Hintergrund:
Dem Änderungsvorhaben liegt ein Bericht zur Überprüfung der derzeitigen Praxis im Bereich der alternativen Streitbeilegung mit Verbrauchern zugrunde. Er stellt fest, dass die ADR-Richtlinie (Richtlinie 2013/11/EU) zwar einen Zugang zu qualitativen Verbraucherschlichtungsverfahren im europäischen Raum geschaffen hat, diese Verfahren aber unzureichend genutzt würden. Nur 2% der Verbraucheranträge werden an ADR-Einrichtungen weitergeleitet, oft weil Unternehmen außerhalb der Plattform Lösungen vorschlagen. Die OS-Verordnung (Verordnung 2013/524/EU) wird als überholt betrachtet, da sich die digitalen Märkte seit ihrer Einführung stark verändert haben. Außerdem gebe es jetzt viele alternative Streitbeilegungsmöglichkeiten auf digitalen Marktplätzen.
Das Änderungsvorhaben:
Die Kommission schlägt daher vor, die OS-Verordnung aufzuheben. Zusätzlich veröffentlichte die Kommission eine Empfehlung zu Qualitätsanforderungen für Streitbeilegungsverfahren, die von Online-Marktplätzen und Wirtschaftsverbänden angeboten werden. Einen Überblick der Vorhaben haben wir hier für Sie zusammengestellt:
Reformierung der alternativen Streitbeilegung:
Das Herzstück der Reform liegt in der Anpassung der ADR-Richtlinie. Die Richtlinie soll nun auch nicht-vertragliche und vorvertragliche Streitigkeiten sowie Streitigkeiten mit Händlern außerhalb der EU umfassen. Grenzüberschreitende Streitigkeiten sollen durch digitale Tools vereinfacht werden. Außerdem sollen die Berichtspflichten der ADR-Kontaktstellen aufgeweicht werden. Diese sollen nun alle zwei Jahre statt jährlich berichten. Händler werden laut dem Vorschlag in die Pflicht genommen, auf Anfragen von ADR-Kontaktstellen zu antworten. Gleichwohl sind sie zur Teilnahme nicht verpflichtet. Die Richtlinie soll mindestharmonisierend bleiben. Damit behalten die EU-Mitgliedsstaaten Gestaltungsspielräume bei der Ausgestaltung ihrer ADR-Systeme. Mit den Änderungen sollen den heutigen Verbraucherbedürfnissen Rechnung getragen werden.
Einstellung der OS-Plattform:
Die OS-Verordnung soll aufgehoben werden. Der Vorschlag basiert auf der Feststellung, dass die OS-Plattform trotz hoher Besucherzahlen nur eine geringe Anzahl von Fällen (durchschnittlich 200 pro Jahr EU-weit) an ADR-Einrichtungen weiterleitet. Diese geringe Nutzung rechtfertige nicht die Kosten für die Aufrechterhaltung der Plattform.
Ein verbraucherfreundliches Umfeld im digitalen Raum:
Die Empfehlung der Kommission, ein nicht-verbindliches Instrument, zielt darauf ab, Qualitätsstandards für Streitbeilegungsverfahren zu setzen, die von Online-Marktplätzen und Wirtschaftsverbänden in der EU angeboten werden. Diese Empfehlung basiert auf der ADR-Richtlinie und legt nahe, dass diese Verfahren den Qualitätskriterien der Richtlinie entsprechen sollten, um Fairness und Effektivität zu gewährleisten. Die Empfehlung umfasst Richtlinien für Fachwissen, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Effektivität und Fairness in diesen Verfahren. Online-Marktplätze und Wirtschaftsverbände werden zudem angehalten, regelmäßige Selbstbewertungsberichte zu veröffentlichen und vor Beginn des Verfahrens über wesentliche Merkmale zu informieren.
Einschätzung:
Die Reformvorschläge der EU-Kommission sind ein zweckmäßiger Schritt in Richtung eines sinnvollen und effizienteren Verbraucherschutzsystems im digitalen Zeitalter. Sowohl Verbraucher als auch die Unternehmen können von der alternativen Streitbeilegung profitieren. Spannend wird sein, wie sich die alternative Streitbeilegung auf nicht-vertragliche Streitigkeiten auswirkt und, ob dies zu einer Zunahme von Beschwerden durch Verbraucher führt. Positiv ist ferner, dass die OS-Plattform einer kritischen Bestandsaufnahme unterzogen wurde. Selbstverständlich wird ein Wegfall der OS-Plattform den bis dato spärlichen und dem Bericht zufolge weitgehend sinnlosen Hinweis, die Bezugnahme in diversen Impressen und Geschäftsbedingungen hinfällig machen.