Die Verabreichung von individuell in der Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika im Rahmen einer ambulanten Heilbehandlung (Krebstherapie) in diesem Krankenhaus ist ein mit dieser ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz und daher umsatzsteuerfrei. Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. September 2014 und BMF-Schreiben vom 28. September 2016
Die Finanzverwaltung vertrat bisher die Auffassung, dass die Abgabe von Arzneimitteln durch Krankenhausapotheken für ambulante Heilbehandlungen im Krankenhaus grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig ist. Die Voraussetzungen für eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b) UStG wären nicht erfüllt, da die Abgabe von solchen Arzneimitteln kein eng mit einer ärztlichen Heilbehandlung verbundener Umsatz sei. Infolgedessen behandelte die Finanzverwaltung insbesondere die Abgabe von individuell hergestellten Zytostatika im Rahmen von ambulanten Behandlungen im Krankenhaus als umsatzsteuerpflichtig. Mit Urteil vom 24. September 2014 hat der Bundesfinanzhof (BFH) demgegenüber entschieden, dass die Verabreichung von individuell in der Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika im Rahmen einer ambulanten Heilbehandlung (Krebstherapie) in diesem Krankenhaus ein mit dieser ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz und daher umsatzsteuerfrei ist. Nach Auffassung des BFH sind die ambulante Heilbehandlung und die Arzneimittelabgabe zwar eigenständige Leistungen. Aber da die Arzneimittelabgabe zur Erreichung des damit verfolgten therapeutischen Zwecks unentbehrlich sei, ist sie jedoch ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz. Aus diesem Grund sei es für die Umsatzsteuerbefreiung auch unerheblich, aufgrund welcher sozialrechtlichen Ermächtigungsform die ambulante Krankenhausbehandlung erfolgt. Maßgeblich sei – so der BFH – nicht die Identität des Leistenden, sondern die Identität des Patienten.
Bisher hatte die Finanzverwaltung noch nicht zu der allgemeinen Anwendung des BFH-Urteils Stellung genommen. Seit der Entscheidung des BFH vor zwei Jahren war daher in der Praxis ungewiss geblieben, welche Konsequenzen aus dem Urteilsspruch der obersten Finanzrichter zu ziehen sind. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nun mit Schreiben vom 28. September 2016 (BStBl. I 2016, S. 1043) nach einem längeren Anhörungsverfahren – der erste Entwurf des BMF-Schreibens stammt vom 16. Dezember 2015 – zur Anwendung des Urteils Stellung genommen:
Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. April 2017 erbrachte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn an der bisher umsatzsteuerpflichtigen Behandlung festgehalten wird.
Krankenhäuser sollten die Abrechnung von individuell hergestellten Arzneimitteln im Hinblick auf die Umsatzsteuerbefreiung auf den Prüfstand stellen. Die bestehenden Verträge mit den Krankenkassen müssen spätestens bis zum 1. April 2017 an die neue Rechtslage angepasst werden. Hinsichtlich der vergangenen Jahre ist – insbesondere wenn Krankenkassen Rückforderungsansprüche geltend machen – Augenmaß gefordert: Beruft sich ein Krankenhaus für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume auf die Steuerbefreiung, entfällt auch der Vorsteuerabzug aus den damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen. Wurde in einem solchen Fall in den Rechnungen durch das Krankenhaus bislang die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, wird diese aufgrund des unrichtigen Ausweises zunächst weiterhin geschuldet. Um dies zu vermeiden muss die Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt und der Mehrbetrag an den Leistungsempfänger zurückgezahlt werden. Gerne unterstützen wir Sie in Ihren Gesprächen mit der Finanzverwaltung und den Krankenkassen. Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Herrn Dr. Malte Strüber und Herrn Benjamin Knorr.