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    29.10.2020

    Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien (GwGMeldV-Immobilien)


    Überblick

     

    Am 1. Oktober 2020 ist die neue Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien (nachfolgend „Verordnung“) in Kraft getreten.

     

    Mit der Verordnung bezweckt der Gesetzgeber eine Erweiterung der schon bestehenden Meldepflichten bei dem Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung im Bereich der Immobilientransaktionen an die Financial Intelligence Unit (FIU). Anwendungsbereich der Verordnung ist der bewirkte oder bezweckte Erwerb von inländischen Immobilien mittels eines Asset oder Share Deals oder eines sonstigen gesellschaftsrechtlichen Vorgangs, bei dem die inländische Immobilie auf einen anderen Rechtsträger übergeht, z. B. bei einer Verschmelzung (nachfolgend „Erwerbsvorgang“).

     

    Aus Sicht des Gesetzgebers war die Verordnung notwendig, da bei einer im Jahr 2019 durchgeführten nationalen Risikoanalyse der Immobiliensektor als ein Bereich mit erhöhten Geldwäscherisiken identifiziert wurde.

     

    Die Verordnung richtet sich u. a. an Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater (nachfolgend „Verpflichtete“), die nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 oder 12 Geldwäschegesetz (GwG) geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen und bei Erwerbsvorgängen mitwirken.

     

    Meldepflichtige Sachverhalte

     

    In der Verordnung sind bestimmte Sachverhalte geregelt, die nach der Risikoanalyse aus Sicht des Bundesfinanzministeriums typischerweise bei der Begehung von Geldwäsche auftreten oder einen solchen Verdacht nahelegen.

     

    Die Meldepflicht auslösende Sachverhalte lassen sich grob wie folgt einteilen:

     

    • Bezug zu Risikostaaten oder Sanktionslisten,
    • Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den am Erwerbsvorgang Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten,
    • Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Stellvertretung,
    • Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Preis, Kauf- oder Zahlungsmodalitäten.

     

    Meldepflicht bei Bezug zu Risikostaaten oder Sanktionslisten

     

    Eine Meldepflicht besteht, wenn ein am Erwerbsvorgang Beteiligter oder ein wirtschaftlich Berechtigter in einem Risikostaat ansässig ist oder einen gleichermaßen engen Bezug zu einem Risikostaat aufweist. Die bloße Staatsangehörigkeit oder Geburt in einem Risikostaat soll die Meldepflicht noch nicht auslösen. Eine Meldepflicht besteht zudem, wenn der Geschäftsgegenstand oder ein beim Erwerbsvorgang eingesetztes Bankkonto einen engen Bezug zu einem Risikostaat aufweist.

     

    Zu den Risikostaaten zählen die von der Europäischen Union (EU) als „Drittstaat mit hohem Geldwäscherisiko“ und die von der Financial Action Task Force (FATF) als „Staat mit strategischen Mängeln“ eingestuften Länder. Als Erleichterung werden von der FIU unter der Internetseite die beiden Listen zur Verfügung gestellt, in denen die als Risikostaaten eingestuften Länder aufgeführt sind. Zu den als Risikostaaten eingestuften Ländern gehören nach der derzeitigen Einschätzung der EU und der FATF u. a. Bahamas, Irak, Jamaika, Jemen, Korea, Panama, Syrien.

     

    Ebenfalls meldepflichtig sind Erwerbsvorgänge mit Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten, die auf sog. Sanktionslisten u. a. der EU gelistet sind. Diese Sanktionslisten sind ebenfalls unter der vorgenannten Internetseite der FIU einsehbar.

     

    Meldepflicht wegen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den am Erwerbsvorgang Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten

     

    Eine Meldepflicht besteht ebenfalls, wenn die am Erwerbsvorgang Beteiligten ihren geldwäscherechtlichen Auskunfts- und Nachweispflichten nicht nachkommen oder wissentlich nicht richtige oder unvollständige Angaben zur Identität der Beteiligten oder wirtschaftlich Berechtigten gemacht werden.

     

    Auch Treuhandverhältnisse ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder sonstigen rechtmäßigen Zweck sollen die Meldepflicht auslösen. Weiterhin unterliegen strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfahren wegen Geldwäsche gegen am Erwerbsvorgang beteiligte Personen oder wirtschaftlich Berechtigte sowie deren Verurteilung der Meldepflicht.

     

    Ein die Meldepflicht auslösender Sachverhalt liegt zudem vor, wenn der Erwerbsvorgang in einem groben Missverhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Veräußerers, Erwerbers oder wirtschaftlich Berechtigten steht.

     

    Eine Meldepflicht besteht ebenfalls, wenn sich aus der Eigentums-/Kontrollstruktur ergibt, dass die Kette zum wirtschaftlich Berechtigten über eine Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat führt und der wirtschaftlich Berechtigte nicht in diesem Drittstaat ansässig ist. Drittstaat ist ein Staat, der weder Mitgliedsstaat der EU noch Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist. Drittstaat ist insbesondere auch die Schweiz. Ausnahmsweise soll die Meldepflicht nicht bestehen, wenn die Zwischenschaltung dieser Gesellschaft einen offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck hat.

     

    Meldepflichtig sind ebenfalls grenzüberschreitende Steuergestaltungen, sofern der Verpflichtete an diesen als Intermediär gemäß § 138d Abs. 1 AO mitwirkt. Diese Meldepflicht besteht neben der Pflicht zur Mitteilung der Steuergestaltung an das Bundeszentralamt für Steuern.

     

    Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Stellvertretung

     

    Eine Meldepflicht besteht ebenfalls bei Auffälligkeiten im Zusammenhang mit einer Stellvertretung. Solche Auffälligkeiten sind anzunehmen, wenn

     

    • eine schriftliche Vollmacht nicht innerhalb von zwei Monaten nachgereicht wird, oder
    • eine unechte oder verfälschte Vollmachtsurkunde vorgelegt wird, oder
    • das Grundverhältnis der Bevollmächtigung nicht erkennbar ist, oder
    • die Vollmacht durch Mitarbeiter der konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in einem Drittstaat beglaubigt wurde.

     

    Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Preis, Kauf- oder Zahlungsmodalitäten

     

    Meldepflichtig ist ebenfalls, wenn der Kaufpreis vollständig oder teilweise mit Barmitteln über EUR 10.000 oder mit Kryptowerten beglichen werden soll. Auch ein Bankkonto in einem Drittstaat soll eine meldepflichtige Auffälligkeit darstellen, es sei denn, der Sitz, Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt der das Bankkonto verwendenden Vertragspartei befindet sich in diesem Drittstaat.

     

    Eine Meldepflicht besteht zudem, wenn der Kaufpreis erheblich vom tatsächlichen Verkehrswert abweicht. Eine erhebliche Abweichung soll insbesondere vorliegen, wenn der Kaufpreis mindestens 25 Prozent über dem Verkehrswert liegt. Den Verpflichteten trifft allerdings keine Pflicht zur Verkehrswertermittlung, so dass die Meldepflicht lediglich besteht, wenn die erhebliche Abweichung offenkundig ist.

     

    Weiterhin bestehen Meldepflichten bei

     

    • vollständiger oder teilweiser Zahlung vor Abschluss des Rechtsgeschäfts, sofern der Zahlungsbetrag mehr als EUR 10.000 beträgt und die veräußernde Person keine juristische Person des öffentlichen Rechts ist;
    • Zahlungen von oder an einen am Erwerbsvorgang nicht beteiligten Dritten (Ausnahmen sind u. a. Partei kraft Amtes, frühere oder derzeitige Ehepartner oder Lebenspartner,  Verwandte 1. und 2. Grades und deren Ehegatten oder Lebenspartner, verbundene Unternehmen, im Grundbuch eingetragene Gläubiger, juristische Personen des öffentlichen Rechts, finanzierende inländische Banken (ausländische Banken, sofern mit Deutschland vergleichbare Bank-Aufsicht besteht);
    • Weiterveräußerung binnen drei Jahren mit erheblicher Preisabweichung (mindestens 25 Prozent) ohne nachvollziehbaren Grund;
    • Rückveräußerung binnen drei Jahren an vorherigen Eigentümer ohne nachvollziehbaren Grund;
    • Nutzung eines Anderkontos (nicht: Notaranderkonto) ohne nachvollziehbaren Grund.

     

    Sobald einem Verpflichteten ein oder mehrere der vorgenannten risikobegründenden Umstände bekannt sind oder werden, ist er grundsätzlich zu einer Meldung verpflichtet. Eine Nachforschungspflicht nach risikobegründenden Umständen besteht für den Verpflichteten jedoch nicht.

     

    Ausnahmen von der Meldepflicht

     

    Die Verordnung sieht vor, dass die Meldepflicht ausnahmsweise nicht bestehen soll, wenn im Einzelfall besondere Umstände/Gründe vorliegen, die den bestehenden Geldwäsche- oder Terrorismusfinanzierungsverdacht ausräumen. Ein solcher nachvollziehbarer Grund soll z. B. bei einer Rückveräußerung binnen drei Jahren an den vorherigen Eigentümer bei der  Ausübung eines Vorkaufsrechts oder einer gesetzlichen Regelung (z. B. Anfechtung, Rücktritt) anzunehmen sein.

     

    Die ggf. den Geldwäscheverdacht ausräumenden Tatsachen sind von den Verpflichteten entsprechend der geldwäscherechtlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu dokumentieren.

     

    Verdachtsmeldungen und ihre Folgen

     

    Sofern keine Tatsachen vorliegen, die den festgestellten typisierten Geldwäscheverdacht ausräumen oder sofern Zweifel verbleiben, hat der Verpflichtete unverzüglich eine Verdachtsmeldung abzugeben. Die Meldung hat in elektronischer Form an die FIU, einer innerhalb des Zollkriminalamtes in Köln eingerichteten Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, zu erfolgen.

     

    Als Folge der Meldepflicht ist der Verpflichtete (mit Ausnahme der Transaktionen, die keinen Aufschub dulden) gehalten, die Transaktion frühestens durchzuführen, wenn ihm die Zustimmung der FIU oder der Staatsanwaltschaft vorliegt oder aber der dritte Werktag nach Abgang der Meldung verstrichen ist, ohne dass die Durchführung der Transaktion durch die FIU oder die Staatsanwaltschaft untersagt wurde (sog. Anhaltepflicht).

     

    Weiterhin ist es dem Verpflichteten verboten, Informationen über Meldungen an die am Erwerbsvorgang Beteiligten weiterzugeben.

     

    Bedeutung für die Praxis

     

    Bisher sind aufgrund der nach § 43 Abs. 1 GwG bestehenden allgemeinen Meldepflicht nur wenige Verdachtsmeldungen durch die Verpflichteten erstattet worden. Grund sind die berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten der Verpflichteten im Mandatsverhältnis, aufgrund derer die Verpflichteten nicht berechtigt sind, eine Meldung abzugeben.

     

    Die Verordnung schafft nun darüber hinausgehende materiell-rechtliche Tatbestände. Bei deren Vorliegen sind die Verpflichteten unter Durchbrechung ihrer Verschwiegenheitspflicht nunmehr zu einer Verdachtsmeldung verpflichtet.

     

    Den Verpflichteten droht bei einem Verstoß gegen diese Meldepflicht ein empfindliches Bußgeld von bis zu EUR 150.000 bei einfachen Verstößen und bis zu EUR 1 Mio. bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen oder bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils.

     

    Vor diesem Hintergrund ist künftig mit einem wesentlich höheren Meldeaufkommen gerade im Immobiliensektor zu rechnen.

     

    Stand: 27. Oktober 2020

     

    Volker Szpak

    Petra Bolle

     

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