Indien kristallisiert sich immer mehr als bedeutende Wirtschaftsnation heraus. Nicht nur die Investition in Indien nimmt an Bedeutung zu, auch das Interesse von indischen Investoren an Europa wächst. Gerade in der derzeitigen geopolitischen Lage wird die Bedeutung dieser Verflechtung zunehmen.
Während das deutsche Exportmodell mitunter unter Druck geraten ist, konnten die deutschen Ausfuhren nach Indien in den letzten fünf Jahren um 5 Milliarden Euro zulegen. Insgesamt exportierten deutsche Unternehmen 2024 Waren im Wert von 18,3 Milliarden USD nach Indien – 2,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor und ein neuer Rekord. Der Gesamtwert der deutschen Importe aus Indien lag 2024 bei 15,1 Milliarden USD. Auffällig ist Indiens wachsende Rolle als Beschaffungsmarkt für Elektronik. Die deutschen Importe beliefen sich auf etwa 1,1 Milliarden USD (Plus 62 Prozent). Insgesamt erreichte der bilaterale Warenhandel laut Statistischem Bundesamt zwischen der Bundesrepublik und Indien 2024 einen neuen Höchststand.
Indien verfolgt ehrgeizige wirtschaftliche Ziele. Die Vision, die eigene Wirtschaft auf ein Volumen von 30 Billionen US-Dollar auszubauen, ist ambitioniert, aber keineswegs utopisch. Ein wachsender Binnenmarkt, günstige demografische Entwicklungen und eine fortschreitende wirtschaftliche Liberalisierung machen das Land zu einem attraktiven Ziel für Investitionen. Bereits heute ist Indien die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und ein wichtiger Akteur im Welthandel und in globalen Lieferketten. Mit Ausnahme des Corona-Krisenjahres 2020 verzeichnet das Land seit vielen Jahren ein stabiles Wirtschaftswachstum.
Vom 3. Bis zum 4. April 2025 hatten Diljinder Singh Walia und Markus Linnartz die Gelegenheit, an der Konferenz der International Bar Association (IBA) in Mumbai teilzunehmen. Unter dem Titel „Mergers and Acquisitions in India: A Key Engine to the USD 30 Trillion Goal“ kamen über 230 Anwälte und Wirtschaftsvertreter aus mehr als 20 Staaten zusammen – ein beeindruckendes Zeichen für die wachsende internationale Bedeutung des indischen Marktes.
Da sich die M&A-Aktivitäten in Indien im Geschäftsjahr 2024-25 aufgrund von Private Equity und Strukturreformen auf nahezu 100 Mrd. USD belaufen, wurde auf der Konferenz die Rolle von M&A als Expansionsinstrument für Indiens Wachstumskurs hervorgehoben. Die IBA-Konferenz war ausgebucht und bot eine Vielzahl spannender Einblicke und Perspektiven. Diskutiert wurden die zunehmende Bedeutung von Finanzinvestoren, die sich in Indien als strategische Käufer positionieren. Auch die Auswirkungen geopolitischer Entwicklungen auf internationale Transaktionen wurden intensiv diskutiert. Gleichzeitig war zu spüren, wie sehr technologische Innovationen inzwischen M&A-Prozesse mitprägen und wie sich Corporate-Governance-Standards für börsennotierte Unternehmen im indischen Markt weiterentwickeln.
Besonders praxisrelevant war eine Paneldiskussion zu Private Equity und Finanzinvestoren. Erörtert wurden die Entwicklung von Transaktionsstrukturen und -strategien sowie aktuelle Trends. Hier zeigte sich, dass der indische Markt trotz fortschrittlicher rechtlicher Rahmenbedingungen wie dem Insolvency and Bankruptcy Code (IBC) weiterhin mit Unsicherheiten kämpft – unter anderem im Hinblick auf Fristen, Informationszugang und Bewertungskriterien. Umso wichtiger ist eine professionelle Begleitung der Aktivitäten durch Berater, die den Markt, das Geschäft und die richtigen Ansprechpartner kennen.
Ein besonders interessanter Aspekt für internationale Investoren war die Diskussion um das sogenannte „Clean-Slate“-Prinzip. Es soll ermöglichen, dass Käufer bei einer Übernahme nicht für Altlasten des insolventen Unternehmens haften. Doch gerade bei steuerlichen Verbindlichkeiten herrscht derzeit noch Unsicherheit: Ist tatsächlich gewährleistet, dass etwaige Steuerschulden vollständig erlassen werden? Für Investoren ist dies ein entscheidender Punkt – denn offene Fragen zur steuerlichen Behandlung können bei Übernahmen erheblichen Einfluss auf die Risikobewertung und die Transaktionsstruktur haben.
Fazit und Ausblick
Die Teilnahme an der Konferenz war überaus bereichernd, lehrreich und hat eindrucksvoll gezeigt: Indien ist nicht nur einer der spannendsten Wachstumsmärkte weltweit, sondern auch ein zunehmend geregeltes und professionelles Umfeld für internationale M&A-Transaktionen. Dabei ist es nach wie vor wichtig, wirtschaftliche Chancen stets im Zusammenspiel mit rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen zu betrachten.
Wir freuen uns, auch auf dem IHK-Außenwirtschaftstag NRW im Juni 2025 mit unserer Expertise das Indien-Panel zu gestalten und der Wirtschaft in NRW auf dem Weg nach Indien und der Gestaltung zur Seite zu stehen.
ADVANT Beiten steht dem Mittelstand rechtlich und steuerlich beratend zur Seite und begleitet bereits seit vielen Jahren grenzüberschreitende Investitionen und M&A Projekte. In den letzten Jahren nimmt Indien hierbei eine zunehmend wichtigere Rolle ein – für international aufgestellte Unternehmen oder solche, die es werden möchten.
Autor: Markus P. Linnartz
Beteiligter Experte: Diljinder Singh Walia