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Woche der Wahrheit für den Mindestlohn?

München, 4. September 2017 – Das Bundesarbeitsgericht verhandelt am 6. September 2017 in mehreren Verfahren zu äußerst umstrittenen Fragen im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Zum einen geht es darum, ob Sonderleistungen des Arbeitgebers wie Provisionen, Urlaubsgeld oder der Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen auf den Mindestlohn angerechnet werden können (5 AZR 441/16). Weitere Fälle betreffen die leistungsabhängige Zuwendung bei der sogenannten Akkordarbeit (5 AZR 317/16 u.a.).

"Der Gesetzgeber hat der Praxis mit dem Mindestlohngesetz Steine statt Brot gegeben. Er hat es verpasst, in wichtigen Fragen Klarheit zu schaffen", erläutert Wolfgang Lipinski, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der internationalen Wirtschaftskanzlei BEITEN BURKHARDT und Spezialist auf diesem Gebiet. "Wieder einmal sind nun die Arbeitsgerichte zur Klärung aufgerufen. Es ist zu hoffen, dass das Bundesarbeitsgericht der Praxis hilfreiche Leitlinien an die Hand gibt".  

Im ersten Fall hatte eine Verkäuferin für Raumausstattungsprodukte zwar eine über dem Mindestlohn liegende Vergütung erhalten. Sie behauptete aber, dass mehrere Bestandteile der Vergütung nicht auf den Mindestlohn anrechenbar seien. Konsequenz: Diese Bestandteile müssten von der Vergütung abgezogen werden. Da der Mindestlohn dann unterschritten ist, müsse das Unternehmen den Differenzbetrag nachzahlen. Die umstrittenen Bestandteile waren monatliche Provisionen, Prämien für "Rückläufer" aus der Ausgabe von Rabattkarten, Prämien für Einnahmen aus Nähleistungen, Urlaubsgeld aufgrund eines Tarifvertrags und der Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen. "Es wäre wünschenswert, dass das Bundesarbeitsgericht insbesondere klarstellen würde, inwieweit Provisionszahlungen auf den Mindestlohn anrechenbar sind", meint Wolfgang Lipinski. "Auch in Branchen, in denen der Mindestlohn ein Thema ist, sind Provisionszahlungen verbreitet", so der Anwalt.

In den weiteren Verfahren war mit einer Montagehelferin ein Grundstundenlohn von 6,22 EUR vereinbart worden. Zusätzlich konnte sie eine aus der stündlich erreichten Stückzahl errechnete Leistungszulage von bis zu 37 % des Grundlohns erzielen. Weil die Mitarbeiterin regelmäßig eine überdurchschnittliche Leistung erbrachte und deswegen die volle Leistungszulage erhielt, erzielte sie im entscheidenden Zeitraum immer einen Stundenlohn von 8,52 EUR. Sie forderte nun die Zahlung eines Grundlohns in Höhe des damals geltenden Mindestlohns von 8,50 EUR und zusätzlich einen Akkordaufschlag von 37%.

"Der Kern der Frage hat soziale Sprengkraft", meint Lipinski: "Die Arbeitnehmerin hat eine besondere Leistung erbracht, die aber für sie normal war", erläutert der Anwalt. "Erfordert diese besondere Leistung auch eine besondere Bezahlung zusätzlich zum Mindestlohn?", fragt der Anwalt. "Für viele Unternehmen ist die Entscheidung von großer Bedeutung, da sie unter Umständen die komplette betriebliche Lohngestaltung betrifft", so Lipinski. 

Dr. Wolfgang Lipinski ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei BEITEN BURKHARDT am Standort München. Gerne steht er für weitere Informationen, Statements und Gastbeiträge zur Verfügung.          

Kontakt
Wolfgang Lipinski
Tel.: 089 35065-1133
E-Mail: Wolfgang.Lipinski@bblaw.com

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