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    16.07.2024

    Keine Anpassung der Gewerbemiete wegen wirtschaftlichen Umsatzeinbußen durch den Ukraine-Krieg


    Mietrecht. Ein Mieter ist nicht zur Anpassung der Gewerbemiete aufgrund von Umsatzeinbußen, die durch die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs verursacht worden sind, berechtigt.

    LG Köln, Urteil vom 16.04.2024 -Az.14 O 89/23

    Der Fall

    Die Mieterin von Gewerbeflächen bat ihre Vermieterin um die Anpassung der Mietvertragskonditionen aufgrund der außergewöhnlichen Umstände des Ukraine-Kriegs. Die Anpassung begründete die Mieterin insbesondere mit dem Anstieg der Rohstoffpreise und Energiekosten und der damit einhergehenden Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Bäckereibranche. Nachdem die Vermieterin eine Anpassung des Mietvertrags ablehnte, kündigte die Mieterin die Reduzierung der Miete an und zahlte die Monatsmiete in den Folgemonaten lediglich in hälftiger Höhe. Die Vermieterin verlangte daraufhin die Zahlung der rückständigen Mieten. Sie vertrat die Ansicht, der beklagten Mieterin stehe kein Anspruch auf Anpassung des Mietvertrags zu, da ein Kausalzusammenhang zwischen dem Ukraine-Krieg und dem Umsatzrückgang der Mieterin nicht erkennbar sei. Die Mieterin stütze die Anpassung der Miete zudem auf einen von ihr vor Abschluss des Mietvertrags erstellten Businessplan, der Teil der Geschäftsgrundlage geworden sei. Dieser enthielt insgesamt eine positive Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung des Geschäfts der Mieterin. Die Vermieterin hingegen bestritt ihre Mitwirkung an dem Businessplan. Das Risiko zur Erreichung ihrer geschäftlichen Ziele trage die Mieterin allein.

    Die Folgen

    Das Gericht gab der Vermieterin Recht. Die Mieterin habe keinen Anspruch auf Anpassung der Miete. Die Folgen des Ukraine-Kriegs seien zwar auch in Deutschland spürbar, von der Störung der Geschäftsgrundlage seien solche Folgen aber nicht umfasst. Das Gericht ließ dabei offen, ob der Businessplan der Mieterin Geschäftsgrundlage geworden ist. Sofern die positive Entwicklung der Geschäfte der Mieterin jedoch Geschäftsgrundlage gewesen sein sollte, so hätte es nach Ansicht des Gerichts nahegelegen, eine daran geknüpfte dynamische Miethöhe zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung enthielt der Mietvertrag aber nicht. Die Anpassung eines Mietvertrags könne nur verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei könne eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das Gericht ließ in seine Abwägung insbesondere einfließen, dass die Mieterin über die Mietflächen frei verfügen und ihren Geschäften ohne jegliche Einschränkungen faktischer Art nachgehen konnte. Im Ergebnis komme die Anpassung schon deshalb nicht in Betracht, da der Inhalt des Mietvertrags durch die Kriegsfolgen schlichtweg nicht wesentlich beeinträchtigt wäre. Das Gericht betonte, dass ein Mieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt. Dazu gehöre bei der gewerblichen Miete vor allem die Chance, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Erfülle sich die Gewinnerwartung eines Mieters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstands nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Ein Vermieter ist dem Gericht zufolge nicht am geschäftlichen Misserfolg der Mieter zu beteiligen.

    Was ist zu tun?

    Die Entscheidung ist für alle Mietvertragsparteien von Gewerbeflächen von hoher Relevanz. Sie zeigt auf, dass wirtschaftliche Umsatzeinbußen infolge des Ukraine-Kriegs nicht automatisch einen Anspruch des Mieters auf Mietanpassung begründen. In jüngster Zeit hat die Rechtsprechung zwar in Fällen, in denen es zu pandemiebedingten Schließungen von Einzelhandelsgeschäften kam, entschieden, dass eine Anpassung der Miete nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage im Einzelfall möglich ist. Der vorliegende Fall unterschied sich jedoch von den Entscheidungen über die pandemiebedingten Geschäftsschließungen insofern als dass die Geschäftsschließungen während der Covid-19-Pandemie auf hoheitliche Maßnahmen zurückzuführen waren. Da die Mieterin vorliegend jederzeit die Möglichkeit zur vollen und einschränkungslosen Nutzung der angemieteten Gewerbefläche hatte, lässt sich die Rechtsprechung zu pandemiebedingten Schließungen von Betrieben nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Das Gericht stellte dabei nicht in Abrede, dass sich die Folgen des Ukraine-Kriegs auch in der deutschen Wirtschaft spürbar seien. Die möglichen wirtschaftlichen Folgen aufgrund des Ukraine-Kriegs fallen nach Ansicht des Gerichts aber in den unternehmerischen Risikobereich des Mieters. Die Rechtsprechung dürfte sich dabei nicht nur auf den Ukraine-krieg beziehen, sondern kann auch auf andere Krisen und Konflikte übertragen werden. Das Urteil macht einmal mehr deutlich, dass die rechtliche Bewertung von Anpassungen der Miete komplex ist und einer genauen Betrachtung der Umstände des Einzelfalls bedarf.

    Sabrina Brück

    Der Text ist in einer gekürzten Fassung erstmals in der Immobilien Zeitung erschienen.

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