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Gleiche Urlaubsabgeltung für alle – der EuGH stärkt Rechte von Leiharbeitnehmern

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seiner Vorabentscheidung vom 12. Mai 2022 (C - 426/20) über den Fall zweier Leiharbeitnehmer in Portugal entschieden. Sie waren auf Basis von Leiharbeitsverträgen für zwei Jahre einem entleihenden Unternehmen überlassen. Mit Beendigung der Leihe standen den Mitarbeitern noch bezahlter Urlaub sowie Urlaubsgeld hierfür zu. Das entleihende Unternehmen und die Arbeitnehmer stritten sich darum, was für die Abgeltung maßgeblich sei: Eine Spezialregelung für Leiharbeitnehmer, wonach diese in der konkreten Konstellation Anspruch auf weniger bezahlten Urlaub und ein geringeres Urlaubsgeld haben oder die allgemeine gesetzliche Urlaubsregelung für Arbeitnehmer in Portugal, wonach sich Ansprüche in derselben Höhe wie für originär beim entleihenden Unternehmen Beschäftigte ergäben.

Während nach der Spezialregelung für Leiharbeitnehmer der Urlaubsanspruch und das Urlaubsgeld anteilig im Verhältnis zur Vertragslaufzeit zu berechnen sind, sieht die allgemeine Urlaubsregelung einen vollständigen Jahresurlaubsanspruch für jedes mit dem Kalenderjahr begonnene Arbeitsjahr sowie zusätzlich eine zeitanteilige Zurechnung von Urlaubsansprüchen für unterjährig begonnene und beendete Arbeitsverhältnisse vor. Das entleihende Unternehmen stellte sich auf den Standpunkt, dass für die Leiharbeitnehmer die Spezialregelung Anwendung findet und wollte entsprechend nur den geringeren Urlaub abgelten und hierfür Urlaubsgeld leisten. Dem EuGH wurde daher vom nationalen Gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Spezialregelung für Leiharbeitnehmer gegen die Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (RL 2008/14/EG) verstoße.

Der EuGH stellte fest, dass der in Art. 5 RL 2008/14/EG statuierte Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer mindestens denen der unmittelbar im Unternehmen Eingestellten entsprechen müssen, auch die Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub und das entsprechende Urlaubsgeld umfasse. Entsprechend stehe eine nationale Regelung, wonach die Abgeltung hierfür geringer sei als diejenige, die sie als unmittelbar Eingestellte erhalten hätten, der RL 2008/14/EG entgegen.

Dies dürfte auch für Leiharbeitnehmer in Deutschland relevant sein. Gemäß § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) wird überschüssiger Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten, sofern er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden konnte. Hierbei sowie bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG wird vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH die Gleichbehandlung zu berücksichtigen sein. Leiharbeitnehmer sind mindestens so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie im Zeitraum der Beschäftigung beim entleihenden Unternehmen unmittelbar eingestellt gewesen wären.

Julia Meler

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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Leiharbeitnehmer Leiharbeitsverhältnis Leiharbeitsrichtlinie Urlaubsanspruch

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