Am 22. April 2021 hat der Bundestag dem Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland (Fondsstandortgesetz – FOG) zugestimmt. Mit dem FOG wurden überraschend Erleichterungen für den Ansatz der erweiterten Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer eingeführt. Einerseits sollen Einnahmen innerhalb einer Freigrenze aus der Lieferung von Strom an Mieter unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich für die erweiterte Kürzung sein. Andererseits soll eine Freigrenze für sonstige Einnahmen aus Vertragsbeziehungen mit dem Mieter (z.B. aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen) eingeführt werden. Letzteres würde die bestehende erhebliche Rechtsunsicherheit in der Praxis von Grundstücksunternehmen abmildern. Sofern der Bundesrat dem Gesetz zustimmt, sollen die Änderungen erstmals im Erhebungszeitraum 2021 anwendbar sein.
Die erweiterte Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer kann derzeit nur von Gesellschaften in Anspruch genommen werden, die ausschließlich eigenen Grundbesitz halten und verwalten (abgesehen von begünstigungsunschädlichen Nebentätigkeiten, wie zum Beispiel der Verwaltung und Nutzung von eigenem Kapitalvermögen). Die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen (Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören) kann daher zu einer vollständigen Versagung der erweiterten Grundstückskürzung führen. Erzielen Grundstücksunternehmen Erträge aus der Erzeugung von Strom aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, so verlieren sie bisher ebenfalls die Möglichkeit, die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen zu können.
Den oben beschriebenen Problematiken soll nun die geplante Änderung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG im Rahmen des FOG entgegenzuwirken.
Um Anreize für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und den Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu setzen, sieht die geplante Gesetzesänderung vor, dass Grundstücksunternehmen im Hinblick auf die vorgenannte Tätigkeit die erweiterte Grundstückskürzung weiterhin in Anspruch nehmen können, wenn ihre diesbezüglichen Einnahmen im jeweiligen Erhebungszeitraum 10 Prozent der Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes nicht übersteigen. Der Strom aus den Energieerzeugungsanlagen darf dabei an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert, ins Netz eingespeist, oder selbst genutzt werden.
Grundstücksunternehmen verlieren nach heutiger Rechtslage den Anspruch auf die erweiterte Grundstückskürzung, wenn sie Mieteinnahmen aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen erzielen, die keinen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück aufweisen. Auf den Umfang dieser Tätigkeiten kommt es derzeit nicht an. Künftig soll die erweiterte Grundstückskürzung erhalten bleiben, wenn die Einnahmen in dem jeweiligen Erhebungszeitraum aus diesen Tätigkeiten nicht höher als 5 Prozent der Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes sind und aus unmittelbaren Vertragsverhältnissen mit den Mietern des Grundbesitzes stammen. Diese "Schmutzgrenze" von 5 Prozent gilt nicht nur für die Überlassung von Betriebsvorrichtungen, sondern für sämtliche Einnahmen aus Vertragsbeziehungen mit den Mietern, also beispielsweise auch für die Überlassung von Mobiliar oder anderen Gegenständen (Einbauküche etc.)
In der Praxis sorgte bisher insbesondere die Überlassung von Betriebsvorrichtungen für erhebliche Rechtsunsicherheit. In Bezug auf die geplante Gesetzesänderung stellt sich die Frage, ob zukünftig auch eine unentgeltliche Überlassung von Betriebsvorrichtungen unschädlich ist. Eine unentgeltliche Überlassung wird oftmals vorliegen, wenn die Grundstückseigentümer keine Kenntnis von den Betriebsvorrichtungen (z.B. Lastenaufzug) haben. Nach Maßgabe des Gesetzeswortlauts sollte die unentgeltliche Überlassung von Betriebsvorrichtungen in Zukunft wohl unschädlich sein. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung dazu äußert.
Was leider nach dem Wortlaut der Gesetzesänderung fehlt, ist eine Begünstigung der Veräußerung der Betriebsvorrichtungen; hier sollte eine Anpassung/Klarstellung erfolgen.
Außerdem ist zu beachten, dass die Einnahmen aus den oben genannten Tätigkeiten zwar nicht schädlich für den Ansatz der erweiterten Grundstückskürzung sind, diese künftig begünstigten Tätigkeiten aber weiterhin der Besteuerung mit Gewerbesteuer unterliegen.
Sofern das im Bundestag bereits verabschiedete Gesetz den Bundesrat unverändert passiert, wird dies zur Entschärfung von verschiedenen Steuerstreit-Risiken führen. Hinsichtlich der Problematik "Betriebsvorrichtungen", die bereits Gegenstand einer Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen war, würden deutliche Erleichterungen geschaffen. Die Einführung einer Freigrenze bei Stromlieferungen ist ebenfalls zu begrüßen, war aber auch zwingend notwendig. Mit dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) vom 18. März 2021 wurde nämlich eine Verpflichtung für Gebäudeeigentümer eingeführt, unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere bei Neubau oder "größerer Renovierung", sofern eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen vorhanden ist) eine Leitungsinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn diese neue gesetzliche Verpflichtung durch das GEIG zu einer Versagung der erweiterten Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer führen würde.