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Abgeltungsklausel im gerichtlichen Vergleich kann Zahlungsansprüche zur Abgeltung von Resturlaub verhindern

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 9. Juni 2021 – 3 Sa 82/21

Mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Wird nach diesem Zeitpunkt ein gerichtlicher Vergleich mit einer Abgeltungsklausel abgeschlossen, so erfasst diese Klausel regelmäßig auch etwaige Zahlungsansprüche auf Urlaubsabgeltung. Eine ebenfalls vereinbarte ordnungsgemäße Abrechnung des Bruttomonatsgehalts steht dem nicht entgegen.

Sachverhalt

Ein Mitarbeiter klagte nach einem durch gerichtlichen Vergleich beendeten Kündigungsschutzverfahren auf Zahlung (unstreitig bestehender) Urlaubsabgeltungsansprüche. Dem Kläger war im Mai 2020 eine Kündigung zum Ende des Monats Juni 2020 ausgesprochen worden. In der im Juli 2020 stattfindenden Güteverhandlung hatten sich die Parteien darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis – entsprechend des Kündigungsdatums – Ende Juni 2020 beendet worden sei. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien, dass mit Erfüllung des Vergleichs „alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“, erledigt sind (sog. Abgeltungsklausel). Zudem wurde vereinbart, dass für den Monat Juni 2020 eine ordnungsgemäße Abrechnung und Auszahlung des monatlichen Bruttogehalts zu erfolgen habe. Regelungen zum Urlaub wurden nicht getroffen. Der Mitarbeiter vertrat deshalb die Ansicht, ihm stünde aufgrund nicht mehr genommener Urlaubstage ein Zahlungsanspruch auf Urlaubsabgeltung zu, denn die Urlaubsabgeltung sei Teil der Vergütung. Die Arbeitgeberin lehnte eine Zahlung unter Verweis auf die Abgeltungsklausel ab.

Die Entscheidung

Das LAG Schleswig-Holstein hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche, die im Zeitpunkt der Einigung über einen Vergleich bereits entstanden sind, regelmäßig von einer vereinbarten Abgeltungsklausel umfasst sind. Es folgte dabei der Argumentation der Arbeitgeberin. Der Urlaubsanspruch wandele sich mit der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Abgeltungs- und damit in einen Zahlungsanspruch um, da die Möglichkeit der Urlaubsgewährung mit diesem Zeitpunkt erlösche. Da der Zahlungsanspruch hier bereits vor Vergleichsabschluss entstanden sei, werde dieser auch von der weit auszulegenden Abgeltungsklausel umfasst.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil verdient Zustimmung. Es schafft Rechtssicherheit für eine in der Praxis häufig anzutreffende Konstellation, bei der sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt verständigt haben und noch offene Urlaubsansprüche im Raum standen. Im Sinne der abschließenden Bereinigung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber darauf vertrauen, dass eine Abgeltungsklausel auch etwaige – bereits entstandene – Urlaubsabgeltungsansprüche erfasst. Zu begrüßen ist auch der klarstellende Hinweis des LAG Schleswig-Holstein, dass Urlaubsabgeltungsansprüche schon ihrer Natur nach kein Teil des Bruttogehalts sein können und damit auch nicht von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung erfasst werden.

Praxistipp

Im Allgemeinen sollte bei Abschluss eines Vergleichs stets genau darauf geachtet werden, ob das vereinbarte Beendigungsdatum in der Vergangenheit oder Zukunft liegt. Ist letzteres der Fall, so ist mit Blick auf die ggf. noch entstehenden Urlaubsabgeltungsansprüche Vorsicht geboten. Denn nach Ansicht der Rechtsprechung erfasst eine Abgeltungsklausel solche zukünftigen Ansprüche in der Regel nicht (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 28. April 2015 - 8 Sa 580/14). In dieser Konstellation sollten Arbeitgeber sich eines Tatsachenvergleichs bedienen und vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub vollständig in natura erhalten hat.

Jonas Türkis

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Arbeitsrecht Urlaubsvergütung Resturlaub Abgeltungsklausel