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Corona-Update für Arbeitgeber

Bund und Länder haben am 16. Februar 2022 beschlossen, dass die wesentlichen Corona-Maßnahmen bis zum 20. März 2022 aufgehoben oder heruntergefahren werden sollen. Andererseits hat die öffentliche Debatte um die allgemeine Impfplicht weiter an Fahrt aufgenommen und gibt Anlass, einen Blick auf die bereits beschlossene sog. „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ zu werfen, die zum 16. März 2022 ihre Wirkung entfaltet.

(Einrichtungsbezogene) Impfpflicht

Schon im Dezember 2021 hat der Gesetzgeber die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ für bestimmte Bereiche des Gesundheitswesens eingeführt (§ 20a Infektionsschutzgesetz – IfSG). Zunächst betrifft die Neuregelung zwar nur („einrichtungsbezogen“) das Gesundheitswesen. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings klar, dass die „Impfpflicht“ mit Sicherheit auch Beschäftigte außerhalb der originären Gesundheitsbranche betreffen wird. Aus diesem Grund und mit Blick auf die womöglich kommende allgemeine Impfpflicht sollten auch Arbeitgeber anderer Branchen die Ausgestaltung und die arbeitsrechtlichen Folgen der Neuregelung genau im Auge behalten.

Inhaltliche Ausgestaltung der Neuregelung

Konkret stellt die Neuregelung weniger eine Impfpflicht als vielmehr eine Verpflichtung zur Vorlage bestimmter Immunitätsnachweise dar. So müssen in Einrichtungen des Pflege-, Betreuungs- und Gesundheitswesens tätige Personen bis zum 15. März 2022 entweder einen Impf- oder Genesenennachweis („2G-Nachweis“) oder ein ärztliches Attest darüber vorlegen, dass sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Sobald ein 2G-Nachweis seine Gültigkeit verliert, muss binnen eines Monats ein neuer Nachweis vorgelegt werden.

Die Vorlagepflicht knüpft an die tatsächliche Tätigkeit in der Einrichtung an und beschränkt sich nicht auf die Beschäftigten der Einrichtung. Es sind also auch externe Personen erfasst, die nicht nur ganz vorübergehend (wenige Minuten) die Einrichtung betreten (z.B. Handwerker). Ob direkter Kontakt zu vulnerablen Personengruppen besteht, ist für die Nachweispflicht grundsätzlich nicht maßgeblich, weshalb etwa auch in der Verwaltung beschäftigte Personen miteingeschlossen sind.

Damit ist klar, dass die Nachweispflicht nicht nur Unternehmen im Gesundheitswesen trifft, sondern darüber hinaus auch etwa Hersteller medizinischer und medizintechnischer Produkte sowie diverse Dienstleistungsunternehmen (z.B. Reinigungsunternehmen, Handwerksbetriebe etc.), sofern deren Beschäftigten die erfassten Einrichtungen aufsuchen.

Sofern der 2G-Nachweis nicht fristgerecht vorgelegt wird oder Zweifel an dessen Richtigkeit bestehen, müssen Arbeitgeber das zuständige Gesundheitsamt informieren, das dann Anordnungen (z.B. ein Tätigkeitsverbot) treffen kann.

Praxistipp:
Das Gesetz sieht keine Form vor, wie genau die Benachrichtigung und die Übermittlung personenbezogener Daten an das Gesundheitsamt zu erfolgen hat. Demnach ist eine Benachrichtigung per E-Mail ausreichend. Zur Sicherheit sollten sich Arbeitgeber den Eingang der E-Mail jedoch von der Behörde bestätigen lassen.

Für Personen, die nach dem 16. März 2022 eine einrichtungsbezogene Tätigkeit neu aufnehmen, gilt die Nachweispflicht schon vor Tätigkeitsbeginn, d.h. die Personen dürfen in den Einrichtungen erst dann tätig werden, wenn ein gültiger 2G-Nachweis vorgelegt worden ist. Demnach besteht ohne 2G-Nachweis bei Neueinstellungen ab dem 16. März 2022 von Anfang an ein gesetzliches Tätigkeitsverbot, während ein Tätigkeitsverbot für „Alt-Beschäftigte“ erst einer entsprechenden behördlichen Anordnung bedarf. Bei Verstößen gegen behördliche Anordnungen oder das Tätigkeitsverbot können Arbeitgebern und Beschäftigten Geldbußen von bis zu 25.000 Euro auferlegt werden.

Arbeitsrechtliche Folgen

Soweit für Beschäftigte ein gesetzliches bzw. angeordnetes Tätigkeitsverbot gilt und diese nicht anderweitig (z.B. außerhalb der Einrichtung oder im Homeoffice) eingesetzt werden können, entfällt die Vergütungspflicht des Arbeitgebers entsprechend dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“.

Praxistipp:
Arbeitgeber sollten entscheiden, wie sie mit den Beschäftigten umgehen werden, die die dargestellten gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Kommt eine Beschäftigung außerhalb des Betriebs (z.B. im Homeoffice) nicht in Betracht (z.B. bei einer Krankenschwester, einem Altenpfleger), entfällt ab Inkrafttreten eines Tätigkeitsverbots die Vergütungszahlungspflicht des Arbeitgebers. Der Ausspruch einer personenbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem betroffenen Arbeitnehmer aufgrund der fehlenden persönlichen Eignung zur Tätigkeit dürfte unter Berücksichtigung der strengen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in diesem Zusammenhang nur ausnahmsweise in Betracht kommen.
Sollten Beschäftigte beharrlich die Vorlage von Nachweisen verweigern und aufgrund eines Tätigkeitsverbots voraussichtlich dauerhaft nicht mehr beschäftigt werden können, kommt eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht, falls das Verhalten des Arbeitnehmers zuvor einschlägig abgemahnt wurde.

Unternehmen, die zumindest Verbindungen zur Medizin- und Gesundheitsbranche haben, sollten prüfen, ob Beschäftigte in den von § 20a IfSG erfassten Einrichtungen eingesetzt werden. Sofern Beschäftigte tatsächlich nicht für einen nur ganz vorübergehenden Zeitraum in einer erfassten Einrichtung tätig sind und ein 2G-Nachweis erforderlich ist, sind entsprechende Nachweise von den Arbeitnehmern einzufordern.

Ende der Home-Office-Pflicht

Zwar ist die neue Regelung des § 20a IfSG für eine Vielzahl von Arbeitgebern relevant. Dennoch werden ab 20. März 2022 die wesentlichen gesetzlichen Corona-Schutzmaßnahmen und der damit verbundene Handlungsbedarf für Unternehmen weitgehend enden. Der genaue Zeitplan für die jeweiligen Maßnahmen steht noch nicht fest und hängt vom jeweiligen Bundesland ab. Fest steht dagegen, dass die aktuell geltende Home-Office-Pflicht nach § 28b Abs. 4 IfSG mit dem 19. März 2022 abläuft. In der Praxis wird sich daher vor allem die Frage stellen, ob Beschäftigte dann wieder zurück ins Büro müssen oder vielleicht doch – zumindest teilweise – ihre Tätigkeit weiterhin aus dem Home-Office erbringen dürfen.

Wegfall des gesetzlichen Sonderanspruchs

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde erstmalig ein vorübergehender gesetzlicher Anspruch auf Home-Office eingeführt. Mit Wegfall des § 28b IfSG entfällt auch dieser gesetzliche Sonderanspruch. Solange Arbeitgeber und Beschäftigte keine Vereinbarung zum Home-Office getroffen haben, kann der Arbeitgeber per Direktionsrecht jederzeit die Rückkehr ins Büro anordnen (so auch das Landesarbeitsgericht München vom 26. August 2021 – 3 SaGa 13/21).

Da bei vielen Beschäftigten der Wunsch besteht, jedenfalls teilweise aus dem Home-Office oder mobil zu arbeiten, haben viele Arbeitgeber bereits entsprechende Konzepte entwickelt. Soweit Home-Office oder mobiles Arbeiten auch weiterhin möglich sein soll, ist Arbeitgebern zu empfehlen, dies möglichst auf der Grundlage des Direktionsrechts zu erlauben, ohne dass den Arbeitnehmern ein entsprechender Anspruch auf Homeoffice oder mobiles Arbeiten eingeräumt wird. Dies hat den Vorteil, dass die Rückkehr des Arbeitnehmers an den betrieblichen Arbeitsplatz leichter durchgesetzt werden kann.

Dabei ist zu bedenken, dass „Home-Office“ derzeit noch kein rechtlich feststehender Begriff ist. Home-Office wird in der Umgangssprache häufig synonym für die beiden bisher rechtlich feststehenden Begriffe „Telearbeit“ bzw. „Mobile Arbeit“ verwendet. Der Unterschied zwischen Telearbeit und mobiler Arbeit liegt vor allem darin, dass für Telearbeit die Arbeitsstättenverordnung greift und dort als fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten definiert ist. Anders die mobile Arbeit: Die Arbeitsstättenverordnung findet keine Anwendung; Beschäftigte können ihre Arbeit von einem beliebigen Ort – problemlos aus dem Inland – über eine Verbindung zum Betrieb per Informations- und Kommunikationstechnik erbringen. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition sieht vor, dass Home-Office neben der Telearbeit als eigene Möglichkeit der mobilen Arbeit bestehen bleiben soll. Insbesondere soll Beschäftigten ein Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Home-Office gegenüber ihrem Arbeitgeber gewährt werden. Der Arbeitgeber soll dem Wunsch nur dann widersprechen dürfen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. (Dringende) „betriebliche Belange“ finden sich beispielsweise auch im Bundesurlaubsgesetz oder im Teilzeit- und Befristungsgesetz. Teilweise nennt das Gesetz Regelbeispiele, teilweise wird der Begriff anhand von Einzelfällen durch die Rechtsprechung weiter konkretisiert. Dies ist auch für die „betrieblichen Belange“ in Bezug auf das Home-Office zu erwarten. Naturgemäß dürfte etwa die Eigenart der Tätigkeit in bestimmten Fällen schon einen entgegenstehenden betrieblichen Grund darstellen. Zu denken wäre hier z.B. an den „Fließbandmitarbeiter“ in einem Produktionsbetrieb. Der Koalitionsvertrag sieht außerdem vor, dass die mobile Arbeit auch EU-weit rechtssicher möglich werden soll, da mobiles Arbeiten im Ausland derzeit für Arbeitgeber mit erheblichen Risiken verbunden ist (z.B. Gründung einer steuerlich relevanten Betriebsstätte im Ausland).

Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Arbeitgeber sollten bereits jetzt, soweit dies nicht ohnehin schon geschehen ist, Modelle zur Flexibilisierung in diesem Zusammenhang ausarbeiten. Dabei ist den Unternehmen zu empfehlen, dies auf der Grundlage des Direktionsrechts zu tun. Wesentlicher Vorteil ist, dass neben dem zu vermeidenden Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice-Tätigkeit auch der administrative Aufwand, mit jedem einzelnen Arbeitnehmer eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, entfällt. Da dem Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebsverfassungsgesetz bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit ein Mitbestimmungsrecht zusteht, kann der Arbeitgeber zusammen mit dem Betriebsrat auch in einer Betriebsvereinbarung die Details zur mobilen Arbeit festlegen. Umfasst sind von dem genannten Mitbestimmungsrecht beispielsweise Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Arbeit, den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit oder auch den Ort, von dem aus mobil gearbeitet werden darf.

Praxistipp:
Es empfiehlt sich, den Arbeitnehmern die einzuhaltenden Regeln bei der Arbeit im Homeoffice/mobilen Arbeit im Detail vorzugeben (z.B. die ausschließliche Nutzung einer verschlüsselten WLAN-Verbindung).

3G-Zugangsregel im Betrieb und Schnelltests entfallen

Die weitreichende Aufhebung der gesetzlichen Corona-Schutzmaßnahmen betrifft insbesondere auch die 3G-Pflicht in Betrieben (§ 28b Abs. 1 IfSG). Das bedeutet, dass ab dem 20. März 2022 Beschäftigte keinen Immunitätsnachweis mehr erbringen müssen, soweit nicht die Nachweispflicht für Einrichtungen des Pflege-, Betreuungs- und Gesundheitswesens greift (§ 20a IfSG, siehe oben). Für Arbeitgeber hat dies zur Folge, dass die betriebliche 3G-Kontrollpflicht entfällt.

Praxistipp:
In wenigen Ausnahmefällen ist es bei Vorliegen besonderer Umstände oder der Einwilligung aller Beschäftigten denkbar, dass Arbeitgeber „freiwillig“ die 3G-Kontrollpflicht in Betrieben fortführen. Dies käme in Betracht, falls dies Teil eines besonders strengen Hygienekonzepts im Betrieb wäre, das durch tatsächliche Umstände gerechtfertigt ist (z.B. Beschäftigung besonders schutzwürdiger Personen).

Im Übrigen müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten derzeit noch zwei Schnelltests pro Woche anbieten (§ 4 Abs. 1 Covid-19-Arbeitsschutzverordnung) und medizinische Schutzmasken zur Verfügung stellen (§ 2 Abs. 2 Covid-19-Arbeitsschutzverordnung). Mit Außerkrafttreten der Verordnung zum 20. März 2022 entfallen auch diese Verpflichtungen – und zwar für alle Arbeitgeber. Wie genau ein Basisschutz ausgestaltet bzw. weiterhin gewährleistet wird und welche konkreten Maßnahmen dann von Arbeitgeberseite noch zu berücksichtigen sind, bleibt abzuwarten. Wir werden darüber informieren.

Laura Hagen und Jonas Türkis

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