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    27.10.2020

    Der Referentenentwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes


    Das Ministerium des Inneren, für Bau und Heimat veröffentlichte am 09. Juni 2020 den Referentenentwurf des Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz). Hintergrund dessen soll die Unterstützung der Kommunen bei der Schaffung und Aktivierung von Bauland sowie die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum sein.

    Die Debatte um Wohnraumbeschaffung ist aktueller denn je, zumal in vielen Ballungszentren die steigenden Mietpreise und der Wohnungsmangel zu einer immer wachsenden Problematik führen. Die BauGB-Novelle soll eine Verbesserung der Wohnraumbeschaffung sowie eine Förderung des sozialen Wohnungsbaus voranbringen. Für eine nachhaltige Schaffung und Aktivierung von Bauland wurde der Referentenentwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes auf Grundlage der Vorschläge der Expertenkommission „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ vom Bundesinnenministerium vorgestellt.

     

    Die Debatte um das Baulandmobilisierungsgesetz wurde Ende September 2020 nochmals entfacht, als bekannt wurde, dass das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen aus dem Gesetzentwurf gestrichen wurde.

    Das Gesetzgebungsverfahren dauert bislang an. Eine Anhörung der Bundesländer und Verbände hat bereits stattgefunden, eine Einbringung des Entwurfs in das Kabinett und die parlamentarische Beratung stehen noch aus.

     

    1. Die geplanten Änderungen

     

    Für die geplanten Änderungen durch die BauGB-Novelle müssen das Baugesetzbuch (BauGB) sowie die Baunutzungsverordnung (BauNVO) geändert werden. Demnach soll ein neuer Bebauungsplantyp für den Wohnungsbau geschaffen werden und die Befreiungsmöglichkeiten und Ausnahmen von der Festsetzung des Bebauungsplans erweitert werden. Durch Abweichungen vom Bebauungsplan soll Flexibilität erzielt und die Möglichkeit gewährt werden, sich von den Regelungen des Bebauungsplans zu lösen. Ergänzend sollen Erleichterungen für das Bauen im Innen- und Außenbereich eingeführt werden und eine Grundlage für Konzepte der Innenentwicklung, insbesondere zur leichteren Anwendung von Baugeboten, erreicht werden. Ferner soll eine Erweiterung des Allgemeinen und des Besonderen Vorkaufsrechts der Gemeinden erfolgen.

     

    1.1 Neuer Bebauungsplantyp zur Wohnraumversorgung

     

    Der Referentenentwurf zielt darauf ab, weitere städtebauliche Anliegen aufzugreifen und beinhaltet insbesondere einen neuen Bebauungsplantyp. Dieser soll die Wohnraumversorgung sicherstellen, den sozialen Wohnungsbau fördern und eine Mietpreisbindung festlegen. In Gebieten mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ wird angedacht, dass die Festsetzungen eines Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Befreiung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Gebiete mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ liegen laut BauGB-Novelle vor, wenn die „ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.“ In Großstädten mit akuter Wohnproblematik, wie in München, Hamburg oder Berlin könnte der neue Bebauungsplantyp folglich große Relevanz haben.

     

    1.2 Ausgleichzahlungen

     

    Insbesondere wird ein Augenmerk auf die Bedeutung einer grünen Infrastruktur in den Gemeinden gelegt, sodass Klimaschutz und Klimaanpassung in zukünftigen Bauvorhaben verstärkt berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass Eingriffe in die Natur und Landschaft durch Bauvorhaben zukünftig durch Ausgleichzahlungen kompensiert werden müssen, vorausgesetzt es wurden keine Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt.

     

    1.3 Kommunale Vorkaufsrechte

     

    Das allgemeine Vorkaufsrecht der Gemeinden ist ein städtebauliches Instrument zur Sicherung der Bauleitplanung. Die Vorkaufsrechte der Gemeinden wehren Störungen und Beeinträchtigungen ab. Diese drohen der Bauleitplanung, wenn die geplanten Grundstücksverkäufe nicht mit den Zielen der Gemeinden im Einklang stehen. Durch das Vorkaufsrecht werden ebenso die städtebaulichen Maßnahmen gefördert, denn mittels des Erwerbs von Grundeigentum wird den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, unmittelbar auf die Verwirklichung von städtebaulichen Aufgaben in diesen Gebieten Einfluss zu nehmen.

     

    Ein Vorkaufsrecht würde in Gebieten im Geltungsbereich des Bebauungsplans vorliegen sowie in Gebieten für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst wurde. Ebenso würde ein solches Vorkaufsrecht innerhalb der im Zusammenhang bebauter Ortsteile, in welchen ein städtebaulicher oder anlagenbezogener Missstand besteht, eingreifen. Hier wird insbesondere auf das Wohl der Allgemeinheit abgestellt, zu der die Deckung des Wohnbedarfs in den Gemeinden und die Förderung der Innenentwicklung zählen.

     

    Das besondere Vorkaufsrecht der Gemeinden wird ergänzt durch eine neue Form des Vorkaufsrechts, welches die Durchsetzung der städtebaulichen Ziele vorantreiben soll. Es soll mehr Wohnraum geschaffen werden, indem der Zugriff auf die zur Veräußerung stehenden Flächen vereinfacht wird. In einem Geltungsbereich des Bebauungsplans, in welchem ein brachliegendes Grundstück oder für im Zusammenhang bebauter Ortsteile an unbebauten oder brachliegenden Grundstücken, kann durch Satzung ein Vorkaufsrecht begründet werden. Die Grundstücke müssen für den Wohnungsbau geeignet und auch überwiegend dafür eingesetzt werden. Abermals muss es sich um ein Gebiet mit einem „angespannten Wohnungsmarkt“ handeln.

     

    1.4 Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen

     

    Ein Umwandlungsverbot soll die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum bei bestehenden Wohngebäuden verbieten, es sei denn, es liegt ein Genehmigungsvorbehalt vor. Ein solcher Vorbehalt würde u.a. in Fällen greifen, in welchen das Grundstück im Nachlass an Erben weitergegeben wird oder das Wohnungseigentum eigengenutzt werden würde. Ebenso soll das Verbot nur in Gebieten mit einer gefährdeten Versorgung an Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen angewendet werden. Im Oktober 2020 wurde dieses Umwandlungsverbot jedoch aus dem Entwurf für das Baulandmobilisierungsgesetz gestrichen. Forderungen für ein Umwandlungsverbot kamen einerseits u.a. von der Linksfraktion des Bundestags und andererseits gab es zahlreiche Kritiken. In der NVwZ 2020 wurde die Frage aufgeworfen, ob ein Umwandlungsverbot grundsätzlich überhaupt formell verfassungsgemäß wäre. Kritisch hatten sich ebenso Teile der Immobilienbranche sowie Anwaltschaft geäußert. Das Bundesinnenministerium hat wohl erkannt, dass die bestehenden Regelungen des BauGB ausreichen und ein Umwandlungsverbot nicht notwendig ist.

     

    2. Die Schwierigkeiten des Referentenentwurfs

     

    Der Referentenentwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes bringt noch Schwierigkeiten mit sich.

    Hinsichtlich des neuen Bebauungsplantyps geht es inhaltlich um die Wohnversorgung sowie die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Zudem wurde eine Mietpreisbindung angedacht. Die geltende Vorschrift im BauGB schreibt schon zum jetzigen Zeitpunkt vor, in Bebauungsplänen Flächen auszuweisen, auf welchen Wohngebäude entstehen sollen, die zudem für den sozialen Wohnungsbau geeignet sind. Problematisch ist nun, dass hier nur Anforderungen an die Beschaffenheit der Wohngebäude gestellt werden. Demnach entsteht für Grundstückseigentümer nicht die Pflicht, Mittel der sozialen Wohnraumförderung in Anspruch zu nehmen und somit den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben. Um dies auszubessern, soll in der BauGB-Novelle eine Flächenausweisung mit vertraglichen Pflichten verknüpft werden, sodass Bedingungen für die späterer Wohnnutzung eingehalten werden.

     

    Im Weiteren würde das erweiterte Vorkaufsrecht der Kommunen bei zunehmenden Fällen einen höheren Verwaltungsaufwand erfordern. Im Gegenzug könnte hier aber der Aufwand entfallen, sich um freie Flächen zum Bauen zu bemühen.

    Die Deckung des Wohnbedarfs in der Gemeinde soll dem Wohle der Allgemeinheit dienen, woraus sich die Rechtfertigung für ein Vorkaufsrecht ergibt. Die Gemeinden müssen nachvollziehbar darlegen, dass ein Grundstück für die Innenentwicklung in Frage kommt. Es sollte aber nicht aus dem Grund gekauft werden, einen Bodenvorrat zu erlangen und Eigentum zu vermehren. Ebenso darf ein Grundstück nicht gekauft werden, um eben solches zu einem späteren Zeitpunkt und für einen anderen Zweck zu verwenden oder zu veräußern.

     

    Hans Georg Neumeier