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Finanzgericht München: Der Teilwert nach § 6a enthält keinen Future Service!

Urteil vom 04.10.2017 - 6 K 3285/14, BeckRS 2017, 146520 (Revision beim BFH unter XI R 52/17)

Hintergrund

Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Anwendung der Vorschrift des § 4e Abs. 3 EStG, insbesondere mit der Berechnungssystematik des sofortigen Betriebsausgabenabzugs nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG. Die Entscheidung ist nicht nur deshalb bemerkenswert, als es sich um die erste finanzgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Themenbereich handelt. Vielmehr erteilt der 6. Senat das Finanzgericht München in der schon seit langem zwischen Beraterschaft und Finanzverwaltung streitigen Rechtsfrage, ob der Teilwert nach § 6a EStG einen Future Service enthält, der der im BMF-Schreiben vom 10. Juli 2015, Az: IV C 6-S 2144/07/10003, BStBI I 2015, 709 Rn. 6 niedergelegten Rechtsauffassung, der Teilwert beinhalte einen Future Service, mit eingehender und nachvollziehbarer Begründung eine klare Absage.

Nach derzeitigem Verständnis der Finanzverwaltung vorgenannten BMF-Schreiben, könnte eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG selbst bei vollständiger Übertragung der erdienten Versorgungsanwartschaften nicht vollständig aufgelöst werden. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf den Betriebsausgabenabzug nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG. Denn sofort abzugsfähige Betriebsausgaben entstehen nur, soweit die Pensionsrückstellung nach § 6a EStG auf Grundlage der Ausgliederung aufgelöst worden ist. Letztlich käme es damit zu einer ungerechtfertigten Besteuerung im Auslagerungsjahr, da die die Auflösung der Pensionsrückstellung nach § 6a übersteigenden Pensionsfondbeiträge nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG nur in den zehn der Auslagerung nachfolgenden Wirtschaftsjahren als Betriebsausgaben gleichmäßig abgezogen werden könnten. Dies hätte eine Verlagerung des Betriebsausgabenabzuges in nicht unbeträchtlichen Umfang zur Folge.

Entscheidungssachverhalt

Das 6. Senat des Finanzgerichtes München beschäftigt sich im Wesentlichen mit der zentralen Frage, ob im Rahmen der Bewertung der Pensionsrückstellung nach § 6a EStG bereits Elemente des Future Service in die Bewertung Eingang finden oder der Teilwert lediglich eine Bewertung des sogenannten Past Service darstellt. Damit wäre nämlich gleichzeitig die Frage beantwortet, wie die nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG zu ermittelnde Rücklage und damit die Höhe der damit sofort abziehbaren Betriebsausgaben zu ermitteln wäre.

Nach Auffassung des 6. Senats des Finanzgerichtes München ist auch die Teilwertbewertung nach § 6a EStG eine Bewertung der sogenannten erdienten Teile der Versorgungsanwartschaft und damit allein des Past Services, so dass bei einer Übertragung auf einen Pensionsfonds die Pensionsrückstellung in voller Höhe aufzulösen ist. Der 6. Senat des Finanzgerichts München begründet dies zuvorderst mit der alten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes, der sich dem Bundesfinanzhof angeschlossen hat, dass nur Pensionsrückstellungen für erdiente Versorgungsanwartschaften gebildet werden dürfen. Daran habe sich auch mit der Einführung des § 6a EStG – der im Übrigen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes und des Reichsfinanzhofes lediglich weiterführen wollte – nichts geändert (so ausdrücklich (Bundestagsdrucksache 7/1281 vom 26. November 1973)). Mit dem Prinzip der Gleichverteilung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen bei der Ermittlung der Pensionsrückstellung sollte sichergestellt werden, dass die Pensionsrückstellung sukzessive, d.h. nur in Bezug auf den erdienten Teil der Versorgungsanwartschaften gebildet werden durfte; allgemeine Einmalrückstellungen sowie Pensionsansprüche aus zukünftigen Dienstzeiträumen sollten nicht erfasst werden. Denn sowohl die Bildung von Einmalrückstellungen nach 6a Abs. 3 Satz 3 EStG als auch die Ermittlung des Teilwertes einer Pensionsleistung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass die Pensionsleistungen erdient sind. Dies ergibt sich für die Ermittlung des Teilwertes einer Pensionsleistung nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Für die Ermittlung des Teilwerts nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG ergibt sich die Ermittlungssystematik selbst. Für die Ermittlung des Teilwertes nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. Satz 1 EStG hat dies der Bundesfinanzhof schon ausdrücklich festgestellt (BFH, Urteil vom 26. Juni 2013, Az.: I R 39/12 BStBl. II 2014, 174 Rn. 10).

Fazit und Folgen für die Praxis

In der Zukunft könnte unter Berücksichtigung dieser Ausführungen des Finanzgerichts München gegen die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG eingewendet werden, dass eine Vollauflösung der Pensionsrückstellung bei der Übertragung von Pensionsanwartschaften auf einen Pensionsfonds vorzunehmen ist. Dies führt deshalb zu einer günstigeren Besteuerung, da der bisher von der Finanzverwaltung als nicht auflösbar gehaltene Teil der Pensionsrückstellung, im Jahr der Übertragung nicht fortgeführt werden muss, sondern sich im Folgejahr voll auf die Besteuerung auswirken kann.

Für bereits veranlagte Übertragungen könnte eine Änderung der Besteuerung in Erwägung zu ziehen sein, soweit diese unter der Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens vom 10. Juli 2015 Rn. 6 erfolgt ist. Unter Berufung auf das Urteil, könnte dann ein erhöhter Betriebsausgabenabzug nach § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG generiert werden, der sich im Veranlagungsjahr der Auslagerung positiv auswirkt. Zusätzlich könnten entsprechende Erstattungszinsen nach § 233a AO geltend gemacht werden. Gleichzeitig wäre aber zu berücksichtigen, dass die Rücklage nach § 4e Abs. 3 EStG anzupassen, sodass es in den Folgejahren zu einer Verringerung des Betriebsausgabenabzuges käme.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Marcus Mische.

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