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Emojis im Rechtsverkehr: harmlose Spielerei oder rechtlich erhebliche Äußerung?

Ein Daumen nach oben hier, ein feiernder Smiley da – Emojis sind aus der digitalen Kommunikation nicht mehr wegzudenken. Immer häufiger werden deshalb Gerichte und Behörden mit der Frage konfrontiert, welche rechtliche Bedeutung einem Emoticon beizumessen ist.

Im Jahr 2016 verurteilte das Strafgericht (Tribunal correctionnel) von Valence (Frankreich) den Versender wiederholter Pistolen-Emojis an seine Ex-Freundin wegen Morddrohung zu einer Freiheit- und Geldstrafe. Ebenfalls 2016 entschied das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, dass die Nutzung gewisser Emoticons auf Facebook eine Beleidigung und somit einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen können. Die zunehmende Verwendung auf sozialen Netzwerken und E-Commerce Plattformen von Emoticons durch Drogendealer verleitete die US-amerikanische Drug Enforcement Administration Ende 2021 dazu, einen Drogen-Emoji-Kodex zu veröffentlichen.

Doch auch im (legalen) Geschäftsverkehr gewinnen Emojis immer mehr an rechtlicher Bewandtnis. Das Tel Aviver Herzliya Small Claims Court entschied 2017, dass eine Kombination von Emojis mit u.a. tanzenden Frauen und Champagner-Flaschen die Vorfreude eines Mietinteressenten signalisierte. Letztlich sei durch diese und weitere vertröstende Nachrichten eine vorvertragliche Haftung gegenüber dem Vermieter begründet worden - vergleichbar mit der in Deutschland bekannten culpa in contrahendo.

Nach deutschem Recht können – gewollt oder ungewollt – Verträge durch den Einsatz von Emojis zustande kommen. Ein Vertragsschluss setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus: Angebot und Annahme. Der Aussagegehalt einer Handlung und Äußerung wird nach dem objektiven Empfängerhorizont ermittelt. Maßgeblich ist also, wie der Empfänger das Erklärte bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verstehen konnte. Es liegt auf der Hand, dass ein objektiver Empfänger etwa einen "Daumen hoch"-Emoji als Annahme eines unmittelbar zuvor geäußerten Vertragsangebots auffassen wird. Der Vertrag ist dann wirksam abgeschlossen, auch wenn einer Vertragspartei das Erklärungsbewusstsein fehlte. Der Versender des Emojis kann den Vertrag zwar nachträglich anfechten (analog § 119 BGB); er setzt sich jedoch einem Schadensersatzanspruch analog § 122 BGB aus.

Fazit: Wer in der geschäftlichen Kommunikation Emojis verwendet, muss damit rechnen, dass sie - wie jede andere Äußerung oder Handlung auch – als rechtlich bindende Erklärung wahrgenommen werden. Entscheidend ist dabei die objektive Wahrnehmung im spezifischen Kontext.

Dr. Barbara Mayer
Etienne Sprösser

Dieser Blogbeitrag erscheint ebenso im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter.

Wer sich näher für dieses Thema interessiert, wird im Werk "Emojis im (Privat-)Recht" von Dr. Matthias Pendl fündig, das im Frühjahr 2022 erschienen ist: LINK

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.



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