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Keine Entschädigung für eine vermeintliche Altersdiskriminierung bei einer vom Bewerber provozierten Absage

Bundesarbeitsgericht vom 31. März 2022 - 8 AZR 238/21

Die Geltendmachung einer Entschädigung eines erfolglosen Bewerbers nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Bewerber die Absage durch sein Verhalten provoziert hat. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden.

Sachverhalt

"Ich bin sicherlich nicht klüger als meine Mitbwerbe [sic!] …. Freuen Sie sich auf ein Vorstellungsgespräch" - so bewarb sich ein 74-jähriger Oberamtsrat a. D. auf eine Stelle als Bürosachbearbeiter, für die ausdrücklich ein „gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen“ vorausgesetzt wurde. Neben zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehlern in seiner Bewerbungs-E-Mail rückte der betagte Bewerber im Bewerbungsverfahren wiederholt auch sein fortgeschrittenes Lebensalter in den Vordergrund. Zudem machte er durch die Angabe seiner "pensionsbedingten Höchstverdienstgrenze" gezielt deutlich, dass er die ausgeschriebene Vollzeitstelle allenfalls in Teilzeit ausüben könnte. Wie von vorneherein beabsichtigt, erhielt er schließlich eine Absage, verbunden mit einem Hinweis auf die geltende tarifliche Regelung aus § 33 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD), wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endet, in dem der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat. Der Arbeitgeber vertrat dabei die Auffassung, grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis mit Personen begründen zu wollen, die bereits die sog. Regelaltersgrenze erreicht haben.

Der ehemalige Beamte im Bundespresseamt verlangte daraufhin wegen einer vermeintlichen Altersdiskriminierung eine Entschädigung nach dem AGG, was ihm das Arbeitsgericht Bonn in Höhe von EUR 2.500 auch zusprach. Nachdem das LAG Köln die Berufung des Arbeitgebers zurückgewiesen hatte, landete der Fall in letzter Instanz beim BAG.

Die Entscheidung

Das BAG konnte es letztlich offenlassen, ob eine unmittelbare Benachteiligung des Bewerbers aufgrund seines Alters möglicherweise gerechtfertigt ist, denn jedenfalls die Geltendmachung der Entschädigung des ehemaligen Beamten erwies sich als rechtsmissbräuchlich. Der Bewerber, so das BAG, hatte sich bewusst in allen wesentlichen Punkten als ungeeignet präsentiert. Sein gesamtes Verhalten hat deutlich gemacht, dass er es geradezu auf eine Absage des Arbeitgebers angelegt, dessen Absage sogar provoziert hat. Ihm ging es nicht darum, die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern er bezweckte mit seiner Bewerbung ausschließlich die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung nach dem AGG zu schaffen. In der Gesamtschau stellte sich sein Verhalten daher als rechtsmissbräuchlich dar. Folglich war das zuvor ergangene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Konsequenzen für die Praxis

Dem Urteil des BAG lassen sich im Hinblick auf die Bewerbung und sein Verhalten im Bewerbungsverfahren wichtige Anhaltspunkte entnehmen, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen können. In der Praxis wird allerdings kaum ein Fall so klar wie hier liegen, sodass stets eine ausführliche Einzelfallprüfung zu erfolgen hat, damit einschätzbar ist, ob die hohen Voraussetzungen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens erfüllt sind.

Praxistipp

Generell empfiehlt es sich, auf eine Begründung der Absage an einen Bewerber zu verzichten, um keine Angriffsfläche für etwaige Benachteiligungsvorwürfe zu schaffen. Ein abgelehnter Bewerber kann grundsätzlich nicht verlangen, dass ihm die Gründe für die Absage mitgeteilt werden. Falls der der Arbeitgeber dennoch Gründe mitteilen möchte, sollten sich diese ausschließlich auf die Tätigkeit beziehen und nicht auf die Person des Bewerbers. Macht die Bewerbung den Eindruck, dass der Bewerber gar kein Interesse an der ausgeschriebenen Stelle hat, sollten Arbeitgeber auch an die Möglichkeit eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens denken und dies bei einem etwaigen Entschädigungsverlangen gründlich prüfen.

Maximilian Quader