Durch die Zustimmung des Bundesrats zum Jahressteuergesetz 2020 am 18. Dezember 2020 steht dem Inkrafttreten der geplanten Änderungen im Steuerrecht nach Verkündung im Bundesgesetzblatt nun nichts mehr im Wege. Durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 10. Dezember 2020 wurden die im Vorfeld – teils bereits im letzten Jahr – diskutierten, aber in Referenten- und Regierungsentwurf nicht berücksichtigten Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts (§§ 51 bis 68 AO) in die Gesetzesvorlage aufgenommen. Die wesentlichen Änderungen stellen sich wie folgt dar:
Grundsätzlich besteht eine Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Dies bedeutet, dass liquide Mittel (z.B. Spenden, Beiträge, Erträge aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder der Vermögensverwaltung) nicht dauerhaft im Vermögen der Körperschaft belassen werden dürfen, sondern zügig für steuerbegünstigte Satzungszwecke auszugeben sind.
Dem § 55 Abs. 1 Nr. 5 wird ein neuer Satz 4 angefügt. Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung wird danach für kleine Körperschaften, deren Einnahmen sich auf nicht mehr als EUR 45.000 belaufen, abgeschafft.
Die Gesetzesänderung für kleine Körperschaften soll zu einem Bürokratieabbau führen und ermöglicht den Aufbau von Liquidität. In der Praxis dürfte jedoch Verwaltungsaufwand dort anfallen, wo eine Körperschaft auf der Einnahmenseite gerade an der gesetzlich definierten Schwelle agiert. Zu beobachten wird auch sein, ob die Finanzverwaltung gleichwohl an der grundsätzlichen Mittelverwendungspflicht in anderem Maße festhält.
Eine steuerbegünstigte Körperschaft muss bislang die gemeinnützigen Zwecke selbst verwirklichen oder ein Spitzenverband sein. Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke nunmehr aber auch dann unmittelbar in diesem Sinne, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Für die Beurteilung von Zweckbetrieben sind die Tätigkeiten der zusammenwirkenden Körperschaften zusammenzufassen.
Nach dem Jahressteuergesetz 2020 kann ferner ein gemeinnütziger Konzern mit einer an sich lediglich vermögensverwaltend tätigen Holding gebildet werden, die ausschließlich Anteile an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften hält und verwaltet. Auch diese Holding verwirklicht unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke. Daher dürften zukünftig z.B. Ausgliederungen von Betrieben aus gemeinnützigen Muttergesellschaften auf neue gemeinnützige Tochtergesellschaften rechtssicher möglich sein, auch wenn die Muttergesellschaft dadurch anschließend als bloße Holdinggesellschaft fungiert.
Die Holding darf nach der Gesetzesbegründung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb haben; ob auch Beteiligungen an nicht gemeinnützigen Körperschaften möglich sind, darf nach dem Gesetzeswortlaut jedoch bezweifelt werden.
Die beschlossenen Änderungen sind sehr zu begrüßen und schaffen Vereinfachungen, wenngleich auch neue Unschärfen und Streitpunkte entstehen. Die neuen Regelungen sind daher zunächst in der Praxis zu konturieren.