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Änderung des XING-Profils kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses: Wettbewerbsverstoß oder zulässige Vorbereitungshandlung?

Landesarbeitsgericht Köln vom 7. Februar 2017 – 12 Sa 745/16

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war in einer Steuerberatungskanzlei beschäftigt. Er hatte mit dem Arbeitgeber einen Vertrag über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2016 geschlossen. Ab dem 15. Februar 2016 wurde der Mitarbeiter freigestellt. Der Aufhebungsvertrag sah ausdrücklich die Fortgeltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots bis zum Beendigungstermin vor. Am 9. März 2016 stellte das Unternehmen fest, dass der Arbeitnehmer in seinem XING-Profil seinen aktuellen beruflichen Status mit „Freiberufler“ angegeben hatte. Gleichzeitig war aber aus dem XING-Profil das Unternehmen als aktuelle Arbeitgeberin ersichtlich. Es war sogar ein Link auf die Firmenwebseite vorhanden. Das Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis noch am selben Tag außerordentlich mit der Begründung, durch die Bezeichnung des beruflichen Status als „Freiberufler“ in seinem XINGProfil habe der Mitarbeiter gegen sein vertragliches Wettbewerbsverbot verstoßen.

Die Entscheidung

Das LAG Köln hielt die Kündigung ebenso wie die Vorinstanz mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für unwirksam. In der bloßen fehlerhaften Angabe des beruflichen Status als „Freiberufler“ sah das Gericht keinen Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot. Eine unzulässige Wettbewerbstätigkeit wäre nach Auffassung des Gerichts erst dann gegeben gewesen, wenn der Arbeitnehmer über sein XING-Profil aktiv eine konkurrierende Tätigkeit beworben und insofern gegebenenfalls sogar versucht hätte, Mandate der Beklagten noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses abzuwerben. Das LAG bewertete den Gesamteindruck des XING-Auftritts und stellte fest, dass dieses hierfür keine Anhaltspunkte bot. Dies insbesondere aufgrund des Hinweises auf die aktuelle Tätigkeit beim Unternehmen und den Link auf dessen Webseite, den das Gericht sogar eher als Werbung für den Arbeitgeber wertete. Auch habe der Mitarbeiter unter der auf XING ebenfalls verfügbaren Rubrik „Ich suche“ keine Angaben gemacht, also nicht aktiv nach neuen Mandaten gesucht. Das XING-Profil erwecke lediglich den fehlerhaften Eindruck einer freiberuflichen Tätigkeit für das Unternehmen.

Abschließend stellte das LAG Köln fest, dass selbst bei Annahme eines Wettbewerbsverstoßes keine Kündigung, sondern eine Abmahnung auszusprechen gewesen wäre. Eine Abmahnung sei in Fallkonstellationen mit schwieriger Abgrenzung von Vorbereitungshandlung und Wettbewerbsverstoß regelmäßig nicht entbehrlich.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil ergänzt die bestehende Rechtsprechung des BAG, die klar zwischen zulässiger Vorbereitungshandlung und Wettbewerbsverstoß unterscheidet. Konkurrenztätigkeiten während des bestehenden Arbeitsverhältnisses sind auch ohne ausdrückliche Vereinbarung unzulässig. Eine unzulässige Konkurrenztätigkeit liegt aber erst vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers auch tatsächlich noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses verletzt oder beeinträchtigt werden, etwa durch unmittelbare Einleitung oder den Abschluss von Konkurrenzgeschäften, oder durch Eintragung des Arbeitnehmers als Geschäftsführer seines künftigen, mit dem Arbeitgeber konkurrierenden Unternehmens. Die bloße Vorbereitung einer Wettbewerbstätigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist – wenn kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht – aber zulässig, so wenig sie dem Noch-Arbeitgeber auch gefallen mag. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses steht es dem Arbeitnehmer ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerade frei, in Konkurrenz zu seinem früheren Arbeitgeber zu treten. Genau diese zulässige Wettbewerbstätigkeit darf der Arbeitnehmer auch schon während seines Arbeitsverhältnisses vorbereiten.

Praxistipp

Schutz vor der Vorbereitung einer späteren Konkurrenztätigkeit bietet nur ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit den unvermeidlichen Kosten für den Arbeitgeber (vgl. auch den Blogbeitrag von Dr. Florian Olms). Wer diese Kosten nicht tragen will, sollte vor Ausspruch einer Kündigung wegen einer vermeintlichen Wettbewerbstätigkeit genau prüfen, ob diese oder zumindest der dahingehende Verdacht im Prozess auch substantiiert dargelegt werden kann. Eine anschließende Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist des Weiteren nur dann erfolgversprechend, wenn ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, der die Grenze zur Vorbereitungshandlung deutlich überschritten hat.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Frau Angela Schilling.

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