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Lehren aus dem Pechstein-Urteil

Bekanntlich hat gestern das Oberlandesgericht München in dem Verfahren von Claudia Pechstein gegen den internationalen Fachverband für Eisschnelllauf entschieden und damit nicht nur für Frau Pechstein, sondern auch für alle anderen am Sport beteiligten Personen eine vielerseits beachtete Entscheidung getroffen. Aber was für Lehren können aus dem Urteil gezogen werden? Hier ein erster Versuch:

1. Die Schiedsgerichtsbarkeit im Sport lebt

Zwar hat das Oberlandesgericht München festgestellt, dass die im Falle Pechstein geschlossenen Schiedsvereinbarungen unwirksam seien, doch hat es gleichsam auch festgestellt, dass das Verlangen der internationalen Verbände nach einer Schiedsvereinbarung nicht schlechthin einen Missbrauch ihrer monopolistischen Marktstellung darstelle. Das Oberlandesgericht stellt vollkommen zurecht fest, dass gewichtige Sachgründe dafür bestehen, "Streitigkeiten zwischen Athleten und Sportverbänden im Zusammenhang mit internationalen Wettkämpfen nicht den verschiedenen in Betracht kommenden staatlichen Gerichten zu überlassen, sondern einem einheitlichen Sportgericht zuzuweisen". Solange Athleten zu sportlich gleichen Regeln im Wettkampf antreten, muss gewährleistet werden können, dass gleiche Rechtsregeln, gerade wenn es um die Verhängung von Dopingsperren geht, auf alle Athleten weltweit Anwendung finden. Es kann nicht sein, dass in gleichgelagerten Fällen divergierende Entscheidungen getroffen werden (können). Allerdings setzt dies voraus, dass die Schiedsgerichte mit ihren Verfahrensordnungen einen fairen Prozess garantieren können. Diese Voraussetzung sah das OLG aber beim CAS mit seiner Verfahrensordnung im Jahr 2009 als nicht gegeben an.

2. Weckruf für das CAS

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München muss vom CAS als (erneuter) Weckruf und (erneute) massive Kritik verstanden werden. Zwar hat das CAS bereits damit angefangen, seine Schiedsordnung zu reformieren, doch der Reformprozess kann Stand jetzt als noch nicht erfolgreich abgeschlossen gelten, denn eins der größten Makel besteht immer noch: Die geschlossene und tendenziell verbandslastige Liste der Schiedsrichter des CAS. Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise das deutsche Sportschiedsgericht, welches seine Schiedsrichterliste grundsätzlich lediglich als Hilfe für die Parteien versteht, aus dieser Sportjuristen zu wählen. Anders als beim CAS können die Parteien jedoch auch jeden anderen als Schiedsrichter bestimmten, so lange dieser die Voraussetzungen erfüllt.

3. Weckruf für die Verbände

Die Entscheidung in dem Verfahren Pechstein sollte die nationalen sowie internationalen Verbände dazu bringen, massiven Druck auf das CAS auszuüben und alles in ihrer Macht Mögliche zu veranlassen, damit dieser sich schnellstmöglich eine Verfahrensordnung gibt, die rechtsstaatlichen Prinzipien Stand hält. Niemandem ist damit gedient, dass Schiedssprüche des CAS in dem jeweiligen Landesrecht noch einmal überprüft werden (können). Die Verbände sind es sich und ihren Athleten schuldig, auf eine funktionierende Sportschiedsgerichtsbarkeit hinzuwirken!

4. Weckruf für die Athleten

Das Urteil des Oberlandesgerichts München kann auch als Weckruf für die Athleten verstanden werden, die in der letzten Zeit vor dem CAS verhandeln mussten. Diese Athleten sollten sich ihre Urteile noch einmal kritisch anschauen, um zu überprüfen, ob es aussichtsreich erscheint, gegen die Entscheidung des CAS vorzugehen. Zwar hat das Oberlandesgerichts München keine Entscheidung dahingehend getroffen, dass alle Schiedssprüche des CAS per se unwirksam sind, doch lässt die Entscheidung des OLG die Hoffnung für diese Athleten zu, ihren Schiedsspruch noch einmal von einem deutschen Gericht überprüfen zu lassen, da eine den ordentlichen Rechtsweg ausschließende Schiedsvereinbarung (wohl) nicht vorliegt.

Am Ende muss Frau Pechstein Dank dafür ausgesprochen werden, dass Sie, wenn auch aus eigenem Interesse, diesen Weg gegangen ist und den Scheinwerfer des Rechts auf die Sportschiedsgerichte gerichtet hat, denn jedem ist damit geholfen, wenn Rechtsstaatlichkeit und Sportschiedsgerichtsbarkeit Hand in Hand gehen.

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