In Deutschland findet derzeit die Fußballeuropameisterschaft statt. Im Achtelfinale der "EURO 2024" zwischen der Türkei und Österreich zeigte der türkische Nationalspieler Merih Demiral nach seinem Tor zum 2:0 den sogenannten Wolfsgruß mit beiden Händen. Dazu veröffentlichte er in den Sozialen Medien ein Bild mit seinem Torjubel und dem "Wolfsgruß". Der Wolfsgruß ist ein Handzeichen und Symbol der türkischen rechtsextremen Organisation "Graue Wölfe". Die Organisation steht unter der Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Organisation und Handzeichen sind in Deutschland jedoch nicht verboten. Die UEFA hat den türkischen Nationalspieler Merih Demiral für zwei Spiele gesperrt.
Die UEFA ist nicht der Arbeitgeber des Fußballers Demiral. Die Europameisterschaft folgt auch eigenen Regelungen, denen sich die Verbände, Nationalmannschaften und Spieler unterworfen haben. Doch wie sind solche Handlungen und Äußerungen in einem Arbeitsverhältnis zu bewerten? Das Grölen eines rechtsradikalen Liedes auf einer Party auf Sylt, Antisemitische Äußerungen von Studierenden an Unis und rechtsradikale Hetze in den Sozialen Medien zeigen beispielhaft, dass es ich um ein aktuelles Thema handelt. Wie ist arbeitsrechtlich damit umzugehen?
Grundsätzlich ist ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit und/oder am Arbeitsplatz dazu geeignet eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Politische Äußerungen können einerseits von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Äußerungen und Handlungen mit rechtsradikalem oder antisemitischem Inhalt können andererseits eine Straftat, z.B. eine Beleidigung darstellen. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch ohne Verwirklichung eines Straftatbestands in Betracht kommen, wenn das Verhalten zu einer Störung des Betriebsfriedens führt. Eine solche Störung stellt eine Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar und liegt vor, wenn durch eine provozierende politische Meinungsäußerung, durch die sich andere Arbeitnehmer belästigt fühlen und dadurch der Betriebsfrieden oder des Betriebsklimas konkret gestört wird oder die Erfüllung der Arbeitspflicht dadurch beeinträchtigt wird.
Schwieriger ist die rechtliche Bewertung bei rechtsradikalen oder antisemitischen Handlungen/Äußerungen außerhalb des Arbeitsbereichs. Ein nicht akzeptables politisches Verhalten des Arbeitnehmers in seiner Freizeit kann nur ausnahmsweise eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses begründen. Voraussetzung hierfür ist ein Bezug der politischen Handlung zum Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer ist auch außerhalb der Arbeitszeit/des Arbeitsplatzes dazu verpflichtet ist, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Eine Beeinträchtigung dieser Interessen liegt nur dann vor, wenn sich das rechtswidrige außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers, nachteilig auf den Betrieb auswirkt oder im Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten oder seiner Tätigkeit steht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Betriebsmittel des Arbeitgebers genutzt werden, wie ein privates Video in Firmenkleidung oder sonst ein Bezug zum Arbeitgeber erkennbar ist.
Im öffentlichen Dienst gelten Besonderheiten. Zu den Nebenpflichten eines Mitarbeiters des öffentlichen Dienstes gehört es, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetztes zu bekennen. Beamte haben eine gesteigerte Loyalitätspflicht zu beachten. Ein außerdienstliches Verhalten eines Beamten ist relevant, wenn es Rückschlüsse auf die Dienstausübung im Amt im konkretfunktionalen Sinne zulässt oder den Beamten in seiner Dienstausübung beeinträchtig. Der Beamte schuldet die politische Loyalität, die für eine funktionsgerechte Dienstausübung erforderlich ist.
Für die übrigen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gilt die allgemeine Treupflicht. Danach dürfen Mitarbeiter nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, wie etwa den Staat, die Verfassung und ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen.
Mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen aus München
Ihr Dr. Erik Schmid