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Umsatzsteuerliche Praxisprobleme bei Immobilieninvestitionen

1. Einleitung

In vielen Branchen gilt die Umsatzsteuer als „durchlaufender Posten“, nicht so bei Immobilieninvestitionen. Es gilt daher, die umsatzsteuerlichen Regelungen richtig anzuwenden, um konkurrenzfähig gegenüber den Mitbewerbern zu sein. Beispielhaft sind folgende Themengebiete zu nennen:

  • Umsatzsteuerpflichtige Vermietung;
  • Vorsteuerabzug bei Immobilieninvestitionen;
  • Vorsteuerberichtigung bei Immobilieninvestitionen
  • Umsatzsteuer beim Verkauf von Immobilien;
  • Umsatzsteuer bei der Nebenkostenabrechnung (insbesondere
    beim unterjährigen Verkauf von Immobilien);
  • Umsatzsteuer bei Zahlungen von Mietern oder Vermietern bei vorzeitiger Mietvertragsauflösung;
  • Umsatzsteuer bei Lease Incentives.


In den letzten Newslettern im Mai 2019 und Oktober 2019 sowie Juli 2020 wurden bereits die umsatzsteuerpflichtige Vermietung, der generelle Vorsteuerabzug und die Vorsteuerberichtigungen erläutert. Nachfolgend wird die Umsatzsteuer beim Verkauf von Immobilien dargestellt.

2. Asset Deal oder Share Deal?

Beim Verkauf bzw. Ankauf von Immobilien sollte man sich immer zuerst die Frage stellen, ob ein Ankauf der Immobilien (Asset Deal) oder ein Ankauf der Immobiliengesellschaft (Share Deal) steuerlich sinnvoller ist. Dies ist zunächst keine umsatzsteuerliche Frage sondern eine Frage von Vorteilen bei der Ertragsteuer und Grunderwerbsteuer. Hinzu kommen ggf. auch außersteuerliche Fragestellungen, z. B. bei der Finanzierung.

3. Umsatzsteuer beim Asset Deal

3.1. Prüfung, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) vorliegt
Bei der umsatzsteuerlichen Behandlung des Verkaufs von Grundstücken im Asset Deal ist zunächst zu prüfen, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) vorliegt. Dies ist gegeben, wenn ein vermietetes Grundstück ohne wesentlichen Leerstand verkauft wird und der Käufer die Vermietung fortsetzt.

Beim Verkauf im Rahmen einer GiG können Vorsteuern aus Verkaufs- und Kaufkosten (z. B. Beraterkosten) mit dem Vorsteuerschlüssel des betroffenen (Teil-)Betriebs gezogen werden.

Zu den Besonderheiten bei der Vorsteuerberichtigung nach
§ 15a UStG wird auf den Aufsatz im Newsletter aus Juli 2020 verwiesen.

Nach neuester Auffassung der Finanzverwaltung in Anpassung an die BFH-Rechtsprechung liegt eine GiG auch bei einer im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden mehrstufigen Übertragung vor, wenn beispielsweise vermietete Grundstücke an einen Zwischenerwerber und anschließend an den Bestandhalter verkauft werden.

Auch wenn ein Bauträger mit Veräußerungsabsicht ein Grundstück kauft, bebaut und mindestens sechs Monate vor Verkauf selbst vermietet hat, liegt bei Verkauf eine GiG vor. Dabei ist nicht relevant, dass das Grundstück vom Verkäufer bilanzsteuerlich im Umlaufvermögen gehalten wird.

3.2. Keine GiG
Liegt keine GiG vor, ist der Verkauf eines Grundstücks grundsätzlich umsatzsteuerfrei, da es zu keiner Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer kommen soll
(§ 4 Nr. 9 a) UStG). Beim Verkauf kann der Verkäufer aber nach
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 UStG zur Umsatzsteuer optieren, wenn der Verkauf an einen umsatzsteuerlichen Unternehmer erfolgt. Die Option ist grundsätzlich im Unterschied zur Vermietung nicht davon abhängig, dass der Käufer als umsatzsteuerlicher Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigende Ausgangsumsätze erzielt. Allerdings wird ein Käufer eine Option nicht akzeptieren, soweit ihm durch die Option ein Vorsteuerschaden entsteht. Die Option kann daher auch teilweise für bestimmte Grundstückflächen erfolgen (Teiloption). Die (Teil-)Option ist sinnvoll, soweit der Käufer mit dem Grundstück umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt.
Die Umsatzsteuer ist für den Käufer dann kein Kostenfaktor, da er die Umsatzsteuer als Vorsteuer ziehen kann (siehe Aufsatz im Newsletter Oktober 2019). Für den Verkäufer ist die (Teil-) Option ebenfalls sinnvoll, da er den Vorsteuerabzug behält und keine Korrektur nach § 15a UStG von in der Vergangenheit gezogenen Vorsteuern vornehmen muss (siehe Aufsatz im Newsletter Juli 2020). Eine (Teil-)Option ist also dann sinnvoll, wenn in der Vergangenheit steuerpflichtig vermietet wurde und ein entsprechender Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde und die umsatzsteuerpflichtige Vermietung fortgesetzt wird. Erfolgte ausschließlich steuerfreie Vermietung sollte eine Option in der Regel nicht sinnvoll sein.

Für die Teiloption ist es wichtig die optierten Flächen im Kaufvertrag genau zu kennzeichnen.

Die (Teil-)Option ist zwingend in Kaufvertrag zu erklären. Sie kann nicht nachträglich erklärt oder zurückgenommen werden, auch nicht mit einer Nachbeurkundung (Abschnitt 9.2 (9) Satz 2+3 UStAE).

Bei Verkauf eines Grundstücks schuldet der Leistungsempfänger die Grunderwerbsteuer (§ 13b UStG – sog. Reverse Charge Verfahren). Dies gilt nicht, wenn Betriebsvorrichtungen oder andere bewegliche Wirtschaftsgüter explizit mit verkauft werden. Hier schuldet der Veräußerer die Umsatzsteuer.

3.3. Steuerklausel
Die umsatzsteuerliche Behandlung beim Verkauf von Grundstücken sollte im Kaufvertrag mit einer Steuerklausel geregelt werden. In der Steuerklausel sollte geregelt werden, ob Verkäufer und Käufer von einer GiG ausgehen oder nicht. Auch bei Annahme einer GiG sollte als Rückfallposition eine mögliche (Teil-)Option geregelt werden, da nur im Kaufvertrag die Option möglich ist (siehe Pkt. 3.2.).

4. Share Deal

Der Verkauf von Gesellschaftsanteilen ist grundsätzlich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 8 f) UStG). Eine Besonderheit ist gegeben, wenn eine Immobiliengesellschaft aus einem umsatzsteuerlichen Organkreis an einen anderen umsatzsteuerlichen Organkreis verkauft wird. Dann liegt möglicherweise eine GiG vor. Insoweit gelten die umsatzsteuerlichen Regeln des Verkaufs im Rahmen einer GiG (siehe Pkt. 3.1).

5. Zusammenfassung

  • Kauf und Verkauf von Immobilien sollten von Anfang an steuerliche Belange berücksichtigen (Share oder Asset Deal).
  • Umsatzsteuerlich sollte im Asset Deal zunächst geprüft werden, ob eine GiG vorliegt.
  • Auch bei einer GiG sollte als Rückfallposition eine mögliche (Teil-) Option erklärt werden.
  • In jedem Fall sollte eine Steuerklausel im Kaufvertrag berücksichtigt werden.

Jens Müller

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