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Insolvenzrisiken im Bereich des Sports – Der Fall TelDaFax

Wie der Fall TelDaFax zeigt, bestehen auch im Bereich des Profisports erhebliche Insolvenzrisiken. Dort nimmt der Insolvenzverwalter des mittlerweile insolventen Billigstromanbieter TelDaFax den Fußball Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen auf Rückzahlung von Sponsorengeldern in Höhe von rund EUR 16 Mio. in Anspruch. Der Insolvenzverwalter behauptet, Bayer 04 Leverkusen habe zum Zeitpunkt der Zahlungen von der Zahlungsunfähigkeit des Billigstromanbieters gewusst und trotzdem die Sponsorengelder eingestrichen. In erster Instanz hatte der Insolvenzverwalter mit dieser Argumentation bereits Erfolg; das Landgericht Köln gab der Klage des Insolvenzverwalters statt und verurteilte Bayer 04 Leverkusen zur Rückzahlung der erhaltenen Sponsorengelder.

Das Vorgehen des Insolvenzverwalters ist uns aus der Beratungspraxis bekannt. Die Insolvenzverwalter begnügen sich nicht mehr damit, nur kurz vor der Insolvenz vorgenommene Zahlungen an die Insolvenzmasse zurück zu fordern. Sie bedienen sich der sog. Vorsatzanfechtung und nehmen Anfechtungszeiträume von mehreren Jahren ins Visier. Die aktuelle Gesetzeslage und die anfechtungsfreundliche Rechtsprechung fördern diese Vorgehensweise der Insolvenzverwalter.

RECHTLICHE AUSGANGSSITUATION

Ausgangspunkt stellt die sog. Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO dar. Gem. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO können Rechtshandlungen, die der Insolvenzschuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, angefochten werden, wenn der Anfechtungsgegner zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Insolvenzschuldners kannte. Die Vorsatzanfechtung setzt somit das Vorliegen folgender drei Tatbestandsvoraussetzungen voraus:



  • Gläubigerbenachteiligung,
  • Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners und
  • Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.



Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der oben genannten Tatbestandsvoraussetzung grundsätzlich beim Insolvenzverwalter (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 29). Allerdings gestalten sich die Darlegung und der Beweis für den Insolvenzverwalter als nicht allzu schwierig:

  • Die tatbestandlich geforderte Gläubigerbenachteiligung ist bei Zahlungen stets gegeben. Sie ist in dem Mittelabfluss und der damit eingetretenen Verschlechterung der Befriedungschancen der übrigen Gläubiger zu sehen (Ganter, WM 2009, 1341, 1450; Mock, ZIP 2014, 445, 452).
  • Für den Nachweis der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 133 InsO, namentlich den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners und der Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon, kann der Insolvenzverwalter auf eine Reihe von Vermutungen und Beweisanzeichen zurückgreifen.



So wird gem. §

133 Abs. 1 Satz 2 InsO die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die Rechtsprechung hat ferner eine Reihe von objektiven Beweisanzeichen entwickelt, anhand deren der subjektive Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und dessen Kenntnis nachgewiesen werden können. So ist bei Kenntnis des Insolvenzschuldners von seiner eigenen Zahlungsunfähigkeit zunächst davon auszugehen, dass er mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte (BGH NJW 2009, 1351). Auch die Zahlungseinstellung kann ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und dessen Kenntnis hiervon sein.

133 InsO ermöglicht es dem Insolvenzverwalter somit unter Heranziehung von bloßen Vermutungsregeln und Beweisanzeichen sehr einfach, weit vor Insolvenzeröffnung erfolgte Zahlungen ins Visier der Insolvenzanfechtung zu nehmen.

AUSUFERNDE AUSDEHNUNG DER VORSATZANFECHTUNG

Die Rechtsprechung hat die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung in den vergangen Jahren weit über den ursprünglichen Zweck hinaus ausgeweitet. Dies hat zu einer Verunsicherung in weiten Teilen der Wirtschaft geführt. Die Politik hat dies mittlerweile erkannt: So sieht der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung vor, "das Insolvenzanfechtungsrecht im Interesse der Planungssicherheit des Geschäftsverkehrs […] auf den Prüfstand [zu] stellen." (Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 19).

Eine Anpassung des geltenden Anfechtungsrechts oder eine Einschränkung der bisherigen Rechtsprechung ist allerdings so schnell nicht zu erwarten. Der Bundesgerichtshof scheint die aktuelle Rechtslage für ausreichend und gerecht zu erachten. Dies ist jedenfalls Veröffentlichungen einzelner Senatsvorsitzender zu entnehmen (vgl. Kayser NJW 2014, 422).

FAZIT

Sportvereinen wird daher - wie auch allen anderen Wirtschaftsunternehmen - nichts anderes übrig bleiben, als sich für den Fall der Insolvenzanfechtung bestmöglich zu wappnen und sich gegen die Inanspruchnahme der Insolvenzverwalter zu wehren.

Es gilt der Grundsatz: Bereits bei ersten Anzeichen einer drohenden Insolvenz ist Vorsicht geboten. E-Mails oder Schreiben mit den Worten "Wir kennen alle Ihre wirtschaftliche Situation" sind tunlichst zu vermeiden. Sensible Themen – wie erhebliche Zahlungsrückstände oder sonstige Anzeichen einer drohenden Insolvenz – sollten vertraulich behandelt und nicht unbedingt per E-Mail-Verteiler kommuniziert werden. Die Beratungspraxis zeigt, dass sich Insolvenzverwalter gerade auf derartige E-Mail-Korrespondenz und Schriftverkehr stürzen und durch deren Vorlage bei Gericht eine gewisse Indizienlage schaffen.

Vorsicht ist auch bei der Abwehr von Inanspruchnahmen geboten. Anhand der zahlreichen Vermutungsregeln und Beweisanzeichen sollten dem Insolvenzverwalter in außergerichtlichen Vergleichsbemühungen nicht zu viele Informationen zur Verfügung gestellt werden. Es sollte frühzeitig insolvenzrechtliche Beratung in Anspruch genommen werden, um eine klare Verteidigungsstrategie aufzubauen.

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