Das Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist abgeschlossen. Das „Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts“ (kurz: MoPeG) sieht eine Vielzahl von zentralen Änderungen für alle Formen der Personengesellschaften vor. Besonders hervorzuheben sind die Einführung eines Gesellschaftsregisters für Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Regelungen über die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen. Das Gesetz wird zum 01.01.2024 in Kraft treten.
Wir geben hier einen Überblick über die geplanten Neuerungen.
Grundlegend für das neue Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist die Unterscheidung gem. § 705 Abs. 2 BGB-MoPeG zwischen rechtsfähigen Außengesellschaften auf der einen Seite und nicht rechtsfähigen Innengesellschaften auf der anderen Seite. Diese Differenzierung schließt an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an und ist uneingeschränkt zu begrüßen.
Eine Außen-GbR liegt nach § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB-MoPeG vor, wenn die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Sie kann gem. § 705 Abs. 2 BGB-MoPeG Trägerin von Rechten und Pflichten sein und bildet gem. § 713 BGB-MoPeG ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Außen-GbR sind beispielsweise Berufsausübungsgesellschaften, Kleingewerbetreibende oder sonst unternehmerisch tätige Gesellschaften, wie bspw. Immobiliengesellschaften. Gem. § 719 Abs. 1 BGB-MoPeG entsteht eine solche Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten, sobald sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung in das neu geschaffene Gesellschaftsregister (dazu unten).
Eine Innen-GbR soll gem. § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB-MoPeG nur der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses ihrer Gesellschafter untereinander dienen. Für sie gelten die Vorschriften der §§ 740 – 740c BGB-MoPeG, die die Anwendung einiger Normen der Außen-GbR auch auf die Innen-GbR vorsehen. Die Innen-GbR besitzt jedoch keine Rechtsfähigkeit und gem. § 740 Abs. 1 BGB-MoPeG kein Gesellschaftsvermögen. Damit eignet sich die Innen-GbR weiterhin zur Regelung von Stimmbindungs- und Poolvereinbarungen, Unterbeteiligungen an Gesellschaftsanteilen und ähnlichen Verhältnissen, die nur die Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander regeln sollen. Im Rechtsverkehr mit Dritten, d.h. Nichtgesellschaftern sollte die Innen-GbR hingegen nicht in Erscheinung treten, da sie ansonsten als Außen-GbR oder wenigstens als Schein-Außen-GbR gelten dürfte, mit den entsprechenden Haftungsfolgen für die Gesellschafter.
Die Regelungen der §§ 705 ff. BGB-MoPeG gehen von einer rechtsfähigen Außengesellschaft als Grundtypus der GbR aus. Nach der gesetzlichen Vermutungsregelung gem. § 705 Abs. 3 BGB-MoPeG ist eine Teilnahme am Rechtsverkehr (und damit eine Außen-GbR) zu vermuten, wenn der Gegenstand der Gesellschaft auf den Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen gerichtet ist Ansonsten soll die Auslegung des gemeinsamen Willens der Gesellschafter im Einzelfall Aufgabe der Gerichte sein. In Zukunft dürften danach Abgrenzungsfragen zwischen Innen- und Außengesellschaft zunehmen. Ein klar formulierter Gesellschaftszweck kann hier Abhilfe schaffen.
Einführung des Gesellschaftsregisters
Für die Außen-GbR besteht nach § 707 Abs. 1 BGB-MoPeG die Möglichkeit, sich im neu geschaffenen Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Darin sind gem. § 707 Abs. 2 BGB-MoPeG unter anderem Name, Sitz und Anschrift der Gesellschaft, die Namen, der Wohnort oder Sitz jedes Gesellschafters sowie deren Vertretungsbefugnis eingetragen. Nach Eintragung ist die GbR gem. § 707a Abs. 2 BGB-MoPeG verpflichtet, den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, bzw. „eGbR“ zu führen. Auf die Eintragungen ist gem. § 707a Abs. 3 BGB-MoPeG der Gutglaubensschutz des § 15 HGB entsprechend anzuwenden. Jeder Außenstehende kann also auf die Richtigkeit der Eintragungen vertrauen. Diese Registerpublizität erlaubt dem Rechtsverkehr eine sicherere Beurteilung, wer den Gläubigern der Gesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter zur Verfügung steht.
§ 707c BGB-RegE sieht die Möglichkeit eines Statuswechsels vom Gesellschaftsregister ins Handelsregister vor, wenn eine GbR ihre Rechtsform in eine andere Personengesellschaft ändern möchte. Dies betrifft insbesondere eingetragene, kleingewerbliche GbR, die fakultativ zur Rechtsform der OHG wechseln möchten, sowie diejenigen, deren Tätigkeit die Schwelle zum kaufmännischen Geschäftsbetrieb nach § 1 Abs. 2 HGB überschreiten. Umgekehrt können kleingewerbliche OHG, die bisher im Handelsregister eingetragen sind, gem. §§ 106, 107 HGB-MoPeG einen Statuswechsel zur GbR vollziehen.
Die Eintragung der Außen-GbR in das Gesellschaftsregister ist grundsätzlich nicht zwingend und für ihre Rechtsfähigkeit nicht erforderlich. Allerdings sieht z.B. § 47 Abs. 2 GBO-MoPeG vor, dass die Eintragung einer GbR in das Grundbuch nur erfolgen darf, wenn diese auch im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Im Falle des Erwerbs oder der Änderung von Rechten an Grundstücken oder grundstücksgleich Rechten hat sich eine GbR daher stets im Gesellschaftsregister voreintragen zu lassen, bevor sie eine Eintragung des Erwerbs oder der Änderung im Grundbuch vornehmen kann. Unmittelbar mit Inkrafttreten des MoPeG werden auch alle weiteren Rechtsänderungen an in Registern eingetragenen Rechten die Voreintragung der betroffenen GbR im Gesellschaftsregister erfordern. Daher wird sich ein Großteil der vorhandenen Außen-GbR in Deutschland, unabhängig von der vorgesehenen Freiwilligkeit, eintragen lassen müssen, um bezüglich dieser Rechte handlungsfähig zu bleiben. Andernfalls riskieren sie erhebliche Verzögerungen bei der Vornahme von Rechtsgeschäften bzgl. der für sie eingetragenen Rechte. Das betrifft alle Rechtsgeschäfte über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (Eigentumsübertragung, Vormerkung, Hypotheken, Grundschulden), die Beteiligung der GbR an anderen eingetragenen Gesellschaften (GmbH, OHG, KG, und andere eGbR) und Immaterialgüterrechte (Marken, Patente).
Für die Praxis ist daher allen GbR, die in Registern eingetragen sind oder in Zukunft Rechte in einem Register eintragen oder ändern wollen, zu raten, zeitnah nach Inkrafttreten des Gesetzes eine solche vorherige Eintragung im Gesellschaftsregister vorzunehmen. Andernfalls drohen Verzögerungen aufgrund der Nachholung der notwendigen Voreintragung im Gesellschaftsregister zur Anmeldung im Grundbuch oder in anderen Registern.
Für das Verhältnis der Gesellschafter der GbR, OHG und KG untereinander trifft der Gesetzesentwurf eine Reihe von Neuerungen. Bisher galten für Stimmrechte und den Anteil an Gewinn und Verlust im Zweifel eine Verteilung nach Köpfen. Diese Regelungen wurden in der Praxis meist im Gesellschaftsvertrag abbedungen. Nunmehr gilt nach § 709 Abs. 3 BGB-MoPeG für die GbR, und durch die Verweisungen in §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB auch für OHG und KG, dass die Stimmkraft eines Gesellschafters und dessen Anteil an Gewinn und Verlust sich vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen richtet, hilfsweise nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge. Wurde für beides keine Bestimmung getroffen, so gelten gem. § 709 Abs. 3 S. 2 BGB-MoPeG gleiche Stimmkraft und gleiche Anteile. Das vereinbarte Beteiligungsverhältnis stellt eine Rechenziffer dar, die den Wert der wirtschaftlichen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen ausweist, und in der Praxis als Kapitalanteil bezeichnet wird. Damit normiert das Gesetz erstmals für alle Personengesellschaften im Zweifel feste Kapitalanteile, so wie es in der Praxis verbreitet ist.
Bestehende Gesellschaften sollten kritisch prüfen, ob ihr Gesellschaftsvertrag solche Beteiligungsverhältnisse oder einen vereinbarten Wert der Beiträge festlegt. Ansonsten drohen Rechtsunsicherheiten für die Berechnung der Stimmrechte und der Teilnahme an Gewinn und Verlust.
Der Gesetzesentwurf enthält erstmals auch spezielle Regelungen für die beliebte Einheits-GmbH & Co. KG, also eine KG, deren einzig persönlich haftender Gesellschafter eine GmbH ist, an der die KG sämtliche Anteile hält (Einheitsgesellschaft). Nach § 170 Abs. 2 HGB-MoPeG werden die Rechte in der Gesellschafterversammlung der GmbH von den Kommanditisten wahrgenommen, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung enthält. Bisher haben nach der Rechtsprechung des BGH die Geschäftsführer der GmbH diese Rechte wahrgenommen. Einheits-KG sollten daher prüfen, ob sie den Gesellschaftsvertrag anpassen wollen.
Bisher gilt für Beschlüsse bei Personengesellschaften, dass jede Fehlerhaftigkeit zur Nichtigkeit des Beschlusses führt. Will ein Gesellschafter diese Nichtigkeit verbindlich feststellen lassen, so muss er nach bisherigem Recht Feststellungsklage gegen seine Mitgesellschafter erheben. Dieses Thema wird grundlegend neu geregelt, allerdings – anders als ursprünglich geplant - nicht für alle Personengesellschaften, sondern nur für OHG und KG: Das MoPeG sieht in den §§ 110 – 115 HGB-MoPeG ein Be-schlussmängelrecht für OHG und KG vor, das sich am Recht der Kapitalgesellschaften GmbH und AG orientiert. Bei schwerwiegenden Fehlern ist ein Beschluss nach § 110 Abs. 2 HGB-MoPeG ausnahmsweise nichtig. Ansonsten sind fehlerhafte Beschlüsse wirksam, aber anfechtbar. Hierfür ist innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses gem. § 112 Abs. 1, Abs. 2 HGB-MoPeG die Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft gem. § 113 Abs. 1, Abs. 2 HGB-MoPeG zu erheben. Die Nichtigkeitserklärung des Beschlusses durch das Gericht gilt dann gem. § 113 Abs. 6 HGB-MoPeG automatisch für und gegen alle Gesellschafter. Die Regelungen sind gem. § 108 HGB-MoPeG dispositiv und können von den Gesellschaftern damit abweichend geregelt werden. Auch hier sollten bestehende Personenhandelsgesellschaften prüfen, ob ihre bisherigen Regelungen nach der neuen Gesetzeslage sinnvoll sind.