BFH, Urteil vom 1. März 2018 – V R 18/17
Der BFH hat zur Frage der notwendigen Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG für den umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug entschieden. Er stellt klar, dass die Leistungsbeschreibung den Rückschluss auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht ermöglichen muss. Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt kann sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben. Notfalls ist eine Berichtigung der Rechnung und ihrer Angaben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht möglich.
Die Klägerin nahm in den Streitjahren 2005 und 2006 den Vorsteuerabzug aus insgesamt 34 Rechnungen der A-GmbH in Anspruch. Überwiegend handelte es sich um Rechnungen über die Lieferung von PKW unter Angabe von Hersteller, Fahrzeugtyp, Fahrgestellnummer und Farbe des PKW. Insgesamt acht Rechnungen erfolgten über „Werbungskosten laut Absprache“ oder „Akquisitionsaufwand“, „Überführungs- und Reinigungskosten“ und „Überführungskosten“. In der Außenprüfung wurde der Vorsteuerabzug aus allen Rechnungen beanstandet, da die Rechnungen keine Steuernummer des Leistenden enthielten. Daraufhin ergänzte die A-GmbH alle Rechnungen während der Außenprüfung. Die Außenprüfung ging davon aus, dass der Vorsteuerabzug aufgrund der Berichtigung erst für das Jahr der Berichtigung in 2011 entstehe. Das Finanzgericht München gab der Klage vollumfänglich statt und bestätigte den Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 und 2006, da nach der Rechtsprechung des EuGH die Rechnungsberichtigung zurückwirkte. Auf die Revision des Finanzamts gab der BFH dem Finanzamt teilweise Recht, weil in den acht Rechnungen die Leistungsbeschreibung nicht ausreichend war.
Der BFH stellte fest, dass den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG nur ausüben könne, wer im Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung sei. Dabei bestätigte der BFH zunächst die Rechtsprechung des EuGH, wonach eine Ergänzung der Rechnungen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung zurückwirkt. Demensprechend war es richtig, dass mit Ergänzung der Steuernummer der Vorsteuerabzug in den Jahren 2005 und 2006 erfolgte.
Die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung habe insbesondere Angaben zu der dem Leistenden erteilten Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer, zur Menge und Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände und zum Umfang und zur Art der sonstigen Leistung sowie zum Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung zu enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung müsse die Rechnung Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung müsse dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen. Was im Einzelnen erforderlich sei, richte sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der BFH verwies auf den EuGH, der betont, dass es darauf ankomme, dass die Rechnungsangaben es den Steuerverwaltungen ermögliche, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und ggf. das Bestehen des Vorsteuerabzugs zu kontrollieren. Im konkreten Streitfall genügten die in den acht Rechnungen enthaltenen Leistungsbeschreibungen „Werbungskosten laut Absprache“, „Akquisitionsaufwand“, „Überführungs- und Reinigungskosten“ und „Überführungskosten“ diesen Anforderungen nicht. Der BFH stellte fest, dass in diesen Fällen die Leistungsbeschreibung keinen Rückschluss auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht ermögliche. Damit fehlte es an einer den Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung bzw. an einer ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung. Dieser Mangel wurde weder durch die Rechnungsberichtigung noch in sonstiger Weise behoben. Dabei betonte der BFH, dass nach nationalem Recht (§ 31 Abs. 5 UStDV) eine Berichtigung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht zulässig sei.
Der BFH stellte zudem fest, dass weitere Rechnungsmängel entgegen dem Urteil des Finanzgerichts nicht bestünden. Insbesondere liege aufgrund der Angabe des Ausstellungsdatums (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG) nach den Verhältnissen des Streitfalls die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG erforderliche Angabe des Lieferzeitpunkts vor. Die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt könne sich dabei unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben. Dies gilt jedenfalls, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Dies hatte der EuGH bereits in einer grundliegenden Entscheidung (EuGH Urteil, C-516/14, „Barlis 06“) festgestellt. Dieser Rechtsprechung schließt sich der BFH vollumfänglich an.
In der Praxis führen Rechnungen, die tatsächlich oder vermeintlich nicht ordnungsgemäß sind, im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug häufig zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung. Es ist deshalb erfreulich, dass der BFH die Gelegenheit genutzt hat, hier für weitere Klarheit zu sorgen.
Zum einen bestätigte der BFH die europarechtliche Rechtsprechung, wonach Rechnungskorrekturen rückwirkend möglich sind. Zum anderen stellte der BFH allerdings klar, dass im Rahmen der Leistungsbeschreibung Angaben erforderlich sind, die Rückschlüsse auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht ermöglichen. Schließlich stellte der BFH klar, dass sich der Zeitpunkt der Leistungserbringung aus der Angabe des Rechnungsausstellungsdatums ergeben kann.
Für die Praxis bringt die BFH Rechtsprechung eine erfreuliche Klarstellung. Die praktische Bedeutung für die Unternehmer ist nicht zu unterschätzen, da die Einhaltung der formalen Kriterien der §§ 14, 14a UStG von der Finanzverwaltung regelmäßig als in bestimmten Punkten nicht ausreichend bemängelt wird. Die Klarstellung durch den BFH und auch die Erleichterung bei der Angabe des Leistungsdatums helfen in
der Praxis nun häufig weiter.
Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Dr. Michael Hils.