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Die Neufassung der Corona-ArbSchV im Blickpunkt

Getreu dem Motto „bekannt und bewährt“?

Am 31. August 2022 hat das Bundeskabinett eine neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung („Corona-ArbSchV“) beschlossen. Diesmal wird die Umsetzung der Maßnahmen in den Verantwortungsbereich der Arbeitgeber gelegt. Eine Pflicht zur Umsetzung bestimmter Maßnahmen besteht nicht mehr.

Bald startet wieder die Erkältungssaison und damit erwarten uns erneut Arbeitsschutzmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor SARS-CoV-2. Seit Januar 2022 kreist die Omikron-Variante durch Deutschland, die prozentual weniger schwere Krankheitsverläufe verursacht. Allerdings lag die absolute Zahl der Erkrankten im Sommer 2022 zehnmal höher als in den beiden vorherigen Jahren. Auf Grund der hohen Ansteckungsrate durch die Omikron-Variante und den dadurch bedingten hohen Krankenstand in der erwerbstätigen Bevölkerung sah sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales („BMAS“) veranlasst einen neuen Referentenentwurf der Corona-ArbSchV auf den Weg zu bringen. Die neue Corona-ArbSchV tritt zum 1. Oktober 2022 in Kraft und gilt zunächst bis zum 7. April 2023.

Am 24. August 2022 wurde zunächst eine erste Neufassung der Corona-ArbSchV veröffentlicht, die die Arbeitgeber zum erneuten Home-Office-Angebot und Schnelltestangebot verpflichten sollte. Das Bundeskabinett beschloss am 31. August 2022 allerdings eine Fassung der Corona-ArbSchV, bei der den Arbeitgebern lediglich eine Prüfpflicht einzelner Maßnahmen im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzepts auferlegt wird. Eine Verpflichtung zur Umsetzung entsprechender Maßnahmen besteht, anders als in den vorherigen Fassungen der Corona-ArbSchV, nicht.

Maßnahmen für das betriebliche Hygienekonzept

Im Fokus der neuen Schutzmaßnahmen steht die Verpflichtung der Arbeitgeber, ein betriebliches Hygienekonzept zu erstellen. In diesem Hygienekonzept sollen bewährte und bei den Unternehmen und Beschäftigten bekannte Schutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz untersucht und aus der Sicht des jeweiligen Arbeitgebers erforderliche Maßnahmen festgelegt und umgesetzt werden. Dabei wird dem Arbeitgeber keine direkte Pflicht zur Umsetzung der Maßnahmen auferlegt. Vielmehr hat der Arbeitgeber auf Grundlage eigener Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5, 6 Arbeitsschutzgesetz zu prüfen, ob einzelne Maßnahmen bei ihm umzusetzen sind, soweit die betrieblichen Belange dies zulassen. In diesem Zusammenhang kann der Arbeitgeber auch das regionale Infektionsgeschehen sowie besondere tätigkeitsspezifische Infektionsgefahren berücksichtigen. Bei den Maßnahmen stützt sich das BMAS, so die Begründung des Referentenentwurfs, auf geeignete Maßnahmen, die sich im Verlauf der Pandemie als praxisgerecht und wirksam erwiesen haben.

Im Rahmen des betrieblichen Hygienekonzepts haben Arbeitgeber insbesondere die folgenden Maßnahmen zu prüfen:

  • Die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen zwei Personen,
  • die Sicherstellung der Handhygiene,
  • die Einhaltung der Hust- und Niesetikette,
  • das infektionsschutzgerechte Lüften von Innenräumen,
  • die Verminderung von betriebsbedingten Personenkontakten,
  • das Angebot, geeignete Tätigkeiten zu Hause durchzuführen, wenn keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen sowie
  • das Angebot an Beschäftigte, die nicht ausschließlich von zuhause arbeiten, sich regelmäßig kostenfrei zu testen.

Zur Vermeidung von Tröpfcheninfektionen soll weiterhin der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen zwei Personen dienen. Sofern bei der Unterschreitung der 1,5-Meter-Regelung die Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten Atemschutzmasken bereitstellen.

Eine ausreichenden Handhygiene ist laut der Begründung des Referentenentwurfs in der Regel gewährleistet, wenn kaltes Wasser, Seife und Einweghandtücher oder geeignete Handdesinfektionsmittel seitens des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt werden.

Die Neufassung der Corona-ArbSchV spricht nicht mehr von einer Vermeidung, sondern lediglich von einer Verminderung der betriebsbedingten Personenkontakte. Beschäftigte sollen beispielsweise die gleichzeitige Nutzung von Räumen oder Fahrzeugen vermeiden oder verringern oder in möglichst kleine Teams eingeteilt werden. Auch Dienstreisen oder andere persönliche Meetings sollen auf ein betriebsnotwendiges Minimum reduziert werden.

Keine Rückkehr zur Home-Office-Angebotspflicht

Das Bundeskabinett hat mit der Neufassung der Corona-ArbschV beschlossen, dass die Arbeitgeber nicht mehr dazu verpflichtet werden, Home-Office anzubieten. Im Rahmen des betrieblichen Hygienekonzepts sollen Arbeitgeber lediglich ein mögliches Home-Office-Angebot prüfen und ein solches gegebenenfalls im Rahmen ihres Hygienekonzeptes umsetzen.

Nach Ansicht des BMAS hat sich das Home-Office zur Vermeidung betriebsbedingter Personenkontakte als besonders bewährt gezeigt. Gleichwohl hat sich das Bundeskabinett auf Drängen der FDP von einer strengen Home-Office-Angebotspflicht verabschiedet und überlässt es dem jeweiligen Arbeitgeber dies zu entscheiden. Dabei hat er zu beurteilen, ob Tätigkeiten für die Ausführung in der Wohnung der Beschäftigten geeignet sind und ob betrieblichen Belange ein Arbeiten von zu Hause ausschließen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Hierunter fallen zum Beispiel Tätigkeiten, wie die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, die Bearbeitung des Wareneingangs und -ausgangs, Schalter- oder auch Hausmeisterdienste.

Der Arbeitgeber hat bei seiner Gesamtbetrachtung aber auch zu berücksichtigen, dass sich ein Arbeiten von zu Hause aus durchaus auch anbieten kann, um z.B. Beschäftigten, denen coronabedingte zusätzliche Betreuungsaufgaben gegenüber Angehörigen obliegen, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen. Als coronabedingte zusätzliche Betreuungsaufgaben nennt der Entwurf z.B. die Erkrankung eines Kindes. Er bezieht sich tatsächlich nur auf coronabedingte Umstände, z.B. auch Belange von Beschäftigten mit Behinderungen oder mit gesundheitlichen Risikofaktoren für einen schweren Verlauf (z.B. geschwächtes Immunsystem).

Für die Beschäftigten besteht, sofern der Arbeitgeber Home-Office anbietet, keine Verpflichtung zur Annahme dieses Angebots. Für die Umsetzung ist es weiterhin erforderlich, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung der Beschäftigten gegeben sind und dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten eine Vereinbarung zum Arbeiten von zu Hause aus getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung ist beispielsweise auf dem Weg einer arbeitsvertraglichen Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung möglich.

Möglichkeit zur Schutzimpfung für Mitarbeiter

Arbeitgeber haben ihren Beschäftigten nach § 3 der Corona-ArbSchV zudem eine Corona-Schutzimpfung während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Die Vorschrift regelt die Unterstützungspflichten des Arbeitgebers insbesondere in Bezug auf die Bereitstellung von erforderlichem Personal sowie von Räumen, Einrichtungen, Geräten und Mitteln.

Alles in allem zeigt sich, dass die Neufassung keine vollkommen unbekannten Regelungen hervorbringt, sondern dass vielmehr eine abgeschwächte Variante der bereits bekannten Regelungen im Oktober in Kraft tritt. Für die meisten Arbeitgeber dürfte die Prüfung der ab 1. Oktober 2022 geltenden Maßnahmen daher keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten. Die meisten Regelungen wurden bereits in den Unternehmen umgesetzt und viele habe sie unverändert fortgeführt.

Prägnant auf einen Blick

Was habe ich als Arbeitgeber ab 1. Oktober 2022 zu beachten?

Nora Nauta

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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