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    26.08.2015

    Nachträgliche Urlaubskürzung wegen Elternzeit unwirksam


    Bundesarbeitsgericht vom 19. Mai 2015 – 9 AZR 725/13   Sachverhalt: Die Arbeitgeberin betreibt ein Seniorenheim. Die Arbeitnehmerin war dort seit April 2007 als Ergotherapeutin für eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt EUR 2.000 beschäftigt. Bei einer 5-Tage-Woche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Die Mitarbeiterin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15. Mai 2012 in Elternzeit. Sie hatte außergerichtlich von der Beklagten ohne Erfolg die Abrechnung und „Abgeltung“, also Auszahlung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012 verlangt. Im September 2012 erklärte die Arbeitgeberin die Kürzung des Erholungsurlaubs der Arbeitnehmerin wegen der Elternzeit. Darauf machte die Arbeitnehmerin gerichtlich ihren Anspruch auf Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche geltend.   Die Entscheidung: Das BAG gab der Klage auf Urlaubsabgeltung statt. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Arbeitgeberin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Mai 2012 mit ihrer Kürzungserklärung im September 2012 den Anspruch auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) verringern konnte. Diese Regelung, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, setze voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehle es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.   Konsequenzen für die Praxis: Die bisherige Rechtsprechung zur Kürzungsbefugnis des Arbeitsgebers auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt nicht mehr. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht mehr „Surrogat“, also Ersatz des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch. Dieser entsteht erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wird dann aber sofort fällig und kann nicht mehr durch Erklärung des Arbeitgebers gekürzt werden.   Praxistipp: Unternehmen sollten von der ihnen gesetzlich eingeräumten Kürzungsbefugnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt Gebrauch machen. Es empfiehlt sich, die Kürzungserklärung schon in das Bestätigungsschreiben aufzunehmen, mit dem auf das Elternzeitverlangen einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers reagiert wird. Zudem sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie den Zugang des entsprechenden Schreibens mit der Kürzungserklärung beweisen können.   Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte: Nadine Radbruch