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Klarstellung bei der Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds

BMF-Schreiben vom 10.07.2015 "Betriebliche Altersversorgung; Übertragung von Versorgungsverpflichtungen und Versorgungsanwartschaften auf Pensionsfonds, Anwendung der Regelungen in § 4d Abs. 3 EStG und § 4e Abs. 3 EStG i. V. m. § 3 Nummer 66 EStG“ (noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht)

Hintergrund

Die anhaltende Niedrigzinsphase wird sich in den kommenden Jahren verstärkt auf den HGB/BilMoG-Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen auswirken. Betrug der Zins Ende 2014 noch 4,54 Prozent, so wird er im Jahr 2019 bei unter 2 Prozent liegen. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Bewertung der Pensionsverpflichtungen vieler Institutionen: sinkt der Rechnungszins um einen Prozentpunkt, steigen die Pensionsverpflichtungen regelmäßig um mehr als 15 Prozent. Auch die Anlagen der aufgebauten oder noch aufzubauenden Deckungsmittel leiden unter dieser Niedrigzinsphase, da oftmals kaum noch zielgerichtete Investments möglich sind.

Vor diesem Hintergrund denken viele Unternehmen darüber nach, die in der Vergangenheit erteilten Direktzusagen über externe Versorgungsträger auszufinanzieren, um dem dargestellten Zinsrisiko zu entgehen und/oder ggf. die Möglichkeit zu schaffen, die Pensionsrückstellung mit Vermögen zu saldieren, welches allein dem Zweck der Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen dienen soll.

Zur Erreichung dieser Ziele wird ein Kombinationsmodell von Contractual Trust Arrangements (CTA) und Pensionsfonds eingesetzt, wobei der noch nicht durch die Versorgungsberechtigten erdiente Teil der Versorgungsanwartschaften (sog. future service) über ein CTA finanziert und der erdiente Teil der Versorgungsanwartschaften (sog. past service) über einen Pensionsfonds abgewickelt wird.

Bei der Übertragung des past service auf einen Pensionsfonds sind allerdings neben handelsbilanziellen Aspekten auch ertragsteuerliche Aspekte auf Ebene des Arbeitgebers und der Versorgungsberechtigten zu beachten. So ist bei der Übertragung insbesondere zu klären, ob die Leistungen des Arbeitgebers an den Pensionsfonds, d. h. die Beitragszahlung zur Übernahme der Erfüllungsverpflichtung an den Pensionsfonds, zu lohnsteuerpflichtigen Einkünften der Versorgungsberechtigten führen. Auf Ebene des Arbeitgebers ist die Frage zu beantworten, in welcher Höhe die Beitragszahlungen an den Pensionsfonds als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben geltend gemacht werden können.

Die Beantwortung dieser beiden, im Rahmen der Übertragung von Versorgungsverpflichtungen auf den Pensionsfonds unbedingt zu klärenden Rechtsfragen ist eng miteinander verknüpft. So sieht das Gesetz folgende Regelungen vor:

"§ 4e Beiträge an Pensionsfonds

(1) Beiträge an einen Pensionsfonds im Sinne des § 112 des Versicherungsaufsichtsgesetzes dürfen von dem Unternehmen, das die Beiträge leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit sie auf einer festgelegten Verpflichtung beruhen oder der Abdeckung von Fehlbeträgen bei dem Fonds dienen.

(2) Beiträge im Sinne des Absatzes 1 dürfen als Betriebsausgaben nicht abgezogen werden, soweit die Leistungen des Fonds, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem nicht betrieblich veranlasst wären.

(3) Der Steuerpflichtige kann auf Antrag die insgesamt erforderlichen Leistungen an einen Pensionsfonds zur teilweisen oder vollständigen Übernahme einer bestehenden Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft durch den Pensionsfonds erst in den dem Wirtschaftsjahr der Übertragung folgenden zehn Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgaben abziehen. Der Antrag ist unwiderruflich; der jeweilige Rechtsnachfolger ist an den Antrag gebunden. Ist eine Pensionsrückstellung nach § 6 a gewinnerhöhend aufzulösen, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Leistungen an den Pensionsfonds im Wirtschaftsjahr der Übertragung in Höhe der aufgelösten Rückstellung als Betriebsausgaben abgezogen werden können; der die aufgelöste Rückstellung übersteigende Betrag ist in den dem Wirtschaftsjahr der Übertragung folgenden zehn Wirtschaftsjahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgaben abzuziehen. Satz 3 gilt entsprechend, wenn es im Zuge der Leistungen des Arbeitgebers an den Pensionsfonds zu Vermögensübertragungen einer Unterstützungskasse an den Arbeitgeber kommt.

§ 3 Steuerfreie Einnahmen

Steuerfrei sind

66. Leistungen eines Arbeitgebers oder einer Unterstützungskasse an einen Pensionsfonds zur Übernahme bestehender Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften durch den Pensionsfonds, wenn ein Antrag nach § 4 d Absatz 3 oder § 4 e Absatz 3 gestellt worden ist;“

Diese gesetzlichen Regelungen haben in der Gestaltung der Übernahme von Versorgungsverpflichtungen durch einen Pensionsfonds zu vielen Anwendungsfragen geführt. Einen ersten Anlauf zur Beantwortung hat das BMF mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 (BStBl. I 2006, S. 709) gemacht. Da aber grundlegende Fragen mit dem vorgenannten Schreiben nicht beantwortet wurden, war es notwendig, durch ein weiteres BMF-Schreiben Rechtssicherheit in der Anwendung der zitierten Regelungen zu schaffen.

  1. Bestimmung des erdienten Teils der Versorgungsanwartschaft



a) Steuerfreiheit von Pensionsfondsbeiträgen für Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG

Bisher war unklar, ob auch Beiträge an den Pensionsfonds für Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG von der Steuerprivilegierung des § 3 Nr. 66 EStG erfasst sind. Dies war insbesondere deshalb umstritten, da die Rentenanpassungen durch den Arbeitgeber nach § 16 BetrAVG bei entsprechender Vermögenssituation auf jeden Fall vorzunehmen sind. Es besteht daher eine Verpflichtung zur Rentenanpassung bei entsprechender Vermögenslage. Demnach war mit guten Gründen schon immer vertretbar, dass die Rentenanpassungsverpflichtung nach § 16 BetrAVG – soweit die Rentenanwartschaft erdient war – als Teil der erdienten Versorgungsverpflichtung (sog. past service) qualifiziert werden musste.

Die Finanzverwaltung wehrt sich gegen diese Sichtweise, da sie weiterhin die Auffassung vertritt, dass die Rentenanpassung nach § 16 BetrAVG nicht fest zugesagt ist. Trotzdem lässt sie aus Vereinfachungsgründen eine pauschale Berücksichtigung der Rentenanpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG in Höhe von maximal 1 Prozent jährlich zu. Es scheint, dass sich die Finanzverwaltung an der Grenze von § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG orientiert, wobei im Rahmen dieser Regelung von einem Minimum von 1 Prozent ausgegangen wird. Aus diesem Entgegenkommen der Finanzverwaltung wird aber auch deutlich, dass Gehalts- und Rententrends, die in den Versorgungszusagen selbst enthalten sind, nicht berücksichtigt werden dürfen.

b) Ermittlung des erdienten Teils einer Pensionszusage

Ähnliche Probleme stellen sich im Rahmen der Berechnung des erdienten Teils der Versorgungszusage bei Übertragung auf den Pensionsfonds.

Es konnte auf Grundlage der Auffassung der Finanzverwaltung, dass es der erdiente Teil der Versorgungszusage anhand einer m/n-tel-Methode zu berechnen sei, in der Vergangenheit zu Abweichungen zwischen der betriebsrentenrechtlichen nach § 2 BetrAVG und der steuerlich erdienten Anwartschaft des Versorgungsberechtigten kommen.

Dies dürfte nach dem jetzt vorliegenden BMF-Schreiben zumindest für Arbeitnehmer und nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr zu befürchten sein. Denn die Finanzverwaltung schreibt nunmehr vor, dass die erdiente Versorgungsanwartschaft allein nach § 2 BetrAVG zu ermitteln ist. Nur die Bestimmung der erdienten Versorgungsanwartschaft von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ist von dieser allgemeinen Anwendung ausgenommen. Bei ihnen sind das Rückwirkungs- und insbesondere das Nachzahlungsverbot zu berücksichtigen. Anders als bei den übrigen Versorgungsberechtigten gilt für die beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer: Die Erdienung der Versorgungsanwartschaft setzt erst mit der Erteilung der Versorgungszusage ein und nicht schon mit dem Diensteintritt in die Gesellschaft.

Die Möglichkeit, die bereits erdienten Versorgungsanwartschaften auch mit dem höheren steuerlich ausfinanzierbaren Teil (Quotient des Teilwertes gem. § 6 a Abs. 3 S. 2 Nummer 1 EStG zum Barwert der künftigen Pensionsleistungen) auf den Pensionsfonds zu übertragen, ist nur noch bis zum 31. Dezember 2015 möglich. Damit soll die Vereinheitlichung der Bemessung des erdienten Teils der Versorgungsanwartschaft sichergestellt werden.

Bei einer Festbetragsübertragung muss vor Abschluss des Pensionsfondsvertrages im Rahmen eines Barwertvergleichs überprüft werden, ob auch nur der erdiente Teil auf den Pensionsfonds übertragen wird.

  1. Maßgebende Rückstellung im Sinne von § 4e Abs. 3 S. 3 EStG



Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben stellt die Finanzverwaltung nunmehr klar, dass bei der Ermittlung der sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 4 e Abs. 3 S. 3 EStG nur der Teil der aufgelösten Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG berücksichtigt werden kann, der auf der Übertragung der Versorgungsverpflichtungen auf den Pensionsfonds beruht. Dies bedeutet, dass die Auflösung der Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG, die z. B. auf Neubewertungen wegen des Eintritts biometrischer Risiken (Tod des Versorgungsberechtigten) zurückzuführen ist, nicht berücksichtigt werden darf. Die Finanzverwaltung führt als plastisches Beispiel das beliebte Kombinationsmodell an, nach dem der past service auf den Pensionsfonds und der future service auf eine Unterstützungskasse übertragen wird.

Da die Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG im Teilwertverfahren ermittelt wird, ist in der Rückstellung ein Teil des future service bereits enthalten. Dieser Teil wird im Kombinationsmodell nach Auffassung der Finanzverwaltung allein deshalb aufgelöst, da der future service auf die Unterstützungskasse übertragen wird. Grund für die Auflösung ist daher nicht die Übertragung auf den Pensionsfonds. Ein sofortiger Betriebsausgabenabzug nach § 4 e Abs. 3 Satz 3 EStG ist für diesen Teil daher nicht zulässig. Dieser kann nur über 10 Jahre verteilt werden.

Beträgt z. B. die Pensionsrückstellung EUR 100.000 und wird diese nur i. H. v. EUR 60.000 aufgrund der Übertragung der erdienten Versorgungsanwartschaften auf den Pensionsfonds aufgelöst, sind bei Zahlung eines Pensionsfondsbeitrags von EUR 100.000 nur EUR 60.000 sofort abziehbar und EUR 40.000 gleichmäßig verteilt über die folgenden 10 Jahre.

Dies würde eine Besteuerungsbelastung im Jahr der Übertragung i. H. v. EUR 12.000 (EUR 40.000 bei einem Steuersatz von 30 Prozent) nach sich ziehen, die in den nächsten 10 Jahren wieder neutralisiert werden könnte. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Handelsbilanz allein bei einer Auslagerung des erdienten Teils auf Grundlage des § 249 HGB die Pensionsrückstellung vollständig aufzulösen ist, stellt sich die Frage, ob die Auffassung der Finanzverwaltung überhaupt vertretbar ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass § 6 a EStG eine eigenständige Ansatzvorschrift ist, lässt sich doch bei einer Auslagerung über den Bilanzstichtag konstatieren, dass die versorgungsverpflichtete Gesellschaft keinerlei Versorgungsverpflichtungen am Bilanzstichtag mehr zu erfüllen hat, es bestehen keine erdienten Versorgungsanwartschaften mehr.

Damit kann die Gesellschaft unabhängig vom Bewertungsverfahren nicht verpflichtet sein, eine Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG zu bilden. Letztlich wird man sich auch fragen müssen, ob die Pensionsrückstellung – die Richtigkeit der Auffassung der Finanzverwaltung unterstellt – nicht auch deswegen teilweise aufgelöst werden muss, da die Gesellschaft nicht mehr in voller Höhe für die Versorgungsverpflichtung, sondern nur noch in Höhe des future service einstehen muss. Diesem Gedankengang wird seitens der Finanzverwaltung keinerlei Beachtung geschenkt. Dabei dürfte die sich ergebende Rückstellungsauflösung nach § 6 a EStG auch unter die Privilegierung des § 4 e Abs. 3 S. 3 EStG fallen.

Bedeutung für die Praxis

Insbesondere die Aussagen der Finanzverwaltung in Bezug auf die Möglichkeiten der Ausfinanzierung der Rentenanpassung nach § 16 BetrAVG wird in Zukunft einige derzeit noch zurückhaltende Pensionsfondsanbieter dazu veranlassen, ihre Beitragsberechnung neu auszugestalten. Letztlich wurde in der Vergangenheit die fehlende Sicherheit in diesem Zusammenhang häufig durch entsprechende Berücksichtigung dieser Sachverhaltskonstellation bei der Ermittlung des Rechnungszinses neutralisiert. Denn der nicht versicherungsförmige Pensionsfondstarif erlaubt dem Arbeitgeber bei Abschluss die Wahl, einen Rechnungszins zwischen dem Garantiezins i. H. v. 1,25 Prozent und in der Regel 5 Prozent zu wählen. Damit ist der Pensionsfondsbeitrag vor dem Hintergrund der Risikogeneigtheit des Arbeitgebers im Rahmen der vorgezeigten Range frei wählbar. Denn der so ermittelte Pensionsfondsbeitrag wird für die Übertragung der erdienten Versorgungsanwartschaften gezahlt und ist damit nach § 4 e EStG privilegiert.

Es ist zu konstatieren, dass zumindest einige Unklarheiten seitens der Finanzverwaltung angesprochen und einer pragmatischen Lösung zugeführt worden sind. Allerdings bleiben wesentliche Fragen offen, da das vorliegende BMF-Schreiben teilweise nur sehr allgemeine Aussagen trifft und insoweit keine Antworten auf drängende Fragen gibt.

Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte: Marcus Mische

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