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Käufer trägt stets Beweislast für etwa unterbliebene Aufklärung über offenbarungspflichtige Umstände, typische Regelungen über Mängel im Kaufvertrag helfen ihm dabei nicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Streit über ein gekauftes Ferienhaus, bei dem ein Raum öffentlich-rechtlich nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf, strikt prozessrechtlich festgehalten, dass den Käufer die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass eine Aufklärung hierüber seitens des Verkäufers unterblieben ist (BGH Urteil v. 06.03.2020 – VR 2/19).

Das war geschehen

Der Verkauf war – wie üblich – in der notariellen Urkunde mit einem Ausschluss der Haftung für Sachmängel erfolgt, in dem Zustand, wie sich die Immobilie bei der letzten Besichtigung befunden hat und mit der Erklärung des Verkäufers, dass ihm keine unsichtbaren Mängel bekannt seien. Mitverkauft war ein Fernseher „aus dem Wohnzimmer“

Gut zwei Jahre später stellte sich durch ein Einschreiten der Baubehörde heraus, dass just dieses Wohnzimmer, das als Garage gebaut war, die zulässige Wochenendhaus-Wohnfläche überschritt und der Rückbau auf das zulässige Maß verfügt werden sollte. Die Käufer erklärten daraufhin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangten im Wege der Rückabwicklung ihren gezahlten Kaufpreis zurück sowie Ersatz ihres Schadens. Das Berufungsgericht hatte ihnen Recht gegeben, weil die Verkäufer nur behauptet aber nicht bewiesen hätten, dass sie aufgeklärt hatten. Der BGH rückte dies beweisrechtlich gerade.

Entscheidung und Begründung des BGH

Der BGH bejahte für den Fall, dass die Anfechtung wirksam sei, grundsätzlich das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche. Auch sei die objektive Seite einer arglistigen Täuschung (Täuschung über Tatsachen durch Tun oder Unterlassen zur Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums bei Abgabe einer Willens(z. B. Kauf-)erklärung) gegeben, wenn Wohnräume als solche angepriesen würden, obwohl für eine solche Nutzung keine baurechtliche Genehmigung vorliegt. Denn bis zu einer Erteilung einer etwaigen Ausnahmegenehmigung könne die Nutzung untersagt werden.

Sollte hierüber eine Aufklärung unterblieben sein, wäre auch die subjektive Seite des arglistigen Handelns gegeben. Denn arglistig handelt ein Verkäufer, wenn er einen Mangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und den Vertrag bei Offenbarung nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätte.

Der BGH kommt zu dem Ergebnis, von daher sei die Vorgehensweise des Berufungsgerichts nicht richtig gewesen, den Verkäufern die Beweislast für die von ihnen behauptete Aufklärung zuzuweisen. Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung treffe den Anfechtenden die Pflicht darzulegen und zu beweisen, dass sämtliche Umstände, die den Tatbestand der Arglist ausfüllen, vorliegen. Dazu gehöre bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung. Da dies eine „negative Tatsache“ sei, also etwas, was nicht passiert ist und der Beweis hierüber kaum zu erbringen ist (der Käufer müsste hier für die gesamte Zeit seit dem ersten Kontakt mit dem Verkäufer nachweisen, dass jener ihm nichts über die unzulässige Wohnnutzung erklärt hat), komme dem Käufer im Wege der „sekundären Darlegungslast“ die Erleichterung zugute, dass er nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen muss. Es reiche aus, eine vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und substantiierter Hinsicht darzulegende Aufklärung mit Beweismitteln zu widerlegen.

Diese Vorgabe habe das Berufungsgericht nicht beachtet. Es sei nämlich nicht gerechtfertigt aufgrund des Inhalts des Kaufvertrages hiervon abzuweichen. Dass die Erklärung des Verkäufers zu unsichtbaren Mängeln kein Abweichen rechtfertige, sei vom BGH schon entschieden worden, denn einer solchen Erklärung komme keinerlei Beweiswert in Bezug auf eine von ihm behauptete Aufklärung zu. Denn wenn es zu einer Aufklärung gekommen ist, liegt es nahe, dass der Verkäufer in Bezug auf den offenbarten Mangel nicht mehr von einem unsichtbaren Mangel ausgegangen ist. Daran ändere auch der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit der notariellen Kaufvertragsurkunde nichts, denn dieser gelte nur für die getroffenen Vereinbarungen, nicht für bei Besichtigungen und Verhandlungen erteilte Informationen. Auch sonstige Inhalte der Kaufvertragsurkunde rechtfertigten kein Abgehen von der Darlegungs- und Beweislastregel, wobei solche Inhalte ohnehin nur indizielle Bedeutung haben könnten. Die Regelung, die Immobilie werde in dem Zustand verkauft, in dem sie sich bei der letzten Besichtigung befunden habe, lasse ohnehin keine Rückschlüsse darauf zu, welche Informationen der Verkäufer in Bezug auf einen Mangel gegeben oder nicht gegeben hat. Der Begriff „Wohnzimmer“ dürfte eher zur Individualisierung des mitverkauften Fernsehers gedient haben.

Fazit

Die Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien einer Immobilie sind nach § 311b BGB notariell zu beurkunden. Ihnen kommt dadurch eine erhöhter Beweiswert zu, was jedoch (z. B. bei nicht eindeutigen Formulierungen) nicht ausschließt, dass auch über Regelungen in einer Urkunde gestritten und diese ausgelegt werden müssen. Allerdings sorgt die Pflicht des Notars, eindeutig nach dem zu ermittelnden Willen der Parteien zu formulieren (§ 17 BeurkG) dafür, dass solche Fälle möglichst vermieden werden. Nicht zu vernachlässigen sind in indes auch die Vorgänge vor einer solchen Beurkundung der Parteivereinbarungen. So können den Verkäufer vor Beurkundung gemachte Äußerungen (z. B. durch den von ihm beauftragten Makler) treffen und bestimmte Eigenschaften der Kaufsache begründen, die bei Fehlen eine Sachmängelhaftung begründen. Der Käufer wiederum muss beim typischerweise vereinbarten Haftungsausschluss für Mängel darauf achten, dass er alle sichtbaren Mängel (am besten zusammen mit einem Fachmann) feststellt und sich über unsichtbare aufklären lässt (und daran seine Erklärung zum Kaufpreis ausrichtet). Dazu sollten natürlich (vom Fachmann) Fragen gestellt werden. Nach dieser klarstellenden höchstrichterlichen Entscheidung dürfte es sich empfehlen, bei den vorvertraglichen Treffen und Gesprächen mit dem Verkäufer stets eine neutrale unbeteiligte Person hinzuzuziehen, die dann als Zeuge eine unterbliebene Aufklärung für einen später zutage tretenden Mangel, für den der Verkäufer eine Aufklärung behauptet, bestätigen kann. Sie sollte auch sogleich ein Protokoll fertigen und ihre Wahrnehmungen bei solchen Treffen und Gesprächen darin an Eides statt bekräftigen und unterschreiben.

Robin Maletz

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