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Feste Altersgrenze war gestern

Bundesarbeitsgericht vom 13. Januar 2015 – 3 AZR 894/12 Sachverhalt:

Der 1959 geborenen Arbeitnehmerin waren Leistungen nach den „Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung“ (AHV) zugesagt worden. Die AHV sah vor, dass weibliche Mitarbeiter – anders als ihre männlichen Kollegen – bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres die Betriebsrente beziehen können. Ferner ist in den AHV bestimmt, dass die Versorgungsbezüge um die Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gekürzt werden. Mit Hinweis auf die geänderten Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung teilte der Arbeitgeber mit, dass ab dem Geburtsjahrgang 1952 die Betriebsrente nun frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres bezogen werden könnte. Der Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei schon immer eine entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf die AHV-Rente gewesen. Die Arbeitnehmerin war der Auffassung, dass mit dem 60. Lebensjahr eine feste Altersgrenze festgelegt worden sei und klagte.

Die Entscheidung:

Das BAG urteilte nun – entgegen der Vorinstanzen – erstmals zu Gunsten des Arbeitgebers. Die AHV sei nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltenden Grundsätzen auszulegen. Eine Auslegung der Regelungen ergebe, dass es sich bei der im Wege der Gesamtzusage erteilten AHV um ein Gesamtversorgungssystem handele. Als solches sei keine bestimmte Leistung, sondern ein Gesamtversorgungsgrad zugesagt und als Gesamtzusage regelmäßig dynamisch zu verstehen. Auch die für Frauen auf das 60. Lebensjahr festgelegte Altersgrenze sei also keine „feste“, sondern eine „flexible“ Altersgrenze, wenn sich die Bedingungen für den Renteneintritt ändern. Zudem sei bei einer Gesamtversorgungszusage regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitgeber diese erst zahlen wolle, wenn der Arbeitnehmer die gesetzliche Altersrente bezieht, die auf die betriebliche Versorgungsleistung angerechnet wird. Die gesetzliche Rente sei hierbei Grundlage der gesamten betrieblichen Altersversorgung und untrennbar mit ihr verknüpft.

Nach Ansicht des BAG war dies auch für die Arbeitnehmerin erkennbar. Die Mitarbeiterin kann nach den Änderungen in der Deutschen Rentenversicherung frühestens mit Vollendung ihres 63. Lebensjahres gesetzliche Rente beziehen, weshalb diese Grenze nun auch konsequent durch die Verknüpfung des Rentenbezugs als Leistungsvoraussetzung auf die Betriebsrente durchschlägt. Die AHV-Versorgungsordnung ist demnach für weibliche Mitarbeiter entgegen ihrem Wortlaut so auszulegen, dass sie nicht bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres, sondern frühestens mit Erreichen des frühestmöglichen gesetzlichen Renteneintrittsalters, hier mit 63 Jahren, die Betriebsrente beanspruchen können.

Praxistipp:

Sollten bestehende Versorgungszusagen zwar nach ihrem Wortlaut eine feste Altersgrenze vorsehen, aber in ein Gesamtversorgungssystem gebettet sein, so sind diese Altersgrenzen als dynamisch zu verstehen. Hiermit sollten sich vor allem Arbeitgeber auseinander setzen, die ihren Arbeitnehmern Gesamtzusagen in der betrieblichen Altersversorgung erteilt haben und noch erteilen. Für die Arbeitnehmer sollte beispielweise durch einen Nachtrag zur Versorgungszusage klargestellt werden, welche Altersgrenze für sie Anwendung findet.

Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte: Sarah-Denise van der Walt

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