuZVO), wobei jeder geeignete Übermittlungsweg zulässig ist, solange das empfangene Dokument inhaltlich genau mit dem versandten Dokument übereinstimmt und die Lesbarkeit aller darin enthaltener Angaben gewährleistet ist. Die Empfangsstelle veranlasst dann die Zustellung des (entgegengenommenen) Schriftstückes an den Empfänger (vgl. Art. 6, 7 EuZVO) und bescheinigt die erfolgreiche Zustimmung gegenüber der Übermittlungsstelle (vgl. Art. 10 EuZVO).
Alternativ kann ein Schriftstück auch auf konsularischem oder diplomatischem Weg an eine deutsche Empfangsstelle übermittelt werden, vgl. Art. 12 EuZVO. Eine Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter (Auslandsvertretungen) ist in Deutschland nach Art. 13 Abs. 2 EuZVO i.V.m. § 1067 Abs. 2 ZPO allerdings nur zulässig, wenn der Adressat des Schriftstückes Staatsangehöriger des Übermittlungsstaates ist.
Schließlich kann jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte nach Art. 15 EuZVO Schriftstücke auch unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedsstaates zustellen lassen. In Deutschland dürfen Parteizustellungen allerdings nur in den Fällen der §§ 191 ff. ZPO erfolgen, da sich deren Zulässigkeit nach dem Recht des Empfangsmitgliedsstaats richtet, vgl. Art. 15 EuZVO.
Das ausländische Schriftstück kann in jeder beliebigen Sprache übermittelt werden. Eine deutsche Übersetzung ist nicht zwingend vorgeschrieben. Allerdings darf der deutsche Unternehmer die Annahme des Schriftstücks verweigern, wenn er die Sprache des Schriftstücks nicht versteht bzw. es nicht auf Deutsch verfasst ist und dem Schriftstück keine Übersetzung beigefügt ist. Dann kann er die Zustellung zurückweisen. Das ist aber nur binnen einer Woche ab Zustelldatum durch Rücksendung und Zurückweisung der Zustellung möglich. Wenn diese Frist verstrichen ist, muss sich der Empfänger selbst um eine Übersetzung kümmern. Inzwischen laufen die gerichtlichen und gesetzlichen Fristen – mit dem Risiko, dass zeitnah ein Versäumnisurteil ergeht, wenn auf die Klage nicht rechtzeitig erwidert wird, und dass die Vollstreckung eingeleitet wird.
Im Ausland muss sich der deutsche Unternehmer in der Regel durch einen dort ansässigen Rechtsanwalt vertreten lassen. Bei einem Verfahren in Spanien z.B. muss ein(e) in Spanien zugelassene(r) Rechtsanwalt/Rechtsanwältin die Klageerwiderung bei Gericht einreichen, die zugleich von einem weiteren Prozessvertreter, dem sog. Procurador, unterzeichnet sein muss, wenn der Beklagte nicht in Spanien ansässig ist. Damit bei der Prozessführung im Ausland nichts schief geht, sollte der deutsche Unternehmer daher zeitnah anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.