OLG Koblenz, Urteil vom 03.02.2022 – 1 U 651/21
Das Urteil des OLG Koblenz bestätigt die bisherige rechtliche Regelung in § 37 Abs. 2 GmbHG, dass interne Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers nach Außen grundsätzlich nicht beschränken und gegenüber dritten Personen nicht wirken. Dadurch wird der Rechtsverkehr vor nicht einsehbaren internen Beschränkungen geschützt. Allerdings kann dies insbesondere bei einem von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer zu hohen Risiken für die vertretene GmbH und deren Gesellschafterkreis führen.
Klägerin in dem Verfahren war eine GmbH, Beklagter ein Notar. Der ehemalige Geschäftsführer der GmbH veranlasste den Verkauf eines Grundstücks der GmbH, für den er intern Beschränkungen unterlag. Der Beklagte beurkundete dieses Geschäft, nachdem er sich durch Einsichtnahme in das Handelsregister von der Vertretungsmacht des ehemaligen Geschäftsführers versichert hatte. Ein zustimmender Gesellschafterbeschluss lag bei Beurkundung nicht vor.
Nach Beurkundung bestimmte der Geschäftsführer gegenüber dem Beklagten überdies, dass ein Teil des Kaufpreises auf ein privates Konto des Geschäftsführers im Ausland gezahlt werden sollte. Dies wurde mit einem geplanten Grundstückserwerb der Klägerin begründet.
Nach Kaufpreiszahlung informierte die Gesellschafterin der Klägerin den Beklagten darüber, dass der Geschäftsführer nicht zum Grundstücksverkauf befugt ist.
Trotzdem veranlasste der Beklagte den Vollzug des Grundstücksvertrags, indem er das Eigentum an dem Grundstück von der Klägerin auf den Grundstückskäufer umschrieb.
Die Klägerin machte gegen den Beklagten einen Amtshaftungsanspruch geltend. Sie war der Ansicht, der Beklagte hätte weder den Kaufvertrag beurkunden noch die Eigentumsumschreibung veranlassen dürfen, weil es sich ihm hätte aufdringen müssen, dass der damalige Geschäftsführer zu dem Geschäft nicht befugt gewesen wäre.
Das OLG Koblenz ist der Ansicht der Klägerin nicht gefolgt, sondern hat die Entscheidung des LG Mainz bestätigt und die Berufung der Klägerin abgewiesen.
Der Beklagte habe seine Amtspflicht als Notar nicht verletzt, weil er die Vertretungsmacht ausreichend durch Einsicht in das Handelsregister überprüft habe. Dort war der handelnde Geschäftsführer als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin eingetragen.
Der Beklagte musste auch nicht nach einem Gesellschafterbeschluss fragen, da Be-schränkungen der Vertretungsmacht nur das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft betreffen und keine Außenwirkung haben. Gegenüber Dritten kann der Geschäftsführer trotz Beschränkungen wirksam handeln.
Die Änderung des Zahlungskontos stelle für den Beklagten keinen Anlass dar, von ei-nem treuwidrigen Handeln des Geschäftsführers auszugehen, da es hierfür eine plausible Begründung gäbe.
Schließlich habe der Beklagte auch hinsichtlich der Eigentumsumschreibung keine Amtspflicht verletzt, da er gegenüber beiden Vertragsparteien eine Neutralitätspflicht habe. Der Beklagte sei daher selbst nach Kenntnis vom unbefugten Handeln des Geschäftsführers noch zum Vollzug des Vertrags verpflichtet gewesen, weil keine evidenten Zweifel an einer wirksamen Vollmacht bestanden hätten.
Durch dieses Urteil werden zwei Dinge deutlich: Die Außenwirkung der Vertretungsvollmacht eines Geschäftsführers bietet zum einen Schutz für Dritte, zum anderen birgt sie hohe Risiken für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter.
Die Bestellung eines Geschäftsführers ist mit einem großen Vertrauensvorschuss verbunden, weil dessen Handlungen nach außen trotz interner Beschränkungen für die Gesellschaft wirksam sind. Im Verhältnis zu Dritten ist die Vertretungsmacht des Geschäftsführers grundsätzlich unbeschränkbar.
Wirksame Mittel, um einem Missbrauch vorzubeugen, sind Folgende:
Für den Rechtsverkehr wird die Rechtssicherheit deutlich, die durch das Prinzip der Außen-Vollmacht und der Publizität des Handelsregisters nach § 15 HGB geschützt wird. Dies erleichtert und letztendlich ermöglicht den Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten, da ansonsten Unklarheit über den jeweiligen Prüfungsumfang bestünde.
Die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers ist nicht zu unterschätzen. Um Risiken zu minimieren, muss die Gesellschaft Vorkehrungen treffen.
Für Dritte stellt sie hingegen eine Sicherheit dar, die sie bei Geschäften mit der Gesellschaft vor unübersehbaren Risiken schützt.