Rückwirkend zum 1. Februar 2021 hat der Gesetzgeber die zunächst bis zum 31. Januar 2021 geltende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht u. a. für GmbHs, die einen Anspruch auf Corona bedingte staatliche Hilfeleistungen haben, bis zum 30. April 2021 verlängert. Gleichwohl haben die Geschäftsführer aber auch weiterhin ihre gesellschaftsrechtliche Verlustanzeigepflicht zu beachten.
Denn im Gegensatz zur Insolvenzantragspflicht wurde die gesellschaftsrechtliche Verlustanzeigepflicht in Zeiten der Corona-Krise nicht ausgesetzt. Bei Nichtbeachtung dieser Pflicht haftet der Geschäftsführer nicht nur für den entstandenen Schaden, sondern er macht sich zudem auch strafbar.
Die gesellschaftsrechtliche Verlustanzeigepflicht ist für die GmbH in § 49 Abs. 3 GmbHG geregelt. Danach sind die Geschäftsführer bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals verpflichtet, die Gesellschafter unverzüglich auf den Verlust hinzuweisen und eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.
Mit „unverzüglich“ ist grundsätzlich nicht sofort gemeint. Denn dem Geschäftsführer soll Gelegenheit gegeben werden, die Verlustanzeige mit Vorschlägen zur Sanierung zu verbinden oder bereits erste Maßnahmen einzuleiten. Eine starre Fristenvorgabe gibt es nicht. Die h. M. geht unter Verweis auf § 121 Abs. 1 BGB davon aus, dass ein Abwarten von zwei Wochen bis zur Verlustanzeige und Einberufung der Gesellschafterversammlung generell als nicht mehr unverzüglich anzusehen ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen.
Zu beachten ist in der Praxis aber, dass diese Frist bereits dann beginnt, wenn ein solcher Verlust bei pflichtgemäßem Ermessen anzunehmen ist. Also bereits dann, wenn sich z. B. im Rahmen der Aufstellung des Jahres-, Monats- oder Quartalsabschlusses auf Grundlage erster Zahlen bereits Anhaltspunkte für das Vorliegen der Anzeigepflicht verdichten und nicht erst bei endgültiger Feststellung des Abschlusses und der betragsgenauen Feststellung des Verlustes. Bei Zweifeln, ob die anzeigepflichtige Verlustschwelle erreicht wurde, ist ein Zwischenabschluss auf den nächsten Monats- oder Quartalsabschluss aufzustellen.
Die „Unverzüglichkeit“ ist auch beim Termin der einzuberufenden Gesellschafterversammlung zu beachten. Denn das Gesetz bezweckt eine rasche Entscheidungsfindung durch die Gesellschafter, d. h. ein Geschäftsführer muss sicherstellen, dass die Gesellschafterversammlung unter Berücksichtigung von Einberufungsfristen möglichst zeitnah durchzuführen ist.
Ob im Hinblick auf die aktuellen Corona bedingten Kontaktbeschränkungen weiterhin die Pflicht zur Einberufung einer herkömmlichen Gesellschafterversammlung (Präsenzveranstaltung) oder aber ausnahmsweise auch eine Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren zugelassen ist, ist umstritten. Solange diesbezüglich keine Rechtssicherheit besteht, ist Geschäftsführern zwecks Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten nach § 49 Abs. 3 GmbHG zur Einladung zu einer Gesellschafterversammlung (Präsenzveranstaltung) zu raten und ggf. in der Einladung auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass durch Erklärung sämtlicher Gesellschafter auf die Abhaltung der Gesellschafterversammlung zugunsten einer schriftlichen Beschlussfassung verzichtet werden kann.
Verstößt ein Geschäftsführer gegen die Pflicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung, haftet er der Gesellschaft auf Ersatz solcher Schäden, die bei rechtzeitiger Einberufung zur Gesellschafterversammlung hätten vermieden werden können.
Zeigt der Geschäftsführer den Gesellschaftern den Verlust des hälftigen Stammkapitals nicht unverzüglich oder gar nicht an, macht er sich zudem strafbar. Dem Geschäftsführer drohen bei einer fahrlässigen Verletzung der Verlustanzeigepflicht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr; bei vorsätzlicher Pflichtverletzung sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.
In Anbetracht der drohenden erheblichen haftungs- und strafrechtlichen Folgen für den Geschäftsführer ist dieser insbesondere gehalten, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft laufend zu beobachten und sich bei Anzeichen einer kritischen Entwicklung einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen (z. B. durch die Einrichtung eines effizienten Krisenfrüherkennungs- und Krisenmanagementsystems). Nur dann ist gewährleistet, dass er seiner Verlustanzeigepflicht frühzeitig nachkommen kann.