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    12.07.2024

    EU-Entgelttransparenz-Richtlinie: Handlungsbedarf bei Entgeltsystemen – jetzt!


    Am 6. Juni 2023 ist die EU-Entgelttransparenzrichtlinie der Europäischen Union (Richtlinie [EU] 2023/970 – EntgTranspRL) in Kraft getreten, die bis spätestens 7. Juni 2026 in nationales Recht transformiert werden muss.

    Doch Obacht: Eine Umsetzung ist noch in dieser Legislaturperiode geplant. Auszugehen ist von einer umfangreichen Änderung oder gar Neufassung des seit 2017 geltenden Entgelttransparenzgesetzes.

    Stärkung der Entgelttransparenz

    Die EU-Richtlinie enthält im Wesentlichen Transparenz- sowie Durchsetzungsinstrumente, um dem Gebot der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern zu besserer Geltung zu verhelfen. Neben Informationsverpflichtungen gegenüber Bewerbern, erweiterten Informations- und Auskunftsrechten, Berichts- und daraus etwaig resultierenden gemeinsamen Entgeltbewertungspflichten regelt die Richtlinie vor allem auch Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche, eine Beweislastumkehr, die § 22 AGG bereits jetzt als nationales Recht enthält, sowie Sanktionen bei Verstößen gegen Rechte und Pflichten. Anders als nach der derzeit geltenden Rechtslage drohen künftig empfindliche Geldbußen. Nach dem Erwägungsgrund 55 der Richtlinie können diese auf dem Bruttojahresumsatz des Arbeitgebers oder der Gesamtentgeltsumme des Arbeitgebers beruhen.

    "Äpfel und Birnen" – Vergleichbarkeit

    Entgeltsysteme müssen verständlich sein und auf objektiven, geschlechtsunabhängigen Kriterien beruhen. Vergütungsstrukturen sind so zu gestalten, dass die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gewährleistet wird. Dies bedeutet nicht, dass es keinerlei Entgeltunterschiede geben darf. Weiterhin gilt, dass "Äpfel nicht mit Birnen" verglichen werden können. Personen müssen miteinander vergleichbar sein. Die Bestimmung gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist häufig nicht klar. In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten, ob die Angemessenheitsvermutung bei Tarifverträgen nach § 4 Abs. 5 EntgTranspG, deren Anwendung auch für Betriebsvereinbarungen vertreten wird, auch künftig gilt. Streitet momentan die Eingruppierung in unterschiedliche Entgeltgruppen gegen eine Gleichwertigkeit der Tätigkeit, so wird dies unter Geltung der Entgelttransparenzrichtlinie für europarechtswidrig gehalten. Auch hier bleibt abzuwarten, wie der Bundesgesetzgeber die Eingruppierung in kollektivrechtliche Entgeltsysteme bewerten und dies regeln wird.

    Ist eine Vergleichbarkeit zu bejahen, so kann ein sachlicher und diskriminierungsfreier Grund dennoch unterschiedliche Entgelthöhen rechtfertigen. Die Begründung sollte in diesem Fall sorgfältig vorbereitet und dokumentiert werden.

    Transparenz im Bewerbungsverfahren

    Bewerber müssen künftig über das stellenbezogene Einstiegsentgelt oder dessen Spanne sowie über für die Stelle einschlägige Tarifbestimmungen informiert werden (Art. 5 Abs. 1 S. 1 EntgTranspRL), damit sie fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt führen können.
    Die bisher im Bewerbungsgespräch übliche Frage nach der bisherigen Gehaltsentwicklung des Bewerbers wird nicht mehr zulässig sein (Art. 5 Abs. 2 EntgTranspRL); Gespräche über die Gehaltsvorstellungen bleiben möglich.

    Transparenz im laufenden Arbeitsverhältnis

    Alle Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer unaufgefordert und in leicht zugänglicher Weise über alle Kriterien für die Festlegung des Entgelts, der Entgelthöhen und der Entgeltentwicklung informieren (Art. 6 EntgTranspRL). Die Mitgliedstaaten können Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern von dieser Verpflichtung befreien (Art. 6 Abs. 2 EntgTranspRL). Inwiefern der deutsche Gesetzgeber hiervon Gebrauch machen wird, ist noch nicht abzusehen.

    Das auch bereits nach geltender Rechtslage bestehende Auskunftsrecht wird durch Art. 7 EntgTranspRL erweitert. Künftig ist die Anzahl der beim Arbeitgeber Beschäftigten für die Auskunftsverpflichtung unerheblich. Inhaltlich ist das Auskunftsrecht nicht mehr allein auf die Mitteilung des statistischen Medians gerichtet, sondern auf das durchschnittliche Entgelt des anderen, aber auch des eigenen Geschlechts. Auf die Größe der Vergleichsgruppe kommt es nach der Richtlinie entgegen dem aktuell geltenden § 12 Abs. 3 S. 2 EntgTranspG ebenfalls nicht an.

    Über dieses Auskunftsrecht sowie den Prozess der Auskunftserteilung müssen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer künftig jährlich aktiv informieren. Angesichts des Geheimhaltungsinteresses des Unternehmens können Arbeitgeber verlangen, dass die zum Vergleichsentgelt erhaltenen Informationen nur zur Ausübung ihres Rechts auf gleiches Entgelt verwendet werden.

    Arbeitgeber mit mindestens 100 Arbeitnehmern müssen zukünftig regelmäßig über das Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berichten (Art. 9 EntgTranspRL). Wie genau die Berichterstattung hierüber ablaufen wird, bleibt der nationalen Umsetzung vorbehalten.

    Fazit

    Die zu erwartenden Neuregelungen auf nationaler Ebene dürften bei einer Vielzahl von Arbeitgebern zu grundlegenden Veränderungen im Umgang mit der Entgeltfindung führen. Dies sollten Unternehmen nicht "auf die lange Bank" schieben. Andernfalls droht aus dem Handlungsbedarf ein erheblicher Handlungsdruck zu werden. Hierbei ist auch die Zeitschiene zu berücksichtigen, die bei Einbeziehung von Tarifpartnern oder Betriebsräten zu erwarten ist. Arbeitgeber sollten sich bereits jetzt mit den zu erwartenden Neuerungen befassen und die angewendeten Entgeltsstrukturen und -regeln einschließlich der Entgeltfindung analysieren und bei Bedarf anpassen.

    Sebastian Kroll

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