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    30.01.2022

    BGH-Urteil zu Baustellenlärm und -schmutz vom Nachbargrundstück als Mietmangel (vom 29.04.2020 – VIII ZR 31/18)


    Eine Mietminderung aufgrund von Baulärm ist nach dem BGH-Urteil möglich, wenn Grenz- und Richtwerte überschritten werden und der Eigentümer diese nach § 906 BGB nicht oder jedenfalls nicht entschädigungslos dulden muss. Vermieter sollten zukünftig bei Neubauprojekten in der unmittelbaren Nachbarschaft einer Mietsache daher prüfen, ob ihnen selbst Unterlassungs- oder Ausgleichsansprüche zustehen könnten.

     

    Leitsatz

     

    Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle (hier: zur Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke) herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 I 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit hinnehmen muss.

     

    Tatbestand

     

    Nach Anmietung einer Wohnung in Berlin wurde auf einem Grundstück, das bei Anmietung noch im Wesentlichen unbebaut war, ein Neubau errichtet. Der Mieter fühlte sich durch den Baulärm beeinträchtigt und kürzte die Miete. Das AG Berlin-Charlottenburg hat der auf Zahlung der einbehaltenen Miete in Höhe von insgesamt 980,56 Euro nebst Zinsen gerichteten Klage überwiegend stattgegeben. Die Minderung sei im Hinblick auf die vom Mieter behaupteten Baustellenimmissionen zu Unrecht erfolgt, weil der Mieter von der Baulücke bereits bei Vertragsabschluss gewusst habe und aus diesem Grund angesichts der bekanntermaßen im Berliner Innenstadtbereich bestehenden Wohnungsnot mit der Errichtung eines Gebäudes habe rechnen. Die 64. Zivilkammer des LG Berlin hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Berufungsgericht hat u.a. ausgeführt, dass aufgrund typischer Baustellenemissionen ein Mietmangel anzunehmen ist. Das sah der BGH anders. Das Risiko der Veränderung des Umfelds zum Mietobjekt kann demnach nicht einseitig dem Vermieter aufgebürdet werden. Hat der Vermieter keine rechtliche Handhabe, gegen die Lärmemissionen vorzugehen, können die Mieter nicht zu Lasten des Vermieters ohne Weiteres die Miete kürzen.

     

    Konsequenzen für die Praxis

     

    Veränderungen in der Umgebung eines Mietgegenstandes, auf die der Vermieter keinen Einfluss hat, müssen vom Mieter grundsätzlich hingenommen werden und nicht jede spätere nachteilige Veränderung des Wohnumfelds ist als Mangel anzusehen. Eine Mietminderung aufgrund von Baulärm ist nach dem BGH-Urteil u. a. allerdings dann möglich, wenn Grenz- und Richtwerte überschritten werden und der Eigentümer diese nach § 906 BGB nicht oder jedenfalls nicht entschädigungslos dulden muss. Vermieter sollten zukünftig bei Neubauprojekten in der unmittelbaren Nachbarschaft einer Mietsache daher prüfen, ob ihnen selbst Unterlassungs- oder Ausgleichsansprüche zustehen könnten.

    Zudem ist entscheidend, ob der Mieter bestimmte Eigenschaften seines Mietgegenstandes und dessen Umfeldes als unveränderlich voraussetzen durfte, oder ob er mit solchen Veränderungen rechnen musste. Ist die anzumietende Wohnung in einem Gebäude neben einer Baulücke gelegen, könnten die Mietvertragsparteien unter anderem vertraglich vereinbaren, dass für Dauer einer Bebauung mit einem neuen Gebäude die Miete gemindert werden darf. Andernfalls dürfte der Wohnzweck durch Baumaßnahmen in der Nachbarschaft in der Regel nicht unmittelbar beeinträchtigt sein.

     

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