Die frohe Botschaft kam im letzten Jahr bereits einige Tage vor Weihnachten: Ab dem 1. Januar 2018 werden Vergabeverfahren einfacher – jedenfalls in einigen Bereichen. Grund dafür sind die neuen EU-Schwellenwerte für den Zeitraum 2018 - 2019, die die EU-Kommission am 18. Dezember 2017 verordnet und am 19. Dezember 2017 im EU-Amtsblatt veröffentlicht hat. Die Schwellenwerte sind jene Wertgrenzen, ab denen öffentliche Aufträge EU-weit ausgeschrieben und nach den strengeren Regelungen der EU-Vergaberichtlinien vergeben werden müssen. Bei oberschwelligen Auftragsvergaben müssen deutsche Auftraggeber dann den 4. Teil des GWB und die VgV bzw. die VOB/A-EU, im Sektorenbereich die SektVO, im Bereich Verteidigung und Sicherheit die VSVgV bzw. die VOB/A-VS und bei der Vergabe von Konzessionen die KonzVgV beachten. Vergaberechtsverstöße können in Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern und Oberlandesgerichten geltend gemacht werden. Gegenüber den noch bis Ende 2017 geltenden Schwellenwerten liegen die ab dem 1. Januar 2018 gültigen Werte um durchschnittlich 6 Prozent höher. Im Einzelnen müssen öffentliche Aufträge dann erst ab folgenden Auftragswerten EU-weit ausgeschrieben werden:
Bereich | Schwellenwert alt | Schwellenwert neu |
Bauleistungen | EUR 5.225.000 | EUR 5.548.000 |
Liefer-/Dienstleistungen von Vergabestellen des Bundes | EUR 135.000 | EUR 144.000 |
Liefer-/Dienstleistungen von sonstigen Vergabestellen | EUR 209.000 | EUR 221.000 |
Liefer-/Dienstleistungen im Bereich der Sektoren | EUR 418.000 | EUR 443.000 |
Liefer-/Dienstleistungen im Bereich Verteidigung und Sicherheit | EUR 418.000 | EUR 443.000 |
Bau-/Dienstleistungskonzessionen | EUR 5.225.000 | EUR 5.548.000 |
Die neuen Schwellenwerte wurden – wie üblich – durch die EU-Kommission in Form von EU-Verordnungen (Delegierte Verordnungen (EU) 2017/2364, 2017/2365, 2017/2366 und 2017/2367) erlassen. Sie gelten als Primärrecht unmittelbar und bedürfen keiner Umsetzung in nationales Recht. Die zentrale nationale Vorschrift zu den Schwellenwerten enthält mit § 106 Abs. 2 GWB daher auch lediglich eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültigen EU-Verordnungen. Das BMWi wird aber, wie in § 106 Abs. 3 GWB vorgesehen, die neuen Schwellenwerte umgehend zur Information im Bundesanzeiger veröffentlichen. Die neuen Schwellenwerte gelten für alle Vergabeverfahren, die ab dem 1. Januar 2018 begonnen werden. In der Zeit bis dahin befinden wir uns in einer nicht uninteressanten Sondersituation, quasi „zwischen den Jahren“: Noch gelten die alten, niedrigeren Schwellenwerte, bekannt sind allerdings bereits die ab Januar geltenden höheren Wertgrenzen. Auftraggeber, die aktuell ein Vergabeverfahren planen, dessen geschätzter Wert über dem aktuellen einschlägigen Schwellenwert, aber unter dem zukünftigen Wert liegt (z. B. ein Bauauftrag mit EUR 5,4 Mio. Auftragsvolumen), können durch kurzzeitiges Verschieben des Ausschreibungsbeginns auf Anfang 2018 einen heute EU-weit auszuschreibenden Auftrag dann vergaberechtskonform unterschwellig vergeben. Und auch zukünftig müssen genau diese Vergabeverfahren, deren Volumen über dem bisherigen aber unter dem neuen Schwellenwert liegt, nicht mehr EU-weit ausgeschrieben werden und unterliegen nur noch den Basisvorschriften der VOB/A und der VOL/A bzw. der UVgO. Unverändert bleiben übrigens der Schwellenwert für die Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen nach § 130 GWB (EUR 750.000 für klassische Auftraggeber bzw. EUR 1.000.000 im Sektorenbereich) sowie die Werte für die Bagatelllose gem. §§ 3 Abs. 9 VgV, 2 Abs. 9 SektVO, 3 Abs. 7 VSVgV (EUR 80.000 im Liefer-/Dienstleistungsbereich und EUR 1.000.000 im Baubereich). Die nächste Anpassung der EU-Schwellenwerte für die Jahre 2020 und 2021 wird im Dezember 2019 erfolgen. Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontakieren Sie bitte Herrn Stephan Rechten.