BLOG -


(Mobil-)Arbeit im Ausland – Herausforderungen und (digitale) Lösungen für Unternehmen

„Digitalisierung der Arbeitswelt“ – ein Stichwort, das in der letzten Zeit so häufig gefallen ist, dass es für kaum jemanden mehr neu klingt. Meistens werden damit digitale Arbeitsformen für Mitarbeiter verbunden, wie Home Office oder Mobilarbeit. Doch auch in anderen Bereichen zeigen sich neue digitale Lösungen.

Risiken bei Mobilarbeit im Ausland

Während vor nicht allzu langer Zeit Home Office und Mobilarbeit in vielen Branchen noch eher die Ausnahme waren, sind diese Arbeitsformen spätestens nach gut eineinhalb Jahren Pandemie Alltag geworden. Dank der geschaffenen technischen Voraussetzungen können Beschäftigte – soweit es ihre Tätigkeit zulässt – von überall aus arbeiten. Innerhalb kürzester Zeit ist es fast schon Standard geworden, dass Mitarbeiter (einen Teil) Ihrer Arbeit nicht nur von Zuhause, sondern von einem beliebigen Ort aus erledigen können. Eine Freiheit, die Mitarbeiter auch gerne nutzen und dabei bezüglich ihres Arbeitsortes immer kreativer werden. Nachdem die technischen Voraussetzungen geschaffen waren und sich die Arbeit im Home Office während der Pandemie weitgehend etabliert hatte, haben sich schnell die Fälle gehäuft, dass Mitarbeiter nicht nur in ihrem eigenen Zuhause, sondern auch im Ausland mobil arbeiten wollten oder dies bereits eigenmächtig getan haben. Die Gründe dafür sind vielfältig, sei es, dass Mitarbeiter nicht zusätzliche Urlaubstage verwenden wollten, um im Ausland bestehende Quarantänepflichten zu erfüllen, sei es, dass sie längere Zeit bei ihren Familien im Ausland verbringen oder einfach nur ihre Arbeit an schönen Orten im Süden erledigen wollten.

Dass aber auch eine nur kurzzeitige Tätigkeit der Mitarbeiter im Ausland Risiken für Arbeitgeber mit sich bringen kann, wissen die wenigsten und wird meistens übersehen. Dabei stellen sich auch bei Mobilarbeit im Ausland grundsätzlich die gleichen Themen wie bei Dienstreisen und Entsendungen von Mitarbeitern ins Ausland. Das wohl noch geläufigste Thema ist dabei die Beantragung und Mitführung einer A1-Bescheinigung für Auslandsreisen innerhalb der EU. Im Zusammenhang mit Mobilarbeit im Ausland wird aber häufig der Schluss gezogen, dass in diesem Fall eine A1-Bescheinigung nicht erforderlich sei, da sie – anders als bei Dienstreisen oder Entsendungen – in der Regel nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers erfolge.

Dazu haben sich der GKV Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) in einer Stellungnahme aber bereits im Juli 2021 klarstellend geäußert. So kann auch bei mobilem Arbeiten im Ausland eine Entsendung nach der hier relevanten europäischen Verordnung zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) 883/2004) vorliegen. Allein die Tatsache, dass die Tätigkeit im Ausland aufgrund der Initiative des Mitarbeiters erfolgt, schließt eine Entsendung im Sinne der Verordnung nicht aus, wenn die Kriterien der Entsendung erfüllt sind. Das wird bei Mobilarbeit im Ausland in der Regel der Fall sein. Neben einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit dem Unternehmen im Heimatland muss der Mitarbeiter für die Annahme einer Entsendung zwar auch weiterhin dem Direktionsrecht des deutschen Arbeitgebers unterliegen. Dies ist nach Rechtsauffassung des GKV Spitzenverbands im Fall von Mobilarbeit im Ausland aber bereits dann gegeben, wenn der Arbeitgeber mit der vorübergehenden Auslandstätigkeit einverstanden ist, er die Leistung des Mitarbeiters entgegennimmt und hierfür das Gehalt weiterzahlt. Es macht letztlich also keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber Mitarbeiter auf Auslandsdienstreisen schickt oder die Mitarbeiter auf eigenen Wunsch im Ausland (mobil) arbeiten.

Praxistipp:

Im Regelfall ist innerhalb der EU daher auch in diesen Konstellationen von freiwilliger mobiler Arbeit im Ausland die Beantragung einer A1-Bescheinigung gleichermaßen erforderlich.

Verschärfungen durch die Entsenderichtlinie

Darüber hinaus können sich bei Mobilarbeit im Ausland auch alle anderen Themen stellen, die typischerweise bei Auslandsdienstreisen zu beachten sind. In einzelnen Fällen kann hier nur das „Entdeckungsrisiko“ geringer sein, beispielsweise wenn der Mitarbeiter in einer Finca im Süden an seinem Laptop arbeitet, im Gegensatz dazu, dass er tatsächlich bei einem ausländischen Kunden oder „sichtbar“ auf dem ausländischen Markt tätig wird. Zu beachten sind hier jedenfalls auch die Regelungen aufgrund der Entsenderichtlinie, die sich mit der Reform der Richtlinie und deren Umsetzung in den Mitgliedstaaten im Juli 2020 noch einmal deutlich verschärft haben. Es müssen danach während der Zeit im Ausland für den Mitarbeiter gewisse (Mindest-)Arbeitsbedingungen des jeweiligen Landes eingehalten werden. In der Regel werden sich bei Mitarbeitern, die mobil im Ausland arbeiten, bezüglich des Arbeitsentgelts und der Urlaubsansprüche wohl keine Probleme ergeben. Allerdings sind auch die jeweils vor Ort geltenden Arbeitszeit- und Ruhezeitregelungen zu beachten, deren Einhaltung bzw. Nachweis auch von ausländischen Behörden kontrolliert werden kann. Die Schwierigkeit für Arbeitgeber dabei ist meist, dass sie die Regelungen der jeweiligen Länder kennen bzw. ermitteln müssen und deren Einhaltung während der Zeit im Ausland nachweisbar sicherstellen müssen.

Praxistipp:

Mitarbeiter, die im Ausland mobil arbeiten, sollten ihre Arbeitszeiten genau dokumentieren. Für etwaige Kontrollen sollten – neben der A1-Bescheinigung – auch weitere Nachweise über Arbeitsbedingungen (Arbeitsvertrag, Gehaltsnachweise) mitgeführt werden oder jedenfalls schnell zugänglich gemacht werden können.

Weitere zu beachtende Punkte bei Auslandsreisen von Mitarbeitern

Mit der Einhaltung der Arbeitsbedingungen hängen auch mögliche Meldepflichten zusammen, die mittlerweile von den meisten EU-Staaten für entsandte Mitarbeiter eingeführt wurden. Die Meldepflichten sind allerdings nicht EU-weit einheitlich geregelt und es ist auch nicht einheitlich geklärt, ob es Ausnahmen von diesen Meldepflichten für kurzzeitige Mobilarbeit gibt. Dies muss grundsätzlich für jedes Land einzeln geprüft werden. Während manche Länder keine Meldepflicht für Tätigkeiten von wenigen Tagen verlangen, lässt sich in vielen Ländern häufig nicht eindeutig klären, ob eine kurzzeitige (freiwillige) Mobilarbeit zu melden ist oder nicht. Ohne eine Klärung mit den Behörden vor Ort verbleibt daher stets das Risiko eines Verstoßes.
Auch gibt es bei Mobilarbeit im Ausland steuerrechtliche Themen zu beachten, insbesondere das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte im Ausland. Darüber hinaus können sich weitere Fragen ergeben, beispielsweise wenn Mitarbeiter für ihre Tätigkeit bestimmte Programme nutzen, deren vereinbarte Nutzungslizenzen aber möglicherweise auf bestimmte Gebiete oder Länder beschränkt sind. Auch aufenthaltsrechtliche Themen können sich stellen, zum einen für Drittstaatsangehörige, die auf Grundlage ihres deutschen Aufenthaltstitels vorübergehend in einem anderen Land tätig werden, aber auch bei deutschen Staatsangehörigen, die in Drittstaaten außerhalb der EU mobil arbeiten.

Herausforderungen in der Praxis

Die genannten Themen sind dabei nicht neu, sondern erscheinen nur in einem „neuen Gewand“. Auslandsreisen von Mitarbeitern waren für die Arbeitgeber schon immer komplex und mit einem hohen Aufwand bei Vorbereitung und Durchführung verbunden, vor allem wenn es viele Mitarbeiter im Unternehmen betrifft. Arbeitgeber müssen die Anforderungen in den einzelnen Ländern kennen und umsetzen. Die Ermittlung rechtlicher Vorgaben stellt sich in manchen Ländern dabei häufig schwierig dar. Hinzu kommt, dass Dienstreisen und Entsendungen ins Ausland häufig kurzfristig stattfinden sollen und Arbeitgeber auch den Überblick über die Auslandsreisen behalten müssen. Auch Mobilarbeit von Mitarbeitern im Ausland stellt die Unternehmen vor ähnlich große Herausforderungen. Viele Unternehmen wissen oft schon nicht mehr, ob der Mitarbeiter zuhause in Deutschland oder im Ausland für sie tätig wird. Der Verwaltungsaufwand ist hoch und häufig nur schwer administrativ abbildbar.

Erleichterung durch Legal Tech-Lösungen

Gerade hier zeigen sich weitere Vorteile der Digitalisierung in der Arbeitswelt. Auch bei juristischem Arbeiten ist die Digitalisierung längst angekommen, Legal Tech-Lösungen sind in aller Munde, sollen Arbeitsprozesse automatisieren und dadurch effizienter gestalten. Warum also neuen (digitalen) Herausforderungen nicht auch mit neuen digitalen Lösungen begegnen? Das Thema der Auslandsreisen von Mitarbeitern, die für Unternehmen einen hohen administrativen Aufwand bedeuten, bietet sich dabei wie kaum ein anderes für eine digitale Lösung an.

So gibt es seit vergangenem Herbst das Legal Tech-Produkt „BBGO“ (www.bb-go.de), das Unternehmen eine Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung von Dienstreisen und Entsendungen ins Ausland bietet. Damit können Auslandsreisen von Mitarbeitern übersichtlich verwaltet und organisiert werden. Nach Eingabe von Entsende-daten für einen konkreten Mitarbeiter durchläuft der Nutzer einen auf das Zielland zugeschnittenen Fragenkatalog und erhält danach eine Checkliste mit den für die Auslandsreise erforderlichen To Do's. Das Produkt wurde kürzlich auch mit dem renommierten PMN Award mit dem ersten Platz in der Kategorie „Legal Tech“ ausgezeichnet.

Fazit

Es bleibt spannend, wie sich die Digitalisierung in der Arbeitswelt künftig noch weiter entwickeln wird. Zwar stellt die Digitalisierung Unternehmen teilweise vor neue Herausforderungen, sie bringt aber gleichzeitig den Vorteil, dass neue digitale Lösungen die Arbeitsprozesse erheblich erleichtern können.

Dr. Martina Schlamp

TAGS

Arbeitsrecht mobiles Arbeiten Auslandsentsendung