„Mit sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an
Mit sechsundsechzig Jahren, da hat man Spaß daran
Mit sechsundsechzig Jahren, da kommt man erst in Schuss
Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss“ singt Udo Jürgens in seinem 1977 veröffentlichten Hit. Das Lied handelt davon, dass im Renteneintrittsalter das Leben weitergeht und eben nicht vorbei ist. Udo Jürgens singt in seinem Lied von Motorradfahren, Gitarre spielen, Band gründen, Disco gehen oder nach San Franzisko trampen. Wie ich das Lied verstehe, ist das rechtliche Problem der rechtmäßigen Beschäftigung von Rentnern nicht angesprochen.
die Beschäftigung von Rentnern nimmt kontinuierlich zu. Jetzt hat auch die Bundesregierung reagiert und den Song von Udo Jürgens ernst genommen. Im Haushaltsentwurf für 2025 ist in der Wachstumsinitiative auch eine Maßnahme zur Vereinfachung der Beschäftigung von Rentnern enthalten. Also doch: „Mit 66 Jahren…“
Aus arbeitsrechtlicher Sicht macht es zunächst keinen Unterschied, ob ein Arbeitsvertrag mit einem Rentner oder mit einem „Nicht-Rentner“ abgeschlossen wird. Es gelten die gleichen Regelungen und Schutzrechte. Besonderheiten bestehen bei der Beschäftigung von Rentnern jedoch hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsvertrags. In der Regel wird mit Rentnern kein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, da dieser nicht wie üblich mit dem Eintritt in die Rente, sondern durch Tod enden würde. Es gibt folgende Gestaltungsmöglichkeiten:
(Unbefristete) Arbeitsverhältnisse enden regelmäßig mit Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn dies in Arbeitsverträgen vereinbart ist. Ein zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehendes Arbeitsverhältnis kann jedoch über den Renteneintritt hinaus verlängert werden, gemäß § 41 Satz 3 SGB VI. Dabei ist auch das mehrfache Hinausschieben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze zulässig. Bei einer solchen Verlängerung muss es jedoch im Übrigen bei unveränderten Arbeitsverhältnissen bleiben. Das ist ein Nachteil, da in der Praxis oftmals eine Reduzierung der Arbeitszeit gewünscht ist. Das muss dann in zeitlich voneinander getrennten Schritten erfolgen.
Es ist dringend davon abzuraten, Arbeitnehmer nach Erreichen der Altersgrenze ohne schriftliche Vereinbarung weiter arbeiten zu lassen. Die Altersgrenze ist auch eine Befristung, die – wie bei anderen Befristungen auch – bei Weiterarbeit ohne sonstige Regelung über den Befristungszeitpunkt hinaus unverzüglich in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mündet.
Die Befristung eines Rentner-Arbeitsverhältnisses kann auf alle Sachgrundbefristungen gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt werden. Bei der Befristung mit Sachgrund kommt es auch nicht darauf an, ob zuvor ein Arbeitsverhältnis bestand oder nicht. Insbesondere kann bei der Beschäftigung eines Rentners der Sachgrund der Vertretung eines anderen Mitarbeiters, z.B. während einer längeren Krankheit oder während der Elternzeit (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) in Betracht kommen. Ein Sachgrund läge auch vor, wenn die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG) oder wenn es dem Wunsch des Rentners entspricht und er keinen unbefristeten Arbeitsvertrag akzeptieren würde (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG). Ein Sachgrund, der auf den Fall einer Rentner-Beschäftigung ausdrücklich vorsieht, existiert jedoch nicht.
Ein Rentner-Arbeitsverhältnis kann sachgrundlos befristet werden. Voraussetzung einer sachgrundlosen Befristung ist, dass zuvor, und damit ist jemals zuvor gemeint, nicht bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war, die sachgrundlose Befristung maximal zwei Jahre dauert und in diesem Zeitraum höchstens drei Mal verlängert wird. Die sachgrundlose Befristung ist wie alle Befristungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich zu vereinbaren. Damit ist das Instrument der sachgrundlosen Befristung für den häufigen Fall in der Praxis nicht geeignet, dass ein Arbeitnehmer beim Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit auch nach dem Renteneintritt weiterbeschäftigt wird. Nach dem Haushaltsentwurf für 2025 sollen sich die Voraussetzungen für eine befristete Rentner-Beschäftigung vereinfachen: Es soll eine Ausnahmeregelung geben, im Falle einer arbeitsvertraglichen Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze. Für diese Rentner soll das Vorbeschäftigungsverbots eingeschränkt werden. Das Vorbeschäftigungsverbot (§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG) ist die Unzulässigkeit der sachgrundlosen Befristung, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Vorbeschäftigungsverbot soll nicht gelten, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente hat und die sachgrundlose Befristung die Gesamtdauer von acht Jahren oder die Anzahl von zwölf Vertragsbefristungen nicht übersteigt.
Für ältere Arbeitnehmer existiert bereits die Ausnahmeregelung des § 14 Abs. 3 TzBfG. Danach können Arbeitsverhältnisse für maximal fünf Jahre ohne sachlichen Grund befristet werden, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und mindestens vier Monate beschäftigungslos war. § 14 Abs. 3 TzBfG betrifft jedoch nicht den typischen Fall einer Rentner-Beschäftigung, sondern greift allenfalls bei Frührentnern. Rentner sind regelmäßig zwar älter als 52 Jahre. Regelmäßig wird bei Rentnern aber die weitere Voraussetzung der viermonatigen Beschäftigungslosigkeit nicht vorliegen, da Rentner dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, was jedoch Voraussetzung für die Beschäftigungslosigkeit ist.
Unabhängig von einem Arbeitsverhältnis könnte der Rentner auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses beschäftigt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass kein Arbeitsverhältnis „gelebt“ wird und keine „Scheinselbständigkeit“ vorliegt.
Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße aus München
Ihr Dr. Erik Schmid
Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.Rehm-Verlag.de) erschienen.