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Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Der Fachkräftemangel ist eine Herausforderung, mit der eine Vielzahl von Unternehmen in unterschiedlichsten Branchen zu kämpfen hat. Die Politik versucht, inländische Potentiale zu aktivieren. Hierzu wurden das Qualifizierungschancengesetz sowie das Arbeit-von-morgen-Gesetz entwickelt. Neben den inländischen Maßnahmen ist auch die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften ein großes Thema. Nach derzeit geltender Rechtslage ist es für ausländische Fachkräfte je nach Herkunftsland und Qualifikation relativ schwierig, in Deutschland tätig zu werden. Die Möglichkeiten für Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit sind begrenzt und die zu erfüllenden Anforderungen hoch. Fachkräfte aus Drittstaaten hatten bislang nur mit akademischer Ausbildung unbeschränkten Arbeitsmarktzugang oder nur in bestimmten Engpassberufen. Hinzu kommt, dass der Prozess zur Erlangung eines Aufenthaltstitels einen erheblichen Zeitaufwand erfordert. Erleichterungen soll das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) bringen, das am 1. März 2020 in Kraft tritt (vgl. Schmid im BEITEN BURKHARDT Newsletter Arbeitsrecht, Ausgabe August 2019, S. 3 f.). Nun stehen die Einzelheiten zu den Änderungen durch das neue FEG fest. In erster Linie werden diese durch Neufassungen und Neuregelungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) umgesetzt.

Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick

Mit dem neuen FEG soll ein Rahmen für eine gezielte und gesteigerte Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten geschaffen werden. Damit sollen vor allem Fachkräfte gewonnen werden, die die Unternehmen vor dem Hintergrund des großen Personalbedarfs und leerer Bewerbermärkte dringend benötigen, d.h. in erster Linie Personen mit Hochschulabschluss sowie qualifizierter Berufsausbildung. Eine der wichtigsten Änderungen durch das FEG ist daher, dass künftig nicht mehr nur Personen mit akademischer Ausbildung, sondern auch Fachkräfte mit einer ausländischen beruflichen Qualifikation in allen Berufen ein Visum oder einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung erhalten können. Damit ist der deutsche Arbeitsmarkt nicht nur für Hochqualifizierte vollständig geöffnet, sondern auch für Menschen mit anerkannter Berufsausbildung.

Die zentrale Norm (§ 18 AufenthG) unterschied bislang nach Beschäftigung einer Fachkraft, d.h. die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, und sonstigen Beschäftigungen, bei denen dies nicht der Fall war. Diese Unterscheidung gibt es künftig nicht mehr.

Zusammenfassend bringt das FEG ab dem 1. März 2020 folgende wichtige Neuerungen:

  • Einheitlicher Fachkräftebegriff, unter dem nicht nur Hochschulabsolventen, sondern nun auch Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung zu verstehen sind.
  • Verzicht auf Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag.
  • Wegfall der Beschränkung auf bestimmte Mangel- bzw. Engpassberufe bei qualifizierter Berufsausbildung.
  • Möglichkeit für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung, entsprechend der bestehenden Regelung für Hochschulabsolventen für eine befristete Zeit zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen (Voraussetzung: deutsche Sprachkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung).
  • Bei Vorliegen eines geprüften ausländischen Abschlusses verbesserte Möglichkeiten zum Aufenthalt für Qualifizierungsmaßnahmen im Inland mit dem Ziel der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen, Verfahrensvereinfachungen durch eine Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden und beschleunigte Verfahren für Fachkräfte.

Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung

Für Arbeitgeber ist vor allem die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung von Fachkräften interessant. Wenn Arbeitgeber

  • eine ausländische Fachkraft mit Berufsausbildung beschäftigen möchten – dies sind solche Ausländer, die eine deutsche oder gleichwertige Berufsqualifikation besitzen –

oder

  • eine ausländische Fachkraft mit akademischer Ausbildung beschäftigen möchten – dies sind solche Ausländer, die einen deutschen oder anerkannten bzw. vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen –

sind folgende Voraussetzungen notwendig:

  • Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes,
  • Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit,
  • ggfs. Vorliegen oder Zusage einer Berufsausübungserlaubnis (z.B. bei reglementierten Berufen) und
  • Feststellung der Gleichwertigkeit der Qualifikation des Ausländers bzw. Vorliegen eines deutschen oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschlusses.

Tipp: Der wichtigste Schritt für ausländische Fachkräfte ist die Anerkennung der jeweiligen ausländischen Qualifikation. Dies muss geschehen, bevor ein entsprechendes Visum für Deutschland erteilt wird.

Damit ist die Beschäftigung von Fachkräften mit beruflicher, d.h. nicht-akademischer Ausbildung künftig auch nicht mehr auf Engpassberufe beschränkt. Mit einer in Deutschland anerkannten Berufsausbildung erlaubt der Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung auch diesen Fachkräften den Zugang zu allen Berufen, für die sie ihre Qualifikation befähigt.

Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatz-/Ausbildungssuche

Neu ist außerdem, dass ausländische Fachkräfte künftig die Möglichkeit haben, bereits zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einzureisen. Dies soll die Stellenbesetzung erleichtern. Gleiches gilt für die Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz. Arbeitgebern kann das im Hinblick auf die Suche von Fachkräften zur Besetzung offener Stellen zugutekommen. Nach den Änderungen können künftig Fachkräfte mit Berufsausbildung für bis zu sechs Monate zur Arbeitssuche einreisen, wenn diese eine anerkannte Qualifikation, die notwendigen Deutschkenntnisse und einen gesicherten Lebensunterhalt vorweisen. Möglich ist nun auch eine Probearbeit von bis zu zehn Wochenstunden im späteren Beruf. Damit können z.B. auch Praktika bei dem potentiellen Arbeitgeber absolviert werden.

Verzicht auf Vorrangprüfung/Engpassprüfung

Grundsätzlich muss bislang vor der Einstellung einer Fachkraft aus einem Drittstaat festgestellt werden, ob für die Stelle ein inländischer oder europäischer Bewerber zur Verfügung steht. Diese Vorrangprüfung wird aufgrund der guten Arbeitsmarktlage durch das FEG für qualifizierte Fachkräfte mit anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag aufgehoben und der Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt damit erleichtert. Lediglich für den Zugang zur Berufsausbildung bleibt sie bestehen. Zugleich enthält das Gesetz jedoch eine Verordnungsermächtigung, wonach bei einer Veränderung der Arbeitsmarktsituation die Vorrangprüfung – z.B. bezogen auf bestimmte Berufe oder Regionen – wieder eingeführt werden kann.

Erleichterungen im Anerkennungs- und Visumverfahren

Ein wesentlicher Punkt bzw. die Hürde zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zur Erwerbstätigkeit ist und wird auch in Zukunft die Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation bleiben. Gerade im nichtakademischen Bereich werden ausländische Qualifikationen aber erst als gleichwertig anerkannt, wenn sich die Person in Deutschland praktisch oder theoretisch nachqualifiziert. Hierzu erweitert das Fachkräfteeiwanderungsgesetz die Möglichkeiten des Aufenthalts zur beruflichen Anerkennung bzw. zu Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland. Außerdem können künftig im Rahmen von Vermittlungsabsprachen der Bundesagentur für Arbeit Anerkennungsverfahren vollständig im Inland durchgeführt werden.

Zudem soll mit einem neuen beschleunigten Fachkräfteverfahren eine Möglichkeit geschaffen werden, unter Einbindung des Arbeitgebers und der örtlichen Ausländerbehörde in einem zeitlich absehbaren, planungssicheren Verfahren ein Visum zu erhalten.

Fazit

Ob das FEG zum erhofften Erfolg führt, bleibt abzuwarten. Ein Aspekt wird dabei sicherlich sein, wie die behördliche Umsetzung erfolgt. Aus der Vergangenheit sind diverse Beispiele bekannt, in denen gut gemeinte Regelungen in der Umsetzung wenig Erfolg hatten: so beispielsweise die Westbalkanregelung, mit der für Staatsangehörige verschiedener Balkanländer der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gelockert wurde. Aufgrund von Wartezeiten für Termine zur Beantragung der entsprechenden Aufenthaltstitel von bis zu einem Jahr hatte die Regelung nur einen geringen Anwendungsbereich und war daher nicht besonders effektiv. Zudem darf bei einer Migration von Drittstaatsangehörigen nicht übersehen werden, dass neben den rechtlichen Voraussetzungen zahlreiche andere Aspekte (Wohnraum, soziale Integration etc.) für den Erfolg entscheidend sind.

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Michaela Felisiak und Dr. Martina Schlamp.

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Arbeitsrecht Fachkräfte Fachkräfteeinwanderungsgesetz Fachkräftemangel