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Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes für sogenannte „Share Deals“

Am 14. April 2021 hat der Finanzausschuss des deutschen Bundestags einen Entwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes beschlossen. Das Gesetz soll am 21. April 2021 im Deutschen Bundestag beschlossen werden und dann auch zügig den Bundesrat passieren. Damit wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 23. September 2019 zur Verschärfung der Grunderwerbsteuerlichen Regelungen für sogenannte „Share Deals“ nun überraschend doch noch vor der Bundestagswahl umgesetzt.

Die Verschärfung der grunderwerbsteuerlichen Regelungen zu Share Deals lag lange auf Eis. Nun kommt sie doch zügig. Das neue Gesetz wird grundsätzlich folgende Änderungen enthalten:

  1. Absenkung der schädlichen Schwellen zur Entstehung der Grunderwerbsteuer bei allen Ergänzungstatbeständen von 95 Prozent auf 90 Prozent.
  2. Grundsätzliche Verlängerung der 5-Jahres-Fristen im Grunderwerbsteuergesetz auf 10 Jahre, bei der Vorbehaltensfrist nach § 6 GrEStG n.F. sogar auf 15 Jahre.
  3. Einführung eines neuen Ergänzungstatbestandes bei Anteilseignerwechseln von mindestens 90 Prozent bei Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs.2b GrEStG n.F.), analog der bereits bestehenden Regelung für Personengesellschaften (§ 1 Abs.2a GrEStG).
  4. Anwendung einer Ersatzbemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer für Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen.

Die Gesetzesänderungen sollen zum 1. Juli 2021 in Kraft treten. Es ist zu begrüßen, dass es zu keiner rückwirkenden Anwendung kommt, da dies rechtlich sehr umstritten gewesen wäre.

Die Änderung der Beteiligungsgrenzen und die Verlängerungen der Fristen wurden grundsätzlich umgesetzt. Eine Ausnahme bildet allerdings die Konzernregelung des § 6a GrEStG, bei der weiterhin die Schwellen von 95 Prozent und 5-Jahres-Fristen gelten.

Insbesondere der neue Ergänzungstatbestand des § 1 Abs.2b GrEStG zum schädlichen Anteilseignerwechsel ist hoch umstritten und vor allem in börsennotierten Konzernen schwer (und teilweise sogar unmöglich) zu handhaben. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand teilweise Rechnung getragen, indem er mit § 1 Abs.2c GrEStG n.F. eine sogenannte „Börsenklausel“ einführen will, da Anteilseignerwechsel über die Börse nicht überprüft werden können. Diese Börsenklausel wird das Problem für börsennotierte Kapitalgesellschaften allerdings nur bedingt lösen. Hier besteht dringend Nachbesserungsbedarf.

Komplex sind die Übergangsvorschriften von den bisherigen zu den neuen Regelungen für Share Deals (§ 23 Abs.18-24 GrEStG n.F.). Die Hälfte der Begründung des Gesetzesentwurfs befasst sich damit. Zu begrüßen ist dabei eine Änderung der Übergangsregelung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf gemäß § 23 Abs.23 GrEStG n.F. zum neuen Anteilseignerwechsel bei Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs.2b GrEStG n.F.): Anteilseignerwechsel bis zum 30. Juni 2021 (es gilt „Closing“, nicht „Signing“) sind nicht zu berücksichtigen. Alle Gesellschafter zum 1. Juli 2021 sind damit sogenannte „Altgesellschafter“.

Zu beachten ist, dass es in den Übergängen zu den neuen Regelungen zu möglichen Doppelbelastungen mit der Grunderwerbsteuer kommen kann. Wird zum Beispiel bis 30. Juni 2021 ein Kaufvertrag über mindestens 95 Prozent von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Immobilienbesitz abgeschlossen (Signing) und erfolgt der Übergang von Nutzen und Lasten (Closing) ab 1. Juli 2021, entsteht zunächst nach den alten Regelungen mit Signing die Grunderwerbsteuer für eine „Anteilsvereinigung“ nach § 1 Abs.3 GrEStG (Steuerschuldner der Erwerber) und später mit Closing die Grunderwerbsteuer für den Anteilseignerwechsel nach § 1 Abs.2b GrEStG n.F. (Steuerschuldner die Immobilienkapitalgesellschaft). Erst mit Signing und Closing nach dem 1. Juli 2021 ist § 1 Abs.3 GrEStG n.F. subsidiär zu § 1 Abs.2b GrEStG n.F.

Resümierend lässt sich feststellen, dass es, selbst wenn man eine Absenkung der schädlichen Schwellen in den Ergänzungstatbeständen von 95 Prozent auf 90 Prozent und eine Verdoppelung der Fristen von 5 auf 10 Jahre für sinnvoll erachtet, erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt, um eine handhabbare Regelung zu bekommen. Dies gilt insbesondere für börsennotierte Unternehmen. Grundsätzlich trifft die Regelung nicht nur Immobilienkonzerne, sondern alle Unternehmen, die für ihre Tätigkeit auf Grundbesitz angewiesen sind.

Jens Müller

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