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Die gute oder die schlechte Nachricht zuerst? – Hinweis auf Klagefrist des § 4 KSchG

„Die gute oder die schlechte Nachricht zuerst?“ – wer kennt das nicht. Unabhängig von der Reihenfolge bleibt die schlechte Nachricht eine schlechte Nachricht und die gute Nachricht eine gute Nachricht. Doch wie entscheiden Sie sich, wenn Sie nach der Reihenfolge der guten und schlechten Nachricht gefragt werden? Mein Blog hat eine gute und eine schlechte Nachricht zur Klagefrist nach § 4 KSchG. Die Reihenfolge entscheide ich: erst die schlechte Nachricht, dann die gute Nachricht. Ich möchte damit bewirken, dass sich der Leser am Ende gut fühlt, deshalb die schlechte Nachricht zuerst.

Liebe Leserin, lieber Leser,

mein Blog beschäftigt sich heute mit dem Beginn des Kündigungsschutzprozesses, der Anrufung des Arbeitsgerichts innerhalb der gesetzlichen Frist.

Anrufung des Arbeitsgerichts gemäß § 4 KSchG

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber gekündigt wird und die gegen die Kündigung aus Unwirksamkeitsgründen vorgehen wollen, müssen Kündigungsschutzklage erheben. Gemäß § 4 Satz 1 KSchG müssen Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Wird die Klage verspätet, d.h. nach Ablauf von drei Wochen seit Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht, ist die Klage gemäß § 7 KSchG als unbegründet abzuweisen.

Ausnahmsweise kann die Klage auch nach Ablauf von drei Wochen zugelassen werden, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass er trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kündigung in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers wirft und der Arbeitnehmer mehrere Wochen im Urlaub ist.

Die schlechte Nachricht zuerst: § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG

Der Arbeitgeber hat gemäß des Nachweisgesetzes die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In dieser Niederschrift muss auch ein Hinweis auf die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG enthalten sein. Häufig wird eine Formulierung wie folgt verwendet:

„Sofern der Mitarbeiter geltend machen will, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt und aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, muss sie innerhalb der nach dem Kündigungsschutzgesetz festgelegten Frist, derzeit drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung, Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 4 KSchG). Anderenfalls wird die Klage als unbegründet abgewiesen (§ 7 KSchG).“

Vor Änderung des Nachweisgesetzes im August 2022 war dieser Hinweis in nahezu allen Arbeitsverträgen nicht enthalten. Dies ist damit die schlechte Nachricht, dass dieser Hinweis seit August 2022 in den Arbeitsverträgen oder in einem sonstigen Nachweis nach dem Nachweisgesetz enthalten sein muss.

Jetzt die gute Nachricht: Keine Unwirksamkeit der Kündigung

U.a. im Zusammenhang mit der Änderung des Nachweisgesetzes im August 2022 wurden die Folgen eines Verstoßes gegen das Nachweisgesetz heiß diskutiert. Unstreitig können Verstöße mit Bußgeld gemäß § 4 NachwG geahndet werden. Soweit Verstöße gegen die Nachweispflicht zu einem Schaden beim Arbeitnehmer führen, können auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Insbesondere wurde aber diskutiert, ob die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses allein aus dem Grund unwirksam sein kann, wenn der Arbeitnehmer nicht in der vom Nachweisgesetz vorgeschriebenen Form über die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts gemäß § 4 KSchG unterrichtet wurde.

Jetzt kommt die gute Nachricht: Das LAG Hamm hat im Urteil vom 10.03.2022 (18 Sa 1449/21) zum fehlenden Hinweis auf die Klagefrist des § 4 KSchG festgestellt, dass jedenfalls ein fehlender Hinweis auf die Klagefrist nach § 4 KSchG im Arbeitsvertrag oder in der Kündigung nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung als „Vorwirkung“ der Arbeitsbedingungen-Richtlinie (2019/1152/EEU) oder einer richtlinienkonformen Auslegung gestützt werden kann. Zur Verdeutlichung: Es ging um einen Fall vor Inkrafttreten der Änderungen des Nachweisgesetzes. Das Nachweisgesetz wurde aufgrund der EU-Richtlinie geändert. Zumindest vor Inkrafttreten des Nachweisgesetzes führt ein fehlender Hinweis auf § 4 KSchG nicht aus diesem Grund zur Unwirksamkeit der Kündigung. In der Literatur wird überwiegend vertreten, dass auch nach Inkrafttreten der Änderungen des Nachweisgesetzes ein fehlender oder unzureichender Hinweis auf § 4 KSchG aus diesem Grund allein nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

Freuen wir uns an der guten Nachricht.

Ihr Dr. Erik Schmid

Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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Kündigung Kündigungsschutzgesetz Nachweisgesetz

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