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Gesellschaftsvertragliche Zustimmungserfordernisse für Abtretungen im Rahmen von Verschmelzungen

Gesellschaftsrechtliche Zustimmungserfordernisse für Abtretungen gelten auch bei Verschmelzungen. Sie sind dabei aber nicht starr anzuwenden, sondern nach Sinn und Zweck auszulegen.

Gesellschaftsverträge beinhalten regelmäßig Zustimmungserfordernisse für Abtretungen von Geschäftsanteilen. Insbesondere in Familiengesellschaften sind Geschäftsanteile oder Aktien häufig "vinkuliert", d.h. die Übertragung auf außenstehende Dritte bedarf der Zustimmung der Gesellschafter oder der Geschäftsführung. Auf diese Weise soll der Gesellschafterkreis "kontrolliert" werden. Solche gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Zustimmung von Anteilsübertragungen gelten gem. § 13 Abs. 2 UmwG auch für Verschmelzungen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Vinkulierung durch eine Verschmelzung umgangen wird. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie die gesellschaftsvertraglichen Zustimmungserfordernisse im Falle von Verschmelzungen angewandt werden. Mit dieser Frage hatte sich jüngst das OLG Brandenburg zu beschäftigen.

Hintergrund

In dem streitgegenständlichen Fall stritten die Parteien um die Eintragung einer Verschmelzung zweier Familiengesellschaften. Zunächst erhob eine Gesellschafterin Unwirksamkeitsklage gegen die Verschmelzungsbeschlüsse. Daraufhin leitete die Gesellschaft ein Freigabeverfahren ein. Die klagende Gesellschafterin stellte sich auf den Standpunkt, der Verschmelzungsbeschluss hätte gem. § 13 Abs. 2 UmwG ihrer nie erteilten Zustimmung bedurft. Nach den insoweit gleichlautenden Gesellschaftsverträgen bedurfte nämlich die Abtretung eines Geschäftsanteils an eine nicht erbberechtigte Person eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses.

Das OLG Brandenburg entschied, dass derartige Zustimmungserfordernisse nicht bestünden, wenn der Verschmelzungsvertrag die Aufnahme familienfremder Gesellschafter in die Gesellschaft ausschließe. Dies gewährleistet, weil die übertragenden Rechtsträger ebenso wie die aufnehmende Rechtsträgerin als Familiengesellschaften konstituiert seien und den gleichen Restriktionen bei der Aufnahme familienfremder Dritter unterlägen. Zudem sähen sowohl die Verschmelzungsbeschlüsse als auch der Verschmelzungsvertrag keine Ausnahmen von diesen Vinkulierungsregeln vor. Im Ergebnis könnten daher keine familienfremden Gesellschafter aufgenommen werden. Daher sei der mit dem Zustimmungserfordernis verfolgte Zweck gesichert, ohne dass dazu die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich wäre.

Die Klägerin konnte sich auch nicht mit Erfolg auf das Einstimmigkeitserfordernis des § 43 I UmwG berufen. Zwar bedarf ein Verschmelzungsbeschluss danach der Zustimmung aller Gesellschafter. Dieses Einstimmigkeitserfordernis ist jedoch gem. § 43 II 1 UmwG gesellschaftsvertraglich abdingbar. Dabei genügt eine generelle Regelung, wonach alle Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Derartige allgemeine Mehrheitsklauseln in Personengesellschaften gelten – so das OLG Brandenburg - grundsätzlich auch für Beschlussgegenstände, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen oder sich auf ungewöhnliche Geschäfte beziehen (also auch auf Verschmelzungen). Etwas anderes würde für die Verschmelzung nur dann gelten, wenn aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen anzunehmen sei, dass die Gesellschafter Umwandlungen keinem Mehrheitsbeschluss unterwerfen wollten (sondern lediglich weniger einschneidende Maßnahmen wie Satzungsänderungen). Das sei hier nicht der Fall.

Anmerkungen und Praxistipp

Der Beschluss begründet überzeugend, dass bei Verschmelzungen gesellschaftsvertragliche Bestimmungen nicht rein formal und starr zu übernehmen sind. Vielmehr sind sie auszulegen und können, sofern im Einzelfall der schützende Zweck erfüllt ist, entbehrlich sein. Diese Klarstellung erleichtert die Durchführung von Verschmelzungen in der Praxis, zeigt aber auch, wie entscheidend eine sorgfältig gestaltete Verschmelzungsdokumentation ist. Um Rechtsstreitigkeiten und Zweifel bei der Vertragsauslegung zu vermeiden, sind eindeutige und auch mit Blick auf das Umwandlungsgesetz vorausschauend ausformulierte Satzungsregelungen zu empfehlen.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.5.2022 – 7 AktG 1/22

Dr. Barbara Mayer
Christian Burmeister

Dieser Blogbeitrag ist bereits im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter erschienen. Sie finden den Beitrag hier.

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