Bundesverwaltungsgericht vom 18. April 2023 – 5 P 4.22
Die Frist zur Mitteilung des Beschlusses des Personalrats über die beantragte Zustimmung zu einer Maßnahme beginnt erst mit der vollständigen Unterrichtung über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Ohne vollständige Unterrichtung scheidet eine Zustimmungsfiktion damit aus.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten im Rahmen beabsichtigter Versetzungen und Zuweisungen darum, ob der Personalrat seine Zustimmung mit der Begründung verweigern durfte, dass ihm aus seiner Sicht für die Entscheidung über die Zustimmung erforderliche Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Die Arbeitgeberin hielt diesen Einwand und damit die Zustimmungsverweigerung für unbeachtlich und beabsichtigte die Umsetzung der Maßnahmen.
Die Entscheidung
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auffassung der Arbeitgeberin geteilt. Die Arbeitgeberin durfte die Maßnahmen vollziehen, weil die gesetzliche Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 S. 5 BPersVG a.F. eingetreten sei. Die maßgebliche Frist für diese Fiktion werde durch die vollständige Unterrichtung des Personalrats über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme in Gang gesetzt. Die Unterrichtung begegne vorliegend keinen Bedenken.
Im Übrigen hat das Gericht ausgeführt, dass es auch keinen beachtlichen Grund für die Zustimmungsverweigerung darstelle, wenn sich der Personalrat allein darauf berufe, nicht vollständig unterrichtet worden zu sein.
Konsequenzen für die Praxis
Das Bundesverwaltungsgericht hat nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die Frist, die das Bundespersonalvertretungsgesetz dem Personalrat für die Mitteilung seiner Entscheidung über die beantragte Maßnahme zubilligt und nach dessen Ablauf ohne eine ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung die Zustimmung fingiert wird, erst mit vollständiger Unterrichtung des Gremiums zu laufen beginnt.
Praxistipp
Immer wieder stellt sich im Hinblick auf die Zustimmungsfiktion im Bundespersonalvertretungsgesetz (jetzt § 70 Abs. 3 S. 4 BPersVG) sowie in den Landespersonalvertretungsgesetzen die Frage, welche Informationen dem Personalrat vorgelegt werden müssen, um der gesetzlichen Unterrichtungspflicht nachzukommen und sich ggf. auf die Zustimmungsfiktion berufen und die beabsichtigte Maßnahme umsetzen zu können. Letztlich bestehen hier immer wieder gewisse Risiken, insbesondere, wenn das Verständnis über die dem Personalrat mitzuteilenden Informationen und vorzulegenden Dokumente zwischen der Dienststelle und dem Personalrat unterschiedlich ist. Sofern nichts dagegen spricht, kann es einerseits sinnvoll sein, die Unterrichtung aus Sicht der Dienststelle in bestimmten Fällen „überzuerfüllen“. Anderseits ist zu erwägen, in geeigneten Fällen, bspw. solchen, die einschließlich der Diskussion um die Informationstiefe immer wiederkehren, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob der Inhalt und der Umfang der Unterrichtung ausreichend sind oder nicht, um für die Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle und dem Personalrat insoweit Rechtssicherheit herzustellen.