Während das Land noch diskutiert, ob die Entscheidung von Schiedsrichter Taylor richtig war, Deutschland den Hand-Elfmeter zu verweigern, machen wir uns dazu ganz unaufgeregt ein paar Gedanken aus Sicht des EU-Datenrechts.
Wer die Spiele Deutschland gegen Dänemark und Deutschland gegen Spanien verfolgt hat, hat nicht nur Visualisierungen von Abseitssituationen erlebt, sondern auch gelernt: so ein Fußball hat heutzutage mehr Intus als heiße Luft, nämlich einen Sensor. Dieser misst in hoher Frequenz die exakte Position des Balls und kann so auch erkennen, wann der Ball berührt wird – wichtig für die Frage, ob der Ball die Hand eines Spielers berührt hat oder in welchem Moment er die Fußspitze berührt hat, was für die Beurteilung von Abseitssituationen wichtig sein kann. Informationen also, die den Videoschiedsrichtern zur Verfügung gestellt werden.
Damit wird es sich bei dem Ball um ein so genanntes vernetztes Produkt im Sinne des EU-Datengesetzes (auch bekannt als Data Act) handeln, die zugehörige Software könnte ein verbundener Dienst sein. Wenn der Data Act im September 2025 in Kraft tritt, wird sich auch für unseren Ball einiges ändern.
Vernetzte Produkte und damit verbundene Dienste müssen dann nämlich ermöglichen, dass die von ihnen erhobenen Daten für den Nutzer in einem gängigen und maschinenlesbaren Format zugänglich sind – nach Möglichkeit direkt. Soweit kein solcher Direktzugriff möglich, müssen dem Nutzer die Daten auf Anfrage übermittelt werden.
Kann also künftig jeder Kicker als "Nutzer" des Fußballs ein Kabel in das Leder stecken, um die Daten zu extrahieren? Eher nicht: „Nutzer“ wird im Data Act definiert als eine natürliche oder juristische Person, die ein vernetztes Produkt besitzt oder der vertraglich zeitweilige Rechte für die Nutzung des vernetzten Produkts übertragen wurden. Ob ein kurzzeitiger Ballbesitz hierfür ausreicht, ist sehr fraglich – Nutzer dürfte aber die UEFA sein (oder bei Weltmeisterschaften die FIFA).
In dem Verhältnis zwischen der UEFA und adidas als Hersteller des offiziellen Balls "FUSSBALLLIEBE" wird wohl ohnehin vertraglich geregelt sein, dass die Daten an die UEFA gehen. Spätestens bei der nächsten EM oder WM ist dann aber von Gesetzes wegen definiert, dass adidas im Grundsatz wirklich alle Daten herausgeben muss, die der Ball – wie auch immer er dann heißen wird – erhebt. Die – in anderen Bereichen nicht ganz einfache – Frage der Rechte der Spieler dürfte hier kaum eine Rolle spielen, allenfalls könnte adidas einen (sehr begrenzten) Schutz für Geschäftsgeheimnisse in Anspruch nehmen.
Spätesten dann, wenn UEFA oder FIFA Schiri Taylor durch eine automatisierte Entscheidungsfindung ersetzen wollte, käme aber das Datenschutzrecht ins Spiel: dieses schränkt die automatisierte Entscheidungsfindung im Einzelfall stark ein.
Was der Data Act für andere Unternehmern bedeutet, lesen Sie in unseren weiteren Blogbeiträgen:
Das EU-Datengesetz (Data Act): Relevanz für Unternehmen – Internet der Dinge und darüber hinaus | Advant Beiten (advant-beiten.com)
Cloud-, SaaS- und Edge-Geschäftsmodelle unter Feuer | Advant Beiten (advant-beiten.com)