Zum 1. Januar 2020 ist das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft getreten, durch welches u.a. das Geldwäschegesetz (GwG) geändert wurde. Wir nehmen diese Änderung des Geldwäschegesetzes zum Anlass, auf das Thema "wirtschaftlich Berechtigter"" und dessen Identifizierung und Meldung einzugehen. Dabei zeigen wir auch auf, dass und wann das Thema für Start-ups eine Rolle spielen kann.
Unabhängig von den bestehenden Meldepflichten des/der wirtschaftlich Berechtigen zum Transparenzregister (siehe 1.) ist die Bestimmung und Meldung des wirtschaftlich Berechtigten für gesellschafts- und immobilienrechtliche Vorgänge und Transaktionen von hoher Relevanz, weil Notare umfassende Prüfungspflichten im Hinblick auf die Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten haben. Durch die Gesetzesänderung wurden für bestimmte Vorgänge sogar Beurkundungsverbote neu eingeführt, die in bestimmten Konstellationen bei Nicht-Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten bzw. bei Nicht-Vorlage der Registrierung im Transparenzregister bestehen. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Unternehmen verstärkt Auskunft über ihre wirtschaftlich Berechtigten werden geben müssen, wenn gesellschafts- und immobilienrechtliche Vorgänge beurkundet werden sollen (siehe 2.). Gerade im Vorfeld von Finanzierungsrunden müssen sich Gründer darauf einstellen, dass die wirtschaftlich Berechtigten aller involvierten Personen und Gesellschaften, also aller bestehenden und zukünftigen Gesellschafter, benannt bzw. ermittelt werden müssen.
1. MELDUNGEN ZUM TRANPARENZREGISTER
Juristische Personen des Privatrechts (also auch die klassischen Formen GmbH und Unternehmergesellschaft / UG (haftungsbeschränkt), siehe 1.2) und eingetragene Personengesellschaften sind seit Oktober 2017 verpflichtet, der Bundesanzeiger Verlags GmbH als registerführende Stelle ihre wirtschaftlich Berechtigten zur Eintragung in das Transparenzregister elektronisch über die Website www.transparenzregister.de mitzuteilen. Anzugeben sind zu dem/den wirtschaftlich Berechtigten Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sowie die Staatsangehörigkeit.
Bei Verstößen gegen diese und weitere Pflichten aus dem GWG drohen erhebliche Bußgelder. Das Bundesverwaltungsamt (BVA) ahndet verspätete Mitteilungen deutlich milder als nicht erfolgte Meldungen – nach dem Bußgeldkatalog des Bundesverwaltungsamt verfünffacht sich das Bußgeld bei Nicht-Meldern.
Unabhängig von den empfindlichen Bußgeldern sind ab Januar 2020 bestandskräftige Bußgeldentscheidungen, die wegen Verstößen gegen die Mitteilungspflicht ergangen sind, nach § 57 GwG-neu im Internet zu veröffentlichen.
Die Registrierungspflicht im Transparenzregister gilt zunächst nur für inländische Gesellschaften. Ausländische Gesellschaften müssen aber dann im deutschen Transparenzregister oder in dem Transparenzregister eines EU-Mitgliedstaates registriert sein, wenn sie eine Immobilie in Deutschland erwerben wollen (siehe 2.).
1.1 Wirtschaftlich Berechtigter
Wirtschaftlich Berechtigte sind stets natürliche Personen. Deren Ermittlung ist mehrstufig und erfolgt nach folgenden Grundsätzen:
Die vorstehenden Grundsätze machen deutlich, dass die Frage des wirtschaftlich Berechtigten komplex sein kann und insbesondere im Falle mehrstufiger Beteiligungsstrukturen sowie bei Abweichungen der Kontrollstruktur von den Beteiligungsverhältnissen (etwa aufgrund von Treuhand-, Stimmbindungs- oder Beherrschungsvereinbarungen) näherer Untersuchung bedarf.
1.2 Meldepflichten bei GmbHs und Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt)
Die gute Nachricht ist, dass für die im Start-up Bereich üblichen GmbHs und UGs (haftungsbeschränkt) nach § 20 Abs. 2 GwG grundsätzlich eine Fiktion der Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten gilt, wenn die Gesellschafterliste (oder das Musterprotokoll) beim Handelsregister elektronisch abrufbar ist. In diesen Fällen besteht (automatisch) eine Eintragung der Gesellschaft in Transparenzregister. Dem Transparenzregisterauszug lässt sich dann entnehmen, dass keine Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten mitgeteilt wurden (sog. Negativattest).
Die Pflicht zur Mitteilung trotz abrufbarer Gesellschafterliste besteht aber dann fort, wenn sich aus der Gesellschafterliste nicht unmittelbar der wirtschaftlich Berechtigte ergibt, etwa weil Geschäftsanteile treuhänderisch gehalten werden oder weil an der Gesellschaft juristische Personen oder Personengesellschaften beteiligt sind, deren wirtschaftlich Berechtigte nicht aus elektronisch abrufbaren Dokumenten oder Eintragungen ermittelt werden können (dies ist in der Regel bei Gesellschaftern mit Sitz im Ausland der Fall).
Es ist deshalb bei jeder Finanzierungsrunde, in der sich ein Investor mit mehr als 25 Prozent am Start-up beteiligt (oder durch eine Finanzierungsrunde eine solche Schwelle erreicht) vorsorglich zu prüfen, ob eine Meldepflicht besteht (siehe 1.4). Zu beachten ist auch, dass die Beteiligung von mehreren Investoren ggf. zusammenzurechnen ist (etwa aufgrund Stimmbindung oder der Tatsache, dass auf mehrere Investoren einheitliche Kontrolle ausgeübt wird).
1.3 Meldepflichten bei Kommanditgesellschaften (KGs)
Die Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG greift bei KGs nur in Ausnahmefällen. Begründet ist dies darin, dass im aktuellen Abdruck des Handelsregisters lediglich die Haftsumme der Kommanditisten i.S.v. § 171 HGB eingetragen ist, nicht aber deren Pflichteinlage (= Kapitalanteile). Haftsumme und Kapitalanteile können ganz erheblich voneinander abweichen. Zudem lässt sich ohne Kenntnis der Kapitalbeteiligung des Komplementärs, die ebenfalls nicht im Handelsregister eingetragen wird, die prozentuale Beteiligung der Kommanditisten nicht ermitteln.
Mangels Mitteilungsfiktion besteht daher bei KGs in aller Regel eine Pflicht zur Meldung des/der wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister.
1.4 Ermittlungs- und Dokumentationspflicht
Hat ein Unternehmen keine Angaben ihrer wirtschaftlich Berechtigten erhalten (§ 20 Abs. 3 GwG), muss sie von ihren Anteilseignern in angemessenen Umfang Auskunft zu den wirtschaftlich Berechtigten des Unternehmens verlangen. Nach § 20 Abs. 3a GwG-neu hat das Unternehmen Auskunftsersuchen sowie die eingeholten Informationen zu dokumentieren. Verstöße sind bußgeldbewährt.
2. GELDWÄSCHEPRÜFUNG DURCH NOTARE – INSBESONDERE AUSWIRKUNGEN AUF FINANZIERUNGSRUNDEN
Notare sind immer verpflichtet, die formell Beteiligten, also die Erschienenen, zu identifizieren (durch gültigen Personal- bzw. Reisepass).
Darüber hinaus müssen Notare aber bei allen Beurkundungen im gesellschaftsrechtlichen Bereich (bei GmbHs also insbesondere Gründungen, Änderungen von Gesellschaftsverträgen, Kapitalerhöhungen sowie Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsverträge; also auch bei jeder Finanzierungsrunde) zusätzlich die wirtschaftlich Berechtigten identifizieren.1 Soweit bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen die Fiktionswirkung reicht (siehe 1.2 und 1.3), genügt für die notarielle Prüfung zunächst die Vorlage eines Nachweises der Registrierung in einem Register bzw. die Einsichtnahme in dieses Register (insbesondere in die Gesellschafterliste bei einer GmbH). Ergänzend ist allerdings erforderlich, dass der betroffene Beteiligte mitteilt, dass die Angaben in diesem Register auch ein vollständiges Bild über die wirtschaftlich Berechtigten geben. Dies deshalb, weil es z.B. Stimmbindungs- oder Treuhandvereinbarungen geben könnte, die dazu führen, dass der wirtschaftlich Berechtigte nicht aus der Gesellschafterliste zu entnehmen ist.
Es ist zu erwarten, dass – gerade in Fällen, in denen eine Vielzahl von Gesellschaftern an einem Start-up beteiligt ist – die Ermittlung der jeweiligen wirtschaftlich Berechtigten aufwendig und insbesondere bei ausländischen Gesellschaftern auch kompliziert werden kann. Dies sollte bei der Vorbereitung von Finanzierungsrunden berücksichtigt werden, damit es durch die erforderlichen Prüfungen durch die Notare und deren zu erwartender Rückfragen an das Start-up nicht zu Verzögerungen kommt.
(Rechtsanwalt)
(Rechtsanwältin, Notarin - Amtssitz Berlin)