OFD Frankfurt am Main, Verfügung vom 27. Juli 2016, S 2241 A – 129 – St 2013 und Finanzministerium Schleswig-Holstein vom 9. Juni 2016 (Az. VI 306 – S 2241 – 229) Nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder soll auf die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die nicht originär gewerblich tätig ist, auf eine gemeinnützige Körperschaft § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar sein. Bis zu dieser Verfügung entsprach es gängiger Praxis, dass man die unentgeltliche Übertragung einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft (bspw. in Form der GmbH & Co. KG) auf eine gemeinnützige Körperschaft als von § 6 Abs. 3 EStG erfasst ansah. Entsprechend wurden bei der Übertragung auf Ebene des Zuwendenden nicht die stillen Reserven aufgedeckt (§ 6 Abs. 3 S. 1 EStG). Vielmehr führte die begünstigte gemeinnützige Körperschaft die Buchwerte fort (§ 6 Abs. 3 S. 3 EStG – vgl. BMF vom 03.03.2005, BStBl. I 2005 S. 458). Die Verfügung ist offensichtlich eine Reaktion auf das Urteil des BFH vom 25. Mai 2011, I R 60/10, nach dem Beteiligungen an rein vermögensverwaltende Personengesellschaften auch dann der (steuerfreien) Sphäre der Vermögensverwaltung zuzurechnen sind, wenn sie gewerblich geprägt waren. Zweck der Verfügung ist augenscheinlich der Wunsch der Finanzverwaltung, die Besteuerung der stillen Reserven, die auf Ebene der Personengesellschaft entstanden sind, sicherzustellen. Die nun veröffentlichte Verfügung und die damit einhergehende Änderung dieser Praxis steht der grundlegenden Wertungsentscheidung des Gesetzgebers entgegen, Zuwendungen speziell an gemeinnützige Körperschaften mitsamt der im übertragenen Vermögen ruhenden stillen Reserven zu privilegieren, auch wenn es zu einem steuerlichen Sphärenwechsel kommt. Als Beispiele hierfür lassen sich das sog. Buchwertprivileg gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG oder die Vorschriften des § 13 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 KStG bzw. § 13 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 KStG anführen. Nach diesen Vorschriften wird bei einem Wechsel eines einer gemeinnützigen Körperschaft gehörenden Wirtschaftsguts von der steuerpflichtigen in die steuerbefreite Sphäre die stillen Reserven ertragsteuerlich endgültig freigestellt. Hinter allen diesen Normen steht die gesetzgeberische Überlegung, dass das gesamte Vermögen einer gemeinnützigen Körperschaft zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke eingesetzt werden muss und insofern gebunden bleibt (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 AO „Vermögensbindung”). Diese Ansicht wird gestützt durch das Urteil des 5. Senats des BFH vom 18. Februar 2016 (vgl. BEITEN BURKHARDT Newsletter Steuerrecht, Juli 2016, S. 7). In diesem hat der BFH klargestellt, dass eine Beteiligung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft auf Ebene der bedachten steuerbegünstigten Körperschaft nicht als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt werden müsse, und zwar auch nicht, um die stillen Reserven zu erfassen. Letztlich spricht auch der Wortlaut des § 6 Abs. 3 EStG für diese Sicht, denn anders als im Fall des § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG macht die Norm den Ansatz der Buchwerte nicht davon abhängig, dass „die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist”. Damit spricht auch der Wortlaut des Gesetzes für eine endgültige Freistellung der stillen Reserven. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, ob die in den Verfügungen geäußerte Auffassung der Finanzverwaltung, die allerdings für die Finanzämter bindend ist, einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde. Die Verfügungen enthalten aber eine weitere interessante Aussage, deren genauer Inhalt leider missverständlich ist. So könne die „Entnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG zu Buchwerten erfolgen, wenn die den Mitunternehmeranteil umfassenden Wirtschaftsgüter der gemeinnützigen Körperschaft unentgeltlich überlassen werden (sog. Buchwertprivileg). Umfasst der Mitunternehmeranteil jedoch auch Verbindlichkeiten, liegt keine unentgeltliche Überlassung vor, so dass die Anwendung des Buchwertprivilegs nicht möglich ist und die in dem Mitunternehmeranteil verhafteten stillen Reserven zwingend aufzudecken sind.” Unbeantwortet bleibt die Frage, wann (bzw. wann nicht) ein Mitunternehmeranteil Verbindlichkeiten umfasst? Streng genommen dürften nur solche Verbindlichkeiten zur Aufdeckung der stillen Reserven führen, für die die gemeinnützige Körperschaft überhaupt haften kann, bspw. weil die Hafteinlage nicht voll erbracht wurde. Sollte die Finanzverwaltung damit aber tatsächlich Verbindlichkeiten auf der Ebene des vom Mitunternehmeranteil umfassten Unternehmens meinen, käme das der Abschaffung des Buchwertprivilegs in derartigen Konstellationen gleich, denn wann hat ein Unternehmen schon keinerlei Verbindlichkeiten? Insofern ist zu fordern, dass, wenn schon die Finanzverwaltung an ihrer verfehlten Auffassung der Nichtanwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG festhalten sollte, im Hinblick auf die Anwendung des Buchwertprivilegs eine Präzisierung erfolgt. Für die Frage, ob Verbindlichkeiten vorliegen, sollte nach hiesigem Dafürhalten auf das Nettoprinzip abgestellt werden. Das heißt, man sollte solange von Unentgeltlichkeit ausgehen können, solange die Summe der Verbindlichkeiten zumindest nicht die Barmittel, die Buchwerte oder zumindest eine zu bestimmende Bagatellgrenze überschreiten. Möchte man auch dem nicht folgen, sollte das Buchwertprivileg zumindest anwendbar sein, soweit der Mitunternehmeranteil keine Verbindlichkeiten umfasst bzw. – andersherum ausgedrückt – stille Reserven nur insoweit aufzudecken sind, als Verbindlichkeiten bestehen. Angesichts dieser Unsicherheiten sollte man, zumindest bis die Auffassung der Finanzverwaltung eine Klarstellung erfahren hat, bei der Einbringung einer vermögensverwaltenden gewerblich geprägten Personengesellschaft in eine gemeinnützige Körperschaft vorab eine verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt einholen. Andernfalls droht bei unentgeltlichen Übertragungen im Vertrauen auf die bisherige Praxis die Aufdeckung der stillen Reserven auf Ebene des Zuwendenden. Bei abgeschlossenen Sachverhalten sollte hingegen erwogen werden, den Sachverhalt einer gerichtlichen Klärung zuzuführen. Die Erfolgschancen dürften nicht schlecht sein. Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Gerrit Ponath