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    20.09.2023

    Referentenentwurf zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung: Die digitalen Mühlen der Justiz nehmen langsam Fahrt auf


    Schon seit dem 1. Januar 2022 sind Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts verpflichtet, Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher und Anträge an Vollstreckungsgerichte elektronisch zu übermitteln. Die vollstreckbare Ausfertigung, die die Grundlage für die Vollstreckung ist, wird jedoch weiterhin ausschließlich in Papierform erteilt und muss grundsätzlich in Papierform vorgelegt werden. Dies hat die Anzahl der hybriden Aufträge und Anträge bei den Vollstreckungsorganen stark erhöht. Diese Aufträge und Anträge richtig und vollständig zuzuordnen, kostet viel Zeit und schließt nicht aus, dass Unterlagen verloren gehen. Aus diesem Grund hat sich das Bundesministerium der Justiz (BMJ) dazu entschlossen, die Anzahl dieser hybriden Aufträge und Anträge zu verringern. Am 19. September 2023 hat es hierzu den Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung vorgestellt [BMJ - Aktuelle Gesetzgebungsverfahren - Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung]. Im Zeitalter der Digitalisierung und Nachhaltigkeit ist der Vorschlag uneingeschränkt zu begrüßen.

     

    Nach dem Referentenentwurf sollen u.a. folgende Vorschläge umgesetzt werden:

     

    • Der Anwendungsbereich von § 754a und § 829a ZPO wird erweitert: Anstelle der Übermittlung der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke in Papierform sollen elektronische Kopien an das Vollstreckungsorgan übermittelt werden.
    • Für die in den §§ 754, 755, 757 und 802a ZPO genannten Befugnisse und Pflichten des Gerichtsvollziehers soll ausreichen, dass eine elektronische Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung übermittelt wird oder der Gerichtsvollzieher auf eine solche Kopie Zugriff hat.
    • Die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr mit dem Gerichtsvollzieher in § 753 Abs. 4 und 5 ZPO werden um Regelungen für sichere Übermittlungswege ergänzt und erweitert. 
    • Der geänderte § 753a ZPO regelt, unter welchen Voraussetzungen dem Gerichtsvollzieher die Geldempfangsvollmacht zu versichern ist und Vollmachten gegenüber dem Gerichtsvollzieher erteilt und digital nachgewiesen werden können. 
    • Der neue § 764a ZPO regelt, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Weise Prozessvollmachten gegenüber dem Gericht im Zwangsvollstreckungsverfahren nachgewiesen werden.
    • § 12 Abs. 6 Satz 2 GKG stellt klar, dass darauf verzichtet wird, dass die Gerichtsgebühr im Voraus einzuzahlen ist, wenn der Antrag elektronisch gestellt und die Dokumente elektronisch übermittelt werden.

     

    Zudem kündigt das Bundesministerium der Justiz an, dass bestimmte professionelle Antragssteller verpflichtet werden sollen, Zwangsvollstreckungsformulare als XJustiz-Datensatz (statt wie bisher im PDF-Format) einzusenden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gerichte diese Formulare möglichst effektiv elektronisch weiterverarbeiten können, um Durchsuchungsanordnungen und Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu erlassen. Die Praxis hat nämlich gezeigt, dass Gerichte, die bereits elektronische Akten führen, häufig PDF-Beschlussentwürfe nicht weiter elektronisch bearbeiten können. Da ab dem 1. Januar 2026 alle Akten der Justiz elektronisch geführt werden sollen, soll mit XJustiz-Datensätze die Justiz effizienter werden.

     

    Der Referentenentwurf ist zu befürworten. Die ausgerufenen Ziele, Nachhaltigkeit zu steigern, Zeit und Aufwand zu sparen sowie eine effektive Digitalisierung voranzutreiben, werden erreicht werden. Wann und wie die Regelungen tatsächlich umgesetzt werden, wird jedoch noch zu sehen sein.

     

    Dr. Ralf Hafner

    Tobias Pörnbacher

     

    Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

     

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