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Bewertungs- und Zuflusszeitpunkt bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen

Das wichtigste Asset eines Start-ups sind neben den Gründern die eigenen Mitarbeiter. Zwar sind Start-ups hip und immer mehr kluge Köpfe entscheiden sich gegen eine Laufbahn im großen Konzern und für eine Karriere in einem aufstrebenden Start-up, allerdings wollen auch diese Mitarbeiter für ihre Leistung angemessen bezahlt werden. Da Start-ups insbesondere in den frühen Phasen regelmäßig nicht über das Kapital verfügen, um marktübliche Gehälter zu zahlen, sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme das Mittel der Wahl, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter ausreichend incentiviert sind, das Unternehmen gemeinsam mit den Gründern aufzubauen.

Marktüblich, insbesondere bei exitorientierten Start-ups, sind dabei virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Dem jeweiligen Mitarbeiter werden virtuelle Anteile am Unternehmen zugeteilt, über die diesem das Recht eingeräumt wird, im Fall definierter Ausübungsereignisse (üblicherweise dem Exit – sei es in Form des Unternehmensverkaufs oder einem Börsengang) einen Anteil vom Erlös ausgezahlt zu bekommen, der dem Anteil der "echten" Gesellschafter des Start-ups entspricht. Der Mitarbeiter wird so dem Gründer gleichgestellt und entsprechend incentiviert neben dem Gründer auf den gemeinsamen Exit hinzuarbeiten.

Für die Gesellschaft haben virtuelle Beteiligungsprogramme den großen Vorteil, dass den Begünstigten keine "echten" Gesellschafterrechte zustehen (z.B. Auskunftsrechte und Mitbestimmungsrechte) und die Gesellschafterstruktur durch diese rein schuldrechtlichen Abreden nicht verändert wird. Aber auch für den Begünstigten haben virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme einen großen Vorteil: Steuern sind für die Gewährung der virtuellen Anteile erst dann zu zahlen, wenn es zu einem Zufluss kommt, d.h. tatsächlich Zahlungen vorgenommen oder Anteile am Unternehmen übertragen werden.

Ein großer Nachteil besteht darin, dass für die Berechnung der Lohn- bzw. Einkommensteuer und der Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls auf den Zeitpunkt des Zuflusses abgestellt wird. Sämtliche Wertsteigerungen in der Zeit vor Zufluss unterliegen damit der Lohn- bzw. Einkommensteuer (mit dem persönlichen Steuersatz in Höhe von bis zu 47,5 Prozent) und es sind ggf. auch zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Gerade bei Start-ups, bei denen ein rasanter Anstieg des Unternehmenswerts erwartet wird, führt dies zu einer hohen Belastung mit Lohn- bzw. Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, die die Mitarbeiterbeteiligung im Einzelfall unattraktiv werden lässt. Denn für den Mitarbeiter bleibt es so eine Unbekannte, ob er ggf. den größten Teil der angedachten Incentivierung an den Staat abführen darf.

Beispiel: Der Mitarbeiter erhält im ersten Jahr 100 Anteile, die einen Marktwert von EUR 200 haben. Die Haltefrist beträgt drei Jahre. Bei Ende der Haltefrist ist der Marktwert auf EUR 1.000 gestiegen.

Ergebnis: Der lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige geldwerte Vorteil beträgt EUR 1.000.

Vor diesem Hintergrund fragen einige unserer Mandanten die "klassischen", aufwändigeren Wege der Mitarbeiterbeteiligung bei uns an, im Rahmen derer dem Mitarbeiter direkt oder indirekt, über eine eigens hierzu gegründete Gesellschaft, von Anfang an "echte" Anteile am Start-up gewährt werden. Da es für die Bewertung des geldwerten Vorteils dann auf den Zeitpunkt der Übertragung der Anteile ankommt, sind in diesen Fällen sowohl Lohn- und Einkommensteuer als auch die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend niedriger. Die nachfolgende, bis zum Verkauf durch den Mitarbeiter entstehende Wertsteigerung des Start-ups unterliegt dann nur noch der Abgeltungsteuer in Höhe von 26,375 Prozent.

Ergebnis im Beispiel: Der lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige geldwerte Vorteil beträgt EUR 100.

Ein Nachteil kann in diesem Fall aber sein, dass Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge bereits im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile entstehen und die entsprechenden Beträge vom Arbeitgeber einzubehalten oder ggf. sogar vom Mitarbeiter anzufordern sind. Hat der Mitarbeiter eine Haltefrist einzuhalten, bedeutet dies, dass er bereits Steuern zahlen muss, bevor er die erhaltenen Anteile zu Geld machen kann. Daher wird sich der Mitarbeiter so in diesem Fall wenig incentiviert fühlen.

Die Kunst ist es daher, diese "klassischen" Mitarbeiterbeteiligungsprogramme so zu konzipieren, dass für die Bewertung des geldwerten Vorteils auf einen frühestmöglichen Zeitpunkt (z.B. den Eintritt des Mitarbeiters in das Programm) und für den Zeitpunkt des Einbehalts von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen auf einen spätestmöglichen Zeitpunkt (z.B. Ende der Haltefrist) abgestellt werden kann.

Dies kann im Einzelfall in der Weise geschehen, dass Anteile am Unternehmen bei Eintritt in das Programm gegen ein verbilligtes Entgelt so übertragen werden, dass das Unternehmen die Anteile im Grundsatz auf den Mitarbeiter überträgt, jedoch sichergestellt ist, dass der Mitarbeiter über die Anteile während der Haltefrist nicht verfügen kann und auch nicht in sonstiger Weise aus ihnen profitiert.

Ergebnis im Beispiel: Der lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige geldwerte Vorteil beträgt EUR 100. Die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge sind aber erst nach Ablauf der Haltefrist zu entrichten, so dass der Mitarbeiter diese Steuern ggf. auch aus dem Verkauf der Anteile nach Ablauf der Haltefrist finanzieren kann.

Zu einem entsprechenden Programm haben wir Anfang des Jahres wieder mit Erfolg beraten. Gerne stehen wir Ihnen daher bei Fragen zu diesem Thema zur Verfügung.


Jan Mohrmann
(Rechtsanwalt, Steuerberater)

Christian Kalusa
(Rechtsanwalt)