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    06.06.2025

    Keine actio pro socio des Gesellschafters gegen den Fremdgeschäftsführer einer GmbH


    §§ 43 Abs. 2, 46 Nr. 8, 47 Abs. 4 GmbHG

    1. In der zweigliedrigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung erübrigt sich eine Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 Fall 1 und 2 GmbHG, wenn nur die Stimmen des den Ersatzanspruch verfolgenden Gesellschafters wegen eines Stimmverbots des anderen Gesellschafters zählen. In diesem Fall ist die Klage des Gesellschafters grundsätzlich unzulässig, weil die Gesellschaft den Ersatzanspruch ohne Weiteres selbst im Klagewege verfolgen kann. 

    2. Ist Gegenstand der Beschlussfassung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem ihrer Geschäftsführer und die Bestellung eines Prozessvertreters zur Verfolgung dieser Ansprüche, kann der betroffene Geschäftsführer das Stimmrecht nicht für einen Gesellschafter ausüben. 

    BGH, Urteil vom 5. November 2024 – II ZR 85/23, BeckRS 2024, 38297

    Sachverhalt

    Die Klägerin hält 49 % der Geschäftsanteile der U.A. GmbH („Gesellschaft“). Die F.H. GmbH hält als Mehrheitsgesellschafterin 51 % der Geschäftsanteile. Die Beklagten sind Fremdgeschäftsführer der Gesellschaft und der F.H. GmbH. Die F.H. GmbH selbst wird "überwiegend" von einer österreichischen GmbH mit Sitz in Österreich gehalten. Die Beklagten sind zudem auch Geschäftsführer und Mitgesellschafter dieser österreichischen GmbH. Die Beklagten haben mit notariellem Vertrag vom 30. September 2019 für die Gesellschaft Geschäftsanteile einer weiteren österreichischen GmbH von der F.H. GmbH sowie dazugehörige Vertriebes- und Vermarktungsrechte erworben. Die Klägerin wirft den Beklagten vor, dass der Kaufpreis überhöht war. 

    Bereits im November 2018 hat die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft mit den Stimmen der Klägerin den Erwerb der weiteren österreichischen GmbH beschlossen. Die Gesellschafterversammlung hat keinen Beschluss über die Höhe des Kaufpreises gefasst. Die Gesellschafterversammlung sollte am 10. September 2019 einen entsprechenden Beschluss fassen. Dieser kam jedoch nicht zustande. Die Klägerin beantragte ab 23. September 2019 mehrfach folgenden Beschluss der Gesellschafterversammlung der Gesellschaft:

    Die Ansprüche der U. A. GmbH („Gesellschaft“) gegen die Geschäftsführer der Gesellschaft und/oder die F. H. GmbH im Zusammenhang mit den in der Anlage 1 ausführlich dargestellten Sachverhalten sollen geprüft und ggf. (gerichtlich) geltend gemacht werden, insbesondere gegen die F. H. GmbH und die Geschäftsführer der Gesellschaft F. und D. H. Herr M. L. wird zum besonderen Vertreter der Gesellschaft bestellt und beauftragt, diese Ansprüche zu prüfen und ggf. (gerichtlich) geltend zu machen.“

    Im November 2020 leitetet die Gesellschaft nach Aufforderung durch die Klägerin ein Umlaufverfahren im Hinblick auf die Geltendmachung möglicher Haftungsansprüche gegen die Beklagten ein. Gegen dieses Umlaufverfahren protestierte die Mehrheitsgesellschafterin. Die Klägerin stimmte für und die Mehrheitsgesellschafterin gegen den Beschluss aus dem Umlaufverfahren. Die Gesellschaft teilte der Klägerin das Ergebnis der Beschlussfassung sowie mit, dass eine „Beschlussfeststellung … angesichts der unklaren Rechtslage“ nicht erfolge.

    Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung an die Gesellschaft zu verurteilen und festzustellen, dass sie verpflichtet sind, weitere Schäden aus dem Erwerb zu ersetzen. Das LG Saarbrücken hat in einem Zwischenurteil entschieden, dass die Klage zulässig sei (Zwischenurteil vom 31. Januar 2022 – 8HK O 32/21, BeckRS 2022, 59553). Das OLG Saarbrücken hat die Klage als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 19. April 2023 – 1 U 24/22, BeckRS 2023, 53306).

    Aus den Gründen

    11 1. Die Beklagten sind keine Gesellschafter der U. A. GmbH. Nach der Rechtsprechung des Senats kann ein Gesellschafter einer GmbH Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2022 – II ZR 50/20, BGHZ 232, 275 Rn. 9 ff.). […]

    12 […] aus der Entscheidung des Senats vom 2. Juli 1973 (II ZR 94/71, WM 1973, 1291) [lässt sich] nicht ableiten, dass die Beklagten als mittelbare Mitgesellschafter der Mehrheitsgesellschafterin dieser gleichzustellen sind. Dort beruhte die Zulässigkeit der Gesellschafterklage darauf, dass der gesellschaftsvertragliche Anspruch gegen den nach § 128 HGB a. F. unmittelbar und unbeschränkt haftenden Gesellschafter der Mitgesellschafterin geltend gemacht wurde. Soweit sich das Schrifttum in allgemeiner Form für die Einbeziehung mittelbarer Gesellschafter in die Gesellschafterklage ausspricht […], ändert dies nichts an ihrer Subsidiarität (unten 2.).

    13 2. Der Prozessführungsbefugnis der Klägerin steht der Vorrang der inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft entgegen.

    14 a) Die Gesellschafterklage ist gegenüber einem Tätigwerden der zuständigen Gesellschaftsorgane, der Geschäftsführung oder der Gesellschafterversammlung, grundsätzlich subsidiär. Dieser Vorrang entfällt dann, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse in der Gesellschaft so erschwert ist, dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg wäre, müsste er die Gesellschaft erst zu einer Haftungsklage zwingen […].

    15 An der Nachrangigkeit der Gesellschafterklage hat sich mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts […] nichts geändert. Nach § 715b Abs. 1 Satz 2 BGB kann jeder Gesellschafter einen Anspruch der Gesellschaft gegen einen Dritten geltend machen, wenn es der dazu berufene geschäftsführungsbefugte Gesellschafter pflichtwidrig unterlässt und der Dritte an dem pflichtwidrigen Unterlassen mitwirkte oder es kannte. Die Vorschrift, aber auch schon ihr Abs. 1 Satz 1 BGB bringt die Subsidiarität der Gesellschafterklage dadurch zum Ausdruck, dass sie die Prozessführungsbefugnis an ein pflichtwidriges Unterlassen des für die gerichtliche Geltendmachung zuständigen Gesellschaftsorgans knüpft […].

    16 b) An einem die Nachrangigkeit der Gesellschafterklage überwindenden Umstand fehlt es hier. Die Gesellschaft ist unter den gegebenen Umständen selbst ohne Weiteres in der Lage, die Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftbar zu machen.

    17 aa) Nach der Rechtsprechung des Senats erübrigt sich ein Geltendmachungsbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG in der zweigliedrigen GmbH, wenn der andere Gesellschafter einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegt, weil die Beschlussfassung in diesem Fall eine überflüssige Formalität bedeuten würde […]. Unter diesen Umständen bedarf es deshalb auch keiner Beschlussfassung über die Bestellung eines Prozessvertreters.

    18 (1) Ein solches Stimmverbot hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht. Die Mehrheitsgesellschafterin konnte hier jedenfalls nicht durch ihre organschaftlichen Vertreter abstimmen. Ist Gegenstand der Beschlussfassung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem ihrer Geschäftsführer und die Bestellung eines Prozessvertreters zur Verfolgung dieser Ansprüche, kann der betroffene Geschäftsführer das Stimmrecht nicht für einen Gesellschafter ausüben.

    19 Bei der Beschlussfassung über die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter-Geschäftsführer hat dieser nach § 47 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 GmbHG kein Stimmrecht. Aus dem in § 47 Abs. 4 GmbHG zum Ausdruck kommenden Grundgedanken, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf, folgt zudem ein Stimmverbot bei der Beschlussfassung über die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen […].

    20 Auch wenn die Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin nicht selbst Gesellschafter sind, konnten sie aufgrund des Schutzzwecks des Stimmverbots, die Abstimmung von der Verfolgung eigener Interessen des Abstimmenden freizuhalten, das Stimmrecht bei der Beschlussfassung über die Geltendmachung von gegen sie selbst gerichteten Ansprüchen nicht für die Mehrheitsgesellschafterin ausüben […].Von der Möglichkeit, zur Wahrung ihres Stimmrechts einen „unbefangenen“ besonderen Vertreter zu bestellen […] oder entsprechend § 29 BGB gerichtlich bestellen zu lassen, hat die Mehrheitsgesellschafterin keinen Gebrauch gemacht. Hiernach kann auf sich beruhen, ob die Beklagten zudem wegen ihrer mittelbaren Beteiligung an der Mehrheitsgesellschafterin und ihres damit verbundenen Einflusses auf diese einem Stimmverbot unterlagen […].

    21 (2) Der verbliebene stimmberechtigte Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist zudem zur Vertretung der Gesellschaft im Prozess oder Bestellung eines Prozessvertreters berechtigt, ohne dass es dazu noch der Fassung eines dahingehenden förmlichen Beschlusses durch ihn bedarf […]. Auch eine solche Beschlussfassung wäre eine überflüssige Formalität, da der Wille des Gesellschafters zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft durch sein Auftreten als Prozessvertreter oder durch Bestellung eines Prozessvertreters zweifelsfrei dokumentiert wird.

    22 bb) Davon abgesehen haben die Klägerin und die Mehrheitsgesellschafterin über die Inanspruchnahme der Beklagten abgestimmt. Damit haben sie einen Geltungsmachungsbeschluss gemäß § 46 Nr. 8 Fall 1 GmbHG gefasst, da die Stimmabgabe der durch die Beklagten vertretenen Mehrheitsgesellschafterin wegen des Stimmrechtsausschlusses nichtig und nicht mitzuzählen ist […]. Insoweit kann zum einen auf sich beruhen, ob es bei Zweifeln über die schriftliche Abgabe der Stimmen grundsätzlich der Feststellung des Abstimmungsergebnisses und dessen Mitteilung an die Gesellschafter bedurft hätte […]; zum anderen kommt es nicht darauf an, ob hier derartige Zweifel über das Abstimmungsergebnis etwa im Hinblick auf das Stimmverbot der durch die Beklagten organschaftlich vertretenen Mehrheitsgesellschafterin vorlagen. Denn auf eine fehlende Feststellung könnten sich die Beklagten nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) berufen, sofern ihnen als Geschäftsführern der U. A. GmbH die Feststellung des Abstimmungsergebnisses oblag […]. An der Treuwidrigkeit änderte sich nichts, falls nicht die Beklagten als Geschäftsführer jener Gesellschaft, sondern, wie die Revision unter Hinweis auf die nicht festgestellte Satzung der Gesellschaft einwendet, als Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin zur Beschlussfeststellung verpflichtet gewesen wären.

    23 cc) Anerkannt ist weiter, dass sich das Stimmverbot auch auf die Bestellung eines Prozessvertreters nach § 46 Nr. 8 Fall 2 GmbHG erstreckt, während der Gesellschafter, der die Ersatzansprüche durchgesetzt wissen will, keinem solchen Verbot unterliegt […]. Infolgedessen konnte sich die Klägerin selbst oder einen Dritten zur Vertretung der Gesellschaft im Prozess gegen die Beklagten bestellen, wie es hier im Wege schriftlicher Stimmabgabe auch geschehen ist.

    24 dd) Ob die Klägerin ungeachtet der Entbehrlichkeit einer Beschlussfassung nach § 46 Nr. 8 GmbHG (oben aa)) gehalten gewesen wäre, sich gegen einen mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin gefassten Ablehnungsbeschluss zuvor mit einer Anfechtungsklage zu wenden, bedarf hier keiner Entscheidung. Einer vorherigen Beschlussanfechtung bedurfte es im Streitfall schon mangels verbindlicher Feststellung des Beschlussergebnisses durch die Beklagten (als Geschäftsführer der U. A. GmbH oder der Mehrheitsgesellschafterin, oben bb)) nicht […].

    25 ee) Soweit der Senat in der Zwei-Personen-Gesellschaft bei Stimmverbot eines Gesellschafters die Zulässigkeit einer von dem anderen Gesellschafter im Wege der actio pro socio erhobenen Klage bejaht hat, war dies durch besondere Umstände gerechtfertigt, die eine Klage der Gesellschaft zumeist erheblich erschwerten: sei es, weil die Gesellschaft nicht über die zur Prozessführung erforderlichen Mittel verfügte […], sei es, weil die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht war und nicht mehr über ein Vertretungsorgan verfügte […], sei es, weil die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren war […], sei es, weil der zur Rechtsverfolgung berufene Geschäftsführer sich ihr verweigerte […], oder sei es, weil der klagende Gesellschafter einen über die Wertminderung seines GmbH-Geschäftsanteils hinausgehenden und von ihr verschiedenen Schaden erlitten hatte […].

    Anmerkung

    1. Der zweite Zivilsenat des BGH setzt sich in der vorliegenden Entscheidung erneut mit der im Gesellschaftsrecht bedeutsamen Rechtsfigur der "actio pro socio" auseinander. Eine solche liegt vor, wenn ein Gesellschafter Ansprüche einer Gesellschaft im eigenen Namen durchsetzt. Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft stellt sich die Frage, ob aufgrund eines Stimmverbots eines Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung der andere Gesellschafter im Wege einer actio pro socio Ansprüche direkt, also ohne eine vorherige Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung durchsetzen kann. Der Prozessführungsbefugnis eines Gesellschafters, um Ansprüche gegen einen Geschäftsführer im Rahmen einer actio pro socio direkt geltend zu machen, stand vorliegend die innere Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft entgegen. Das LG Saarbrücken hatte vorinstanzlich die Prozessführungsbefugnis der Klägerin noch bejaht. Es leitete die Prozessführungsbefugnis unter anderem aus den mitgliedschaftlichen Rechten eines Gesellschafters her (siehe BeckRS 2022, 59553, Rz. 21 ff.). Das OLG Saarbrücken hat in der Berufung die Prozessführungsbefugnis der Klägerin abgelehnt. Ein Gesellschafter könne regelmäßig nicht im Rahmen einer actio pro socio Ansprüche gegen einen Geschäftsführer direkt geltend machen (BeckRS 2023, 53306, Rz. 24 ff.). Der zweite Zivilsenat des BGH bestätigt diese Entscheidung.
    2. Er bestätigt insoweit auch seine eigene Entscheidung aus dem Jahr 2022 (siehe NZG 2022, 516) wonach ein Gesellschafter Ansprüche gegen einen Fremdgeschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG nicht direkt geltend machen kann.
    3. Im vorliegenden Falle einer actio pro socio gegen einen Fremdgeschäftsführerfehlt dem Gesellschafter die Prozessführungsbefugnis. Eine Gesellschafterklage bleibt weiterhin nur dann möglich, wenn eine Klage der Gesellschaft als undurchführbar, durch den Schädiger vereitelt oder aufgrund der gesellschaftsinternen Machtverhältnisse erschwert ist. Dies spiegelt konsequent die tatsächlichen Umstände bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 43 Abs. 2 GmbHG und damit möglicherweise verbundenen Gesellschafterstreitigkeiten wider.
    4. Der BGH bekräftigt, dass auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – MoPeG diese Grundsätze unberührt bleiben. Gerade der in § 715b Abs. 1 Satz 2 BGB innewohnende Grundsatz der Subsidiarität entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung.
    5. Im vorliegenden Fall hat der zweite Senat keine der genannten Umstände erkannt, bei denen eine direkte Gesellschafterklage zulässig wäre. Aufgrund der Möglichkeit der Gesellschaft, Ansprüche direkt gegen den Geschäftsführer durchzusetzen, war die Gesellschafterklage unzulässig.
    6. Die Gesellschaft könne vorliegend aufgrund des Stimmverbots des weiteren Gesellschafters direkt ohne einen Beschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend machen. Das Stimmverbot aus § 47 Abs. 4 Satz 2 Alternative 2 GmbHG erstrecke sich im vorliegenden Fall faktisch auch auf die weitere Gesellschafterin, deren Vertreter ebenfalls die Beklagten waren. Die Beklagten durften hier nicht als "Richter in eigener Sache" handeln. Dies gelte auch für die Bestellung eines Prozessvertreters. Ein solcher Beschluss wäre eine bloße Formalität und ist daher nicht notwendig.
    7. Trotz der vom zweiten Senat des BGH zutreffend aufgestellten und auch in der Praxis durchaus umsetzbaren Grundsätze ist die actio pro socio (insbesondere in komplexen Gesellschaftersituationen) weiterhin zulässig, denkbar und dringend geboten. Der zweite Senat verweist insoweit auf eine Reihe von Entscheidungen, die seit dem Jahr 1976 (siehe NJW 1976, 191) eine actio pro socio zugelassen haben.
    8. In finanziell oder personell besonders herausfordernden Situationen muss es einem Gesellschafter weiterhin möglich sein, selbst Ansprüche der Gesellschaft durchzusetzen. Anderenfalls wäre die Durchsetzung dieser Ansprüche und auch das hinter einer Durchsetzung stehende Interesse an der gesellschaftsinternen Gerechtigkeit unmöglich.
    9. Aus Sicht der Praxis bringt dieses Urteil zunächst weitere Klarheit für die richtigen Klagestrategie, ohne dabei die Rechtsfigur der actio pro socio in ihrem Anwendungsbereich zu sehr einzuschränken. Die Entscheidung des BGH ist daher prinzipiell zu begrüßen. Aus anwaltlicher Sicht ist es weiterhin zwingend, zunächst die Klagemöglichkeiten über die Gesellschaft selbst umfänglich zu prüfen und zu nutzen. Das Urteil führt allerdings zu Folgefragen zur Beauftragung und Mandatierung des Prozessvertreters. In Abhängigkeit des jeweiligen Gesellschaftsvertrags könnte prozesstaktisch der Weg über eine Beschlussfeststellungsklage bzw. -Anfechtungsklage oder eine anderweitige Einbeziehung des Gesellschafters zur Unterstützung der Gesellschaft bei der Durchsetzung von Ansprüchen sinnvoll sein. Dies ist von Fall zu Fall zu prüfen.

    Benjamin Knorr
    Dr. Tobias Pörnbacher

    Dieser Beitrag ist bereits in der IWRZ 2025, S. 135 erschienen. Hier gelangen Sie zum Originalbeitrag.

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