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    21.09.2020

    Der grenzüberschreitende Herausformwechsel einer deutschen GmbH ins EU-Ausland


    Die Zulässigkeit der Verlegung des Sitzes einer deutschen GmbH in einen anderen EU-Mitgliedstaat unter gleichzeitigem Wechsel in eine Rechtsform des Rechts des Zuzugsstaates („Herausformwechsel“) ist mittlerweile unbestritten.

     

    Ausgangslage

     

    In der Praxis wird von der Möglichkeit des Herausformwechsels vermehrt Gebrauch gemacht. Denn im Gegensatz zu anderen Umwandlungsformen (z. B. grenzüberschreitende Verschmelzung) hat der Herausformwechsel den Vorteil, dass er identitätswahrend und ohne Vermögensübertragung erfolgt. Das bedeutet, dass in der Regel keine Grunderwerbsteuer ausgelöst wird, keine stillen Reserven aufgedeckt werden, kein Verstoß gegen Haltefristen vorliegt und öffentlich-rechtliche Genehmigungen für die Gesellschaft bestehen bleiben.

     

    Die Beweggründe für den Herausformwechsel sind meist ein besseres Marktumfeld und günstigere rechtliche Rahmenbedingungen im Zuzugsstaat, ggf. ein steuerlich attraktiveres Umfeld, günstigere Regelungen zur Arbeitnehmermitbestimmung und die ggf. vereinfachte Abwicklung von Insolvenzen und Liquidationen.

     

    Trotz der unstreitigen Zulässigkeit des Herausformwechsels ist dessen praktische Umsetzung derzeit mangels eines gesetzlich geregelten Verfahrens noch steinig.

     

    Mit dem am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Company Law Package (EU-Richtlinie) wurden erstmals einheitliche Unionsregelungen u. a. für das Verfahren des Herausformwechsels geschaffen. Da diese Vorgaben des Company Law Package vom deutschen Gesetzgeber jedoch erst bis zum 31. Januar 2023 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, stellt sich die Frage, ob diese EU-Vorgaben gleichwohl bereits jetzt aufgrund einer sogenannten „Vorwirkung“ bei der Beratung und Gestaltung von Herausformwechseln beachtet werden müssen.

     

    Mit dieser Frage hat sich (soweit ersichtlich) erstmals das OLG Saarbrücken in seinem Beschluss vom 7. Januar 2020 beschäftigt.

     

    Der Beschluss des OLG Saarbrücken vom 7. Januar 2020

     

    Das OLG Saarbrücken hatte über einen Herausformwechsel einer deutschen GmbH in die Rechtsform einer französischen Aktiengesellschaft zu entscheiden. Die Anmeldung dieses Herausformwechsels war vom Amtsgericht Saarbrücken mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass auf die Erstellung eines Umwandlungsberichts und die Bekanntmachung des Entwurfs des Umwandlungsbeschlusses mit Blick auf den Gläubiger- und Arbeitnehmerschutz nicht verzichtet werden könne.

     

    Das OLG Saarbrücken hat in seinem Beschluss die Ansicht des Amtsgerichts Saarbrücken bestätigt und entschieden, dass aufgrund bisher fehlender nationaler Vorschriften zum Herausformwechsel neben den Vorschriften des inländischen Formwechsels (§§ 190 ff. UmwG) die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (§§ 122 a ff. UmwG) und nicht, wie lange diskutiert, die Vorschriften zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung einer Europäischen Aktiengesellschaft (sog. SE-VO) anwendbar seien.

     

    Bei seiner Argumentation hält das OLG Saarbrücken dieses gefundene Ergebnis im Vorgriff auf die Neuregelungen zum Herausformwechsel nach dem Company Law Package für angezeigt und misst somit dem Company Law Package noch vor der Umsetzung in nationales Recht eine Vorwirkung zu.

     

    Bewertung

     

    In der Beratungspraxis und in der Literatur ist die Entscheidung des OLG Saarbrücken vielfach auf Kritik gestoßen. Diese wird darauf gestützt, dass es vor Ablauf der im Company Law Package festgelegten Frist zur Umsetzung in nationales Recht nach ganz herrschender Meinung keine Pflicht zur Berücksichtigung der EU-Richtlinie gebe.

     

    Statt zur Rechtssicherheit beizutragen, habe das OLG Saarbrücken durch seinen Beschluss die ohnehin schon bestehende Rechtsunsicherheit im Hinblick auf das beim Herausformwechsel einzuhaltende Verfahren noch verstärkt.

     

    Für die Beratungspraxis bedeutet dies, dass es nach wie vor unerlässlich ist, die für einen Herausformwechsel erforderlichen Verfahrensschritte rechtzeitig mit dem jeweils zuständigen Registergericht abzustimmen.

     

    Alternativ ist in Betracht zu ziehen, bis zu einer höchstrichterlichen Klärung oder der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht rein vorsorglich bereits die im Company Law Package enthaltenen zusätzlichen Verfahrensanforderungen zu erfüllen.

     

    Neben der rechtlichen Umsetzung des Herausformwechsels unterstützen wir Sie auch gerne bereits bei der Frage, ob ein Herausformwechsel für Ihr Unternehmen in Betracht kommt und welche steuerlichen Folgen damit verbunden sind.

     

    Rechtsstand: 21. September 2020

     

    Petra Bolle

     

    Volker Szpak

     

     

     

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